Kolumne Die Dessous-Lüge am Valentinstag

Julia Wagner

8.2.2019

Es muss bald Valentinstag sein. Woran ich das bemerke? Seit Tagen schon wird mir Werbung mit sexy Dessous in die Timeline gespült.
Es muss bald Valentinstag sein. Woran ich das bemerke? Seit Tagen schon wird mir Werbung mit sexy Dessous in die Timeline gespült.
Bild: Pexels.com

Wenn das Thema Dessous am Valentinstag nicht so ernst wäre, wäre es zum Kaputtlachen. Siehe diese Kolumne. Ach ja: Dass Frauen zu diesem Anlass jemals Unterwäsche geschenkt bekommen hätten – wer hat das in die Welt gesetzt?

Es muss bald Valentinstag sein. Woran ich das bemerke? Seit Tagen schon wird mir Werbung mit sexy Dessous in die Timeline gespült. Sie sollen mich wohl daran erinnern, dass ich für den 14. Februar ein ähnliches Outfit brauche oder, noch besser, geschenkt bekommen sollte.

Null Prozent Beschenkte

Ich nehme diese unerwünschte Werbung als Anlass, um folgende Frage zu stellen: Wer kauft diese Dessous eigentlich? Männer dürften es nicht sein. Eine nicht-repräsentative Umfrage in meinem Freundeskreis hat ergeben, dass null Prozent der Frauen jemals Unterwäsche am Valentinstag geschenkt bekommen haben. Frauen dürften aber auch nicht die Käuferinnen sein. Ebenjene Umfrage hat ebenso ergeben, dass null Prozent der Frauen selbst sich rosafarbene oder rote Wäsche zu diesem Anlass gekauft haben.

Ich untermauere jetzt diese Umfrage noch mit eigenen Erfahrungswerten: In den letzten Jahren gab es an Aufmerksamkeiten zum Valentinstag: Einmal Blumen aus dem Supermarkt und einmal eine SMS mit dem Betreff «Bussi mit Blume». Dessous? Auch hier: Fehlanzeige!

Blinde Männer

Nicht falsch verstehen. Ich finde das überhaupt nicht schlimm. Der Konsumwahn am Valentinstag ist genauso überflüssig wie der an Ostern, Halloween oder Weihnachten. Und Unterwäsche kaufen sich moderne Frauen sowieso selbst. Ausserdem, wozu viel Geld ausgeben, wenn der Grossteil der Männer im Halbdunkeln sowieso keinen Unterschied zwischen Agent Provocateur und dem Zehnerpack Schlüpfer aus dem Discounter erkennt. Bei Letzterem gibt es auch ab und an mal was mit Schleifchen oder Spitze – und das sogar bei 90 Grad waschbar.

Aber zurück zu den Dessous, die vermeintlich niemand kauft. Ich finde, es gibt auch keinen Grund dafür. Ich wette, dass jeder Mann, der ganz, ganz hinten in der Unterwäsche-Lade seiner Liebsten kramt, und jede Frau, die das in ihrer eigenen tut, garantiert ein Teil findet, das aus viel Spitze besteht und aus Bequemlichkeit schon sehr lange kein Tageslicht mehr gesehen hat. Das nennt man echte Nachhaltigkeit. Recyceln statt neu kaufen. Wer sich traut, verpackt die Wäsche am 14. Februar einfach neu und wartet, was passiert. Ich schwöre Ihnen, schlechter als eine SMS mit den Worten «Bussi mit Blume» kann diese Geste nicht ankommen.

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