Rainer Langhans, die Ikone der deutschen 68er-Bewegung, hat Krebs – aggressiv und wohl unheilbar. Das macht er per Zeitungsinterview öffentlich. Doch Langhans wäre nicht Langhans, hätte er nicht seine ganz eigene Art, mit solch einer Schreckensnachricht umzugehen.
Für die meisten ist es eine Schocknachricht, für Rainer Langhans ein «Geschenk»: Der 80 Jahre alte Ex-Kommunarde weiss seit einigen Wochen, dass er schwer und wohl unheilbar an Krebs erkrankt ist – Prostatakrebs.
Doch Langhans wäre nicht Langhans, wenn er mit dem Schicksal haderte. «Ich bin bester Stimmung», sagt er der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag in München, nachdem er gerade von seinem Arzt nach Hause gekommen ist. «Ich fühle mich gesünder werdend und möchte dieses Geschenk freudig und liebend annehmen.» Sein Leben lang habe er sich gegen Krieg ausgesprochen – «da möchte ich angesichts eines so bösartigen Angriffs schauen, ob ich noch immer lieben kann». «Der Krebs bietet Krieg an», sagt er. Doch den bekommt er von dem erklärten Pazifisten Langhans nicht.
«Diese Einstellungsfrage ist ganz wichtig dabei», betont der Alt-68er, der APO-Opa, der einst die sexuelle Revolution proklamierte, das Establishment mit freizügigen Posen schockte und mit dem schönen Fotomodell Uschi Obermaier liiert war – und sich heute auf eher spirituellen Wegen befindet. «Auf einer Reise ins Innere», wie er sagt. Den Krebs, davon ist er überzeugt, habe ihm «mein Meister» geschickt – als «Liebesgabe» – damit er auf diesem Weg noch schneller vorankommt und «das Sterben üben, das Sterben lernen» könne.
Eine der Frauen, mit denen Langhans über Jahrzehnte zusammenlebte, Jutta Winkelmann, starb vor drei Jahren an Krebs. Langhans hat sie auf ihrem Leidensweg eng begleitet. Darum falle es ihm jetzt auch leichter, sein Schicksal anzunehmen, sagt er – «weil ich mit ihr da vor diese ganzen Fragen schon gestellt war: Wie geht man damit um? Wie geht man mit Schmerzen um? Das habe ich da schonmal beispielhaft gesehen. Wenn das so völlig aus heiterem Himmel gekommen wäre, würde es mir wahrscheinlich schwerer fallen». Er erzählt, dass er sich ähnlich wie jetzt nach seiner Diagnose auch einmal in einer Talkshow geäussert hatte, die er gemeinsam mit Winkelmann besuchte und dass seine von der tödlichen Krankheit damals schon schwer gezeichnete Freundin darüber sehr wütend wurde.
Seine eigenen Beschwerden hielt er zuerst für die klassischen Leiden älterer Männer, sagt Langhans am Dienstag. «In meinem Alter scheint das weit verbreitet zu sein: die üblichen Probleme – dass es nicht so ohne Weiteres mehr fliesst». Dass die Ursache ein Tumor war, merkte er erst, als er «wahnsinnige Schmerzen» und Panik bekam. Dann ging er zum Arzt. Dieser habe ganz klar gesagt: «Heilen sowieso nicht» – schon gar nicht bei einem so aggressiven Krebs. An diesem Freitag werde sich bei einer weiteren Untersuchung zeigen, ob der Krebs schon gestreut und Metastasen gebildet hat. «Und dann wird Schritt für Schritt geschaut, was man da machen kann», sagte er, der seine Krankheit zunächst via «Bild»-Zeitung öffentlich machte. «Letztlich ist das alles aber nur noch palliativ.» Aber: «Das kann noch sehr lange dauern und in der Zeit ist die Lebensqualität hoch.»
In seiner Situation sieht er etwas, das andere Menschen derzeit aus der Corona-Pandemie (Langhans: «ein Segen!») lernen könnten. Beides sei «ein Angebot zur grossen Menschenveränderung», sagt der Ex-RTL-Dschungelcamper – und beides sehe er «völlig positiv». Über seine tödliche Krankheit sagt er: «Ich finde das faszinierend. Ich freue mich darüber.»
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