ModeweltDigitaltechnik soll massgefertigte Kleider zurückbringen
Carsten Hoefer, dpa
13.2.2019
Die Massanfertigung ist in der Bekleidungsbranche ebenso ausgestorben wie die europäische Textilproduktion. Nun könnte beides eine Renaissance erleben – dank Digitalisierung.
In der Bekleidungsbranche ist die Massenware nicht mehr unangefochten: Dank Digitalisierung und veränderten Kundenbedürfnissen könnten sowohl die individuelle Anfertigung auf Kundenwunsch als auch die Textilproduktion in Europa in den kommenden Jahren eine zumindest teilweise Renaissance erleben, sagen Fachleute. Das hätte nicht nur für die Kunden Vorteile, sondern auch für die Bilanzen der Hersteller – und die Umwelt.
«Es könnte wesentlich weniger Ausschussware produziert werden», sagt Christian Kaiser, Professor für Textiltechnologie an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen. «Die Umweltbelastung würde stark reduziert.»
Digitale Fertigungsmethoden erlauben eine rasante Beschleunigung der Produktionszyklen. Technisch wäre es heute schon machbar, den Kunden im Geschäft per Bodyscanner die Masse abzunehmen und die Daten an die Fabrik zu übermitteln. Jacke, Kleid oder Hose könnten dann innerhalb kürzester Zeit in den Wunschfarben produziert werden.
Auf der vor wenigen Tagen zu Ende gegangenen Münchner Sportmesse Ispo präsentierten die Hochschule, DITF und Kooperationspartner aus der Industrie eine digitale Musteranlage namens «Micro Factory».
Die Textilbranche hat traditionell lange Vorlaufzeiten: eine Kollektion im Winter, eine im Sommer. «Das reicht heute nicht mehr», sagt Kaiser. «Viele Kunden wollen alle paar Wochen etwas Neues.» Und die notwendige schnelle Reaktion auf Kundenwünsche könnte nach Kaisers Einschätzung dazu führen, dass in einigen Jahren wieder mehr Bekleidung in Europa hergestellt wird. Denn steht die Fabrik in Bangladesch, dauert die Auslieferung länger.
Hinzu kommt, dass die Konfektionsware von der Stange an Attraktivität verliert. In der Sportbranche sind individualisierte Produkte auf Kundenwunsch einer der grossen Trends. Bisher war das hauptsächlich auf Schuhe beschränkt, doch Bekleidung wird folgen.
Denn digitale Fertigungsmethoden ermöglichen die Herstellung auch kleiner oder kleinster Serien, bis hin zum Einzelstück. Ein grosser Vorteil für die Textilindustrie wären reduzierte Lagerkosten, da weniger Ware auf Halde liegt oder am Ende mangels Käufern sogar vernichtet wird.
«Das ist ein grosses Zukunftsthema», sagt Hortense Carlier, Produktmanagerin bei North Face, einem US-Hersteller von Outdoorbekleidung. Im Marketingjargon heisst der Trend «Customising», den altmodischen Begriff Massanfertigung verwendet heute kaum noch jemand. Beides ist auch nicht ganz identisch, «Customising» bedeutet bislang häufig die Wahl eines individuellen Designs durch die Kundschaft.
North Face bietet bisher ausschliesslich Konfektionsware an. Eine nach Firmenangaben aus der Medizintechnik übernommene Fertigungsmethode soll es nun erlauben, Luftdurchlässigkeit und wasserabweisende Eigenschaften bei Jacken künftig zu «tunen», also individuell anzupassen. Die ersten Produkte mit dem neuen Material sollen im Herbst auf den Markt kommen, die Fertigung auf Kundenwunsch hält Carlier im nächsten Jahrzehnt für möglich – ungefähr von 2021 an.
Individualisierte Schuhe
Fortschritt ist in diesem Fall nicht gleichbedeutend mit Neuheit. Noch in den 1950er Jahren boten führende Sportgeschäfte im Alpenraum Massanfertigung von Bergschuhen oder Mänteln, bis die Kosten zu hoch wurden. Und heute? «Die Schuhindustrie ist ein bisschen voraus», sagt North Face-Managerin Carlier. In der Tat: Adidas bot seit 2015 individualisierte Schuhe an, hat das allerdings kürzlich ohne nähere Erklärung wieder eingestellt.
Doch am Trend ändert das nichts. Die Entwicklung wird im Wesentlichen von drei Faktoren getrieben: Neben dem geändertem Kundenverhalten und der Digitalisierung spielt der knallharte Wettbewerb in der Bekleidungsbranche eine große Rolle.
Die Sportindustrie ist Vorreiter, weil Sportbekleidung in der Regel teuer ist, die Kunden ebenso anspruchsvoll wie willig, Geld auszugeben. «Der Sportmarkt ist heiss umkämpft», sagt Mathias Böhnke, Vorstand bei der Sporthandelskette Intersport.
Online versus Einzelhandel
Die jahrelang starke Expansion im Outdoor-Markt hat sich nach Angaben der European Outdoor Group, dem Fachverband der europäischen Industrie, 2018 auf ein Wachstum im «unteren einstelligen Bereich» verlangsamt. «Eine Reihe von Marken berichtet von sinkenden Zahlen», sagt EOG-Präsident Mark Held. Das verschärft den Innovationsdruck.
Auch für den von immer stärker werdender Online-Konkurrenz bedrängten Einzelhandel bedeutet die Individualisierung einen Hoffnungsschimmer. «Das Thema Customising ist ein absoluter Megatrend», sagt Andreas Rudolf, Geschäftsführer der Sporthandelskette Sport 2000.
Bei Skischuhen etwa ist zwar nicht die individuelle Fertigung Standard, wohl aber die individuelle Anpassung im Laden. Die bringt höhere Renditen für die Händler. «Was den Ertrag betrifft, ist der Skischuh bei uns Cash Cow», sagt Rudolf. Sowohl Händler als auch Hersteller hoffen, dass sich dieses Geschäftsmodell von den Füssen auf den restlichen Körper ausdehnen lässt.
Nordischer Streetstyle in Dänemarks Hauptstadt – das heisst: alltagstauglich, lässig, wärmend und dennoch sehr stylisch.
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Skandinavische Fashion-Bloggerinnen wie Funda Christophersen und Trine Kjaer inspirieren mit ihrem lässigen Stil Frauen auf der ganzen Welt.
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Warme Farben und Materialien prägen das Strassenbild während der Copenhagen Fashion Week.
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Die norwegische Modebloggerin Nina Sandbech zeigt: Spannende Muster- und Materialmixe gehören ebenfalls zu den skandinavischen Spezialitäten.
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Auf dem Laufsteg gibt es gewohnt puristische und alltagstaugliche Kreationen zu sehen. Hier von Mark Kenly Domino Tan und Holzweiler (Mitte).
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Das kann man von den Kreationen, die an den Haute-Couture-Schauen in Paris gezeigt wurden, nicht behaupten: Bei Elie Saab gab es prunkvolle Abendroben zu sehen.
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Alexander Vauthier setzte auf mondäne Schnitte mit markigen Details, viel Weiblichkeit und glamouröse Materialien.
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Bei Balmain dominierten avantgardistische Schnitte: Head Designer Olivier Rousteing posiert mit Models.
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Beim Traditionshaus Givenchy setzte man auf opulent-verträumte Kreationen in Schwarz und Weiss.
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Auch der Kopfschmuck darf bei Givenchy funkeln.
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Armani setzt für sein Label Privé auf starke Farben und feminine Schnitte.
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Eines der Highlight auch in diesem Jahr: Die Kulisse der Chanel-Show im Grand Palais bestand aus der «Villa Chanel» mit Pool und mediterranem Prachtgarten.
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Auch die Mode typisch Chanel: mit geradlinigen Schnitten, hochwertigen Materialien (ohne Bouclé geht nichts) und viel Schwarz und Weiss.
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Üppig fielen auch die Outfits der Gäste in Paris aus.
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Und teilweise auch eindeutig weniger alltagstauglich und den Temperaturen angepasst: Chiara Ferragni unterwegs zur Balmain-Show.
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