Schlauer reisenFerienplanung – welches Land hat die besten Wetteraussichten?
dpa/bb
7.12.2018
Der eine will Sonne, der andere wandert lieber: Das Wetter spielt bei der Ferienplanung eine wichtige Rolle. Gibt es ein Land auf der Welt mit perfektem Klima für alle? Und wie sind die Aussichten für die Schweiz? Ein Fachmann weiss Rat.
Üppige Vegetation und karge Landschaften, unglaublich viel Regen und wüstenähnliche Verhältnisse, frostige und tropische Temperaturen: Manche Länder bieten klimatische Extreme auf vergleichsweise kleiner Fläche. Doch welches ist am vielfältigsten?
Jürgen Böhner, Professor für Physische Geographie an der Universität Hamburg, hat eine Antwort, die nur auf den ersten Blick überrascht: Nepal. «Es hat diese extremen Höhenunterschiede, die kein anderes Land erreicht, von 8848 Meter auf dem Mount Everest bis unter 200 Meter in der Indus-Ganges-Ebene.»
Permafrost und tropische Verhältnisse
Im hohen Himalaya auf mehr als 7000 Metern herrscht Permafrost. Im wärmsten Monat des Jahres überschreiten die Temperaturen dort kaum die Grenze von 0 Grad. Im Tiefland gibt es dagegen zum Teil tropische Verhältnisse.
Auch auf kurzen Distanzen zeigen sich im Land extreme Unterschiede: Im Kali-Gandaki-Tal, dem am tiefsten eingeschnittenen Tal der Welt, gehe es auf einer Distanz von nur 50 Kilometern von halbwüstenähnlichen zu sehr feuchten Verhältnissen über, sagt Böhner. «Dies ist für mich die spektakulärste Vielfalt, die man sich innerhalb eines Landes vorstellen kann.»
Doch auch andere Länder bieten eine grosse klimatische Vielfalt. Bolivien etwa, wo tropische Regenwälder in den Tiefebenen nur wenige hundert Kilometer von den extrem trockenen Hochebenen in den Anden entfernt liegen. Und im Süden Chiles ist es an der Westabdachung der Anden sehr feucht, im Norden fällt in der Atacama-Wüste teilweise jahrzehntelang kein Tropfen Regen.
In Neuseeland fallen an der Westseite der Südalpen mancherorts pro Jahr bis zu 6000 Liter Regen pro Quadratmeter im langjährigen Schnitt –und auf der anderen Seite des Hochgebirges, im Osten, kommen teilweise nur knapp 330 Liter herunter.
Norwegen kann auch sehr trocken sein
Auch Norwegen kann sehr trocken sein: An der Ostseite des Jotunheimen-Gebirges herrschten bei durchschnittlichen Jahresniederschlägen von zum Teil unter 300 Litern pro Quadratmeter nahezu subsaharische Verhältnisse, sagt Böhner. «Von dem Land kennt man ja eher das Klischee der sehr feuchten Westküste mit seinen Fjorden.»
Die grossen Flächenstaaten wie Russland, Kanada und USA haben allein aufgrund ihrer Nord-Süd-Ausdehnung eine grosse Vielfalt an klimatischen Verhältnissen.
Bleibt die Frage: Wie lässt sich klimatische Vielfalt definieren?
«Erstens drückt es sich durch die Vielfalt von Vegetationszonen aus», sagt Böhner. Dann kommt es noch darauf an, wie deren Grenzen zustande kommen. Der Experte unterscheidet zwischen hygrischen – das heisst von der Niederschlagsmenge abhängigen Vegetationszonen wie dem Übergang von tropischem Regenwald in Wüstenklimate – und sogenannten Wärmemangelgrenzen, bei denen die Temperaturverhältnisse entscheidend für die Vegetationsdifferenzierung sind. Dies ist zum Beispiel in Hochgebirgen wie den Alpen zu sehen, wo sich die Vegetation von den Tälern bis zu den Bergspitzen stark verändert.
Und das Wetter in der Schweiz?
Auch das Alpenland Schweiz bietet grosse klimatische Unterschiede. Laut Professor Böhner, herrschen in den sonnenreichen Südtälern der Kantone Wallis, Tessin und Graubünden eher mediterrane Klimabedingungen mit milden, oft frostfreien Wintern und heissen Sommern, während in den stärker von atlantischen Luftmassen beeinflussten nördlichen und nordwestlichen Kantonen der Schweiz das sommerliche Temperaturmaximum eher gedämpft ausfällt und auch die Sonnenstunden sind hier bei erhöhter Bewölkungsfrequenz deutlich reduziert.
Starke Niederschlagskontraste auf kleiner Fläche sind insbesondere für den Hochgebirgsraum charakteristisch. So herrschen in den von atlantischen und mediterranen Niederschlagsfeldern abgeschirmten inneralpinen Tälern wie dem Vispertal im Tessin relativ trockene Bedingungen mit Jahresniederschlägen von zum Teil unter 600 Litern pro Quadratmeter während an der Nord- und Nordwestabdachung der Alpen etwa im Berner Oberland im Mittel über 3000 Liter Niederschlag pro Jahr fallen.
«Last but not least sind die Höhenunterschiede der Schweiz von fast 4500 Metern ein wichtiger Klimafaktor», sagt Böhner. So dürften die Jahresmitteltemperaturen im Gipfelniveau der Dufourspitze auf 4634 Metern um mehr als 25 Grad unter den Durchschnittswerten von 12 Grad am Lago Maggiore, dem tiefsten Punkt der Schweiz auf 193 Metern liegen.
Fazit: «Man muss also gar nicht so weit reisen, um klimatische Vielfalt zu erleben», sagt Böhner.
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