Ski und See Vom Schiff auf die Piste: Skifahren am Vierwaldstättersee

Verena Wolff, dpa

3.2.2019

Wintersportler fahren normalerweise mit dem Auto oder dem Skibus zur Talstation und lassen sich dann mit der Gondel ins Skigebiet befördern. Anders ist das in der Zentralschweiz: Von Luzern aus bringt das Schiff die Skifahrer Richtung Piste.

Um 9.12 Uhr in der Früh ist die Abfahrt – und danach kann man die Uhr stellen. Wie bei allen Schweizer Verkehrsmitteln sind auch die Boote der Schifffahrtsgesellschaft Vierwaldstättersee pünktlich. Wer um 9.13 Uhr am Anleger am Bahnhofquai steht, wird das Schiffshorn in der Ferne hören und kann dem Dampfer noch nachwinken. Zeitig sollte man sich also aufmachen vom Hotel in Luzern, um das zu vermeiden. Das nächste Schiff nämlich fährt erst eine Stunde später. Und es gibt doch einiges zu schleppen für den passionierten Wintersportler: Skischuhe, Ski und Stöcke, Helm, Handschuhe – und was man sonst noch so braucht für den Skitag.

Doch nachdem die ersten Schweisstropfen des Morgens geflossen sind, kehrt erstmal Ruhe ein. Denn bis zur Haltestelle Beckenried am Nidwaldner Ufer dauert es eine gute Stunde. Zeit für einen guten Kaffee, eine heisse Schokolade oder gleich ein ganzes Frühstück.

Das dortige Skigebiet Klewenalp-Stockhütte ist nichts für Skifahrer, die nach dem Motto schneller, höher, weiter reisen wollen. Eher ist es ein Gebiet für Familien, für Wintersportler, die es ruhig angehen lassen. Rund 40 Pistenkilometer gibt es hier, der Kinderhang ist vom Berggasthof bestens zu überblicken. Wenn das Wetter klar ist. Das ist es allerdings nicht immer, denn die Wolken hängen auf 1620 Metern gerne über den Bergen und versperren auch den Blick auf den Vierwaldstättersee.

Schlittelspass für die ganze Familie

Besonders beliebt ist bei guter Schneelage das Schlitteln: Neun Kilometer ist die Strecke bis nach Emmetten lang und war damit viele Jahre die längste in der Zentralschweiz. Für die kürzere Tour um den Klewenstock ist die Bergstation der Ausgangspunkt, nach einem kurzen Spaziergang beginnt die Schlittelpiste beim Röthenport und führt ins Ängi-Tal bis zur Talstation der Sesselbahn Ängi. Die bringt die Rodler hinauf auf den Berg, von wo aus es wieder rasant Richtung Klewenalp geht. Wahlweise kann man ab Twäregg zur Stockhütte sausen und von da aus, bei guter Schneelage, nach Emmetten. Morgens, mittags und abends – die Bahn ist beleuchtet.

Der Schlitten ist auch für die zahlreichen Asiaten, die in ihren Lammfell-Boots durch Luzern schlurfen, eine willkommene Abwechslung. Viele von ihnen sehen zum ersten Mal in ihrem Leben Schnee, Skifahren oder Snowboarden können sie nicht – und werden innerhalb kürzester Zeit zu spielenden Kindern, die sich mit viel Enthusiasmus und wenig Können auf die Schlitten schmeissen, eine Schneeballschlacht vom Zaun brechen oder Schneeengel machen. Und das nicht nur auch der Klewenalp, sondern auch auf der Rigi.

Grandioser Blick von der «Königin der Berge»

Wenn das Wetter schön ist und die Sicht klar, dann ist die Aussicht von der Königin der Berge, wie die Schweizer die Rigi ganz bescheiden nennen, im wahrsten Wortsinn grandios. «125 Alpengipfel kann man von hier aus sehen», sagt Kurt Heusser. Er ist ein ORIGInal – so nennen sich Ehrenamtliche, die die Landschaft lieben und sie den Besuchern näherbringen wollen.

Auch hier hat das Schiff aus Luzern einen Haltepunkt: Vitznau, am Nordufer des Sees. Nur ein paar Schritte sind es von dort aus zur Rigibahn, Europas erster Bergbahn, wie Heusser sagt. Bis heute arbeitet sich die Zahnradbahn, die seit 1871 in Betrieb ist, Meter für Meter den Berg hinauf. Eine gute halbe Stunde dauert die Tour nach Rigi Kaltbad, weiter geht es dann auf den Kulm, den Gipfel.

Dort oben: eisiger Wind, Schneetreiben – und mehrere Dutzend Asiaten, die sich im Schnee wälzen. Von Pisten ist hier nichts zu sehen, aber es gibt sie, versichert Heusser. Eigentlich wollte die Bahnverwaltung zunächst gar keine Skifahrer auf dem Berg - doch 1906 schliesslich brachte eine Unterschriftenaktion den Winterbetrieb. «Und Skilehrer aus Norwegen, die im Auftrag des Ski Club Luzern die ersten Schweizer unterwiesen.»

Die höchste Hängebrücke Europas wartet 

Auch die Rigi ist also ein echter Allround-Berg für alle, die im Winter einfach draussen sein wollen: Skifahren und Snowboarden, Schlitteln und Schneeschuhwandern, Dutzende Kilometer präparierter Winterwanderwege.

Wer nach so viel sanften Pisten, Wandern und Schlitteln genug hat von der Gemütlichkeit, muss einen Skitag lang auf das Schiff verzichten, setzt sich in Luzern in Bahn oder Auto – und fährt Richtung Engelberg. Hier, am 3230 Meter hohen Titlis, ist nicht nur das grösste Skigebiet der Zentralschweiz. Auf dem Gletscher kann man weit über die klassische Skisaison hinaus die Bretter anschnallen, in der Hauptsaison werden mehr als 80 Pistenkilometer präpariert. Freeride-Routen gibt es am Brunni und am Titlis. Und sogar für Fussgänger gibt es Action im Winter: Der «Titlis Cliff Walk» ist die höchstgelegene Hängebrücke in Europa. Da bricht der Schweiss aus anderen Gründen aus als auf dem Weg zum Bahnhofsquai.

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