Traumreise Outer Banks – von sympathischen Menschen und wilden Pferden

Verena Wolff, dpa

16.5.2020

Auch wilde Mustangs galoppieren an den Stränden der Outer Banks in North Carolina durch den Sand. Eine Reise dorthin muss nach der Coronavirus-Pandemie kein Traum bleiben.

Sorgfältig navigiert Tom Baker den offenen Bus durch die Dünen nördlich von Corolla. Immer wieder muss er ordentlich Gas geben, um im weichen Sand über die Hügel auf den nördlichen Outer Banks in North Carolina zu kommen. Tom ist auf einer Mission. Er sucht die Wildpferde, die hier hinter den Dünen und am Strand leben.

Die Outer Banks sind eine Reihe von Barriere-Inseln vor der Küste von North Carolina im Atlantik. Sie reichen von Corolla an der Grenze zu Virginia bis nach Cape Lookout im Süden.

Tom Baker ist der Typ Haudegen. Solange er in dem windigen Wetter nach den Pferden sucht, erzählt er über sie. Spanische Mustangs seien das, reinrassig. Eigentlich noch so, wie sie vor 500 Jahren von einer gestrandeten spanischen Galeere schwammen und sich hier in den Dünen ansiedelten.

Das Schiff ereilte das Schicksal vieler Boote, die hier anlanden wollten: «Man nennt die Outer Banks den Friedhof des Atlantiks, weil es zahlreiche unterirdische Sandbänke gibt, auf die immer wieder Schiffe aufgelaufen sind», erzählt Baker.

Die bunten Strandhäuser in Nags Head auf den Outer Banks.
Die bunten Strandhäuser in Nags Head auf den Outer Banks.
Bild: visitNC.com/dpa

«Das Gebiet hier oben gehört den Mustangs», sagt Baker. Strassen gibt es nicht, ausser vereinzelten Häusern wurde nichts gebaut. Das Problem bei dieser Tour am frühen Morgen: Der Wind kommt von Nordost – und wenn er aus dieser Richtung kommt, ist er steif und kalt. «Die Pferde verstecken sich – unter den stacheligen Büschen und Bäumchen, windgeschützt in den Gärten der Häuser.»

Ein charmanter Maulesel

Plötzlich herrscht Aufregung im Hummer: Ein Passagier hat etwas gesehen. «Das ist Raymond», sagt Baker erleichtert.

Kein Mustang, ein Maulesel. «Aber er denkt, er ist ein Pferd – und schart die Ladies um sich.» Tatsächlich haben sich mit Raymond noch drei Mustang-Damen hinter einem Haus versteckt, die er schliesslich zum Strand treibt. «Man sieht die Pferde oft am Strand und sogar im Wasser», erzählt Tom. «Dort kühlen sie sich an heissen Tagen im Meer ab.»

Den Wind mögen die Tiere nicht so gerne, wobei dieser auf den Inseln eine Konstante ist – und der Hauptgrund, aus dem die Brüder Wilbur und Orville Wright 1902 nach Kill Devil Hills aufbrachen.

Die beiden besassen einen Fahrradladen in Ohio, und sie waren fasziniert von dem, was Otto Lilienthal in Deutschland ausprobierte: fliegen. Sie rechneten und probierten, bauten Teile und rechneten weiter. Schliesslich machten sie sich auf die Suche nach einem Ort, an dem es windig ist, mit viel weichem Sand.

Flugversuche am Strand

Die Brüder entschieden sich für Kill Devil Hills. Sie begaben sich auf die lange Reise aus dem Mittleren Westen in die Südstaaten. Orville und Wilbur waren besessen von dem Gedanken, dass der Mensch fliegen kann, und richteten sich am Strand ein.

Einst buchstäblich gestrandet: Die wilden Mustangs der Outer Banks. 
Einst buchstäblich gestrandet: Die wilden Mustangs der Outer Banks. 
Bild: Verena Wolff, dpa

Am 17. Dezember 1903 gelangen ihnen schliesslich vier Flüge. Der längste davon überwand eine Strecke von 852 Fuss, knapp 300 Meter, in 59 Sekunden. Damit war der Versuch geglückt, sogar ein Foto hatte ein Helfer geschossen. Doch die Zeitungen, an die sie ihre Sensation telegrafierten, sprangen nicht auf die Geschichte an.

So vergingen noch einige Jahre, bis die Fliegerei weiterentwickelt wurde und zum modernen Verkehrsmittel avancierte – ganz so, wie es die Brüder immer geahnt hatten.

«First in Flight» steht noch heute auf den Nummernschildern der Autos, die in North Carolina zugelassen sind. In dem Bundesstaat in der Ostküste der USA wurde nicht nur zum ersten Mal geflogen. Es gibt auch noch ein paar andere «Firsts».

Bier nach deutschem Reinheitsgebot

Uli Bennewitz hat seine Premiere selbst in die Wege geleitet. Der Landwirt aus Bad Feilnbach ging in den 1970er-Jahren in die USA. Damals kaufte und verwaltete Land in North Carolina.

Irgendwann standen ein paar Hektar in Manteo zum Verkauf. «Prima, da mache ich eine Brauerei auf», dachte der Bayer sich. Das Problem: In North Carolina, einem Staat mitten im sogenannten Bible Belt, war es damals verboten, Alkohol direkt an Konsumenten zu verkaufen.

Die Politiker allerdings fanden die Idee gut, vor Ort ein Bier nach deutschem Reinheitsgebot zu bekommen und änderten kurzerhand das Gesetz. «Heute gehört der Staat zu denen, die die meisten Mikro-Brauereien haben», sagt Bennewitz.



Inzwischen sind die Brauerei und die Gaststätte, die er Weeping Radish (weinender Rettich) genannt hat, nach Grandy umgezogen. In Manteo hatte er immer wieder expandiert, schliesslich war zu wenig Platz da. «Ich muss immer wieder die Geschichte erzählen, wie wir im Biergarten den Radi mit Salz essen und am liebsten das salzige Wasser auftunken, das rausläuft», sagt Bennewitz mit einem Grinsen.

Regionale Küche liefern die Fischer, die entlang der Küste der Outer Banks und weiter im Süden ihren Fang an Land bringen. In vielen kleinen Orten kann man die Shrimps, Krabben und Fische direkt vom Fischer kaufen. Oder sich die Meeresfrüchte gleich in einem kleinen, einfachen Restaurant zubereiten lassen.

Eine Gegend wie aus einem Roman

Mustangs, ein Stelzenhaus in Rodanthe, die unberührte Natur auf den südlichen Outer Banks, Fischer und andere besondere Menschen in North Carolina – ganz fremd kommt dem Besucher das alles nicht vor. Zumindest jenen nicht, die sich für die Schmonzetten von Nicholas Sparks begeistern können. Der Autor lebt seit Jahrzehnten in dem Staat – viele seiner Romanverfilmungen spielen dort.

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