«Er wird mich umbringen» Afghanische Frau wirft Taliban-Beamten Vergewaltigung vor

dpa

2.9.2022 - 05:50

Eine Frau in Burka sieht sich in einem Geschäft traditionelle Kleidung an. 
Eine Frau in Burka sieht sich in einem Geschäft traditionelle Kleidung an. 
Archivbild: Mustafa Najafizada/AP/dpa

Eine Frau wirft ihrem Mann Vergewaltigung vor. Das Oberste Gericht Afghanistans reagiert auf seine Weise.

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Eine afghanische Frau beschuldigt in einem Video einen ranghohen Taliban der Vergewaltigung. Sie sei mit dem Mann zwangsverheiratet worden und er habe sie wiederholt missbraucht, schildert die Frau in der Aufnahme, die in den sozialen Medien kursierte. Sie werde nun in einer Wohnung in Kabul festgehalten, nachdem sie versucht habe, aus dem Land zu fliehen. Die Frau bat eindringlich darum, sie zu retten.

Die Frau stellte sich in dem Video als Medizinstudentin Elaha und Tochter eines Geheimdienstbeamten der früheren Regierung vor. Sie sagte, sie sei vor einem halben Jahr vom Sprecher des Taliban-Innenministeriums, Said Chosti, zur Ehe gezwungen worden. Chosti habe sie oft geschlagen und jede Nacht vergewaltigt, berichtete sie unter Tränen. Sie habe versucht, nach Pakistan zu fliehen, sei aber an der Grenze festgenommen und zurück nach Kabul gebracht worden. Taliban hätten ihrem Mann gesagt, dass sie als Ungläubige gesteinigt werden sollte, weil sie 20 Jahre unter der vom Westen unterstützten Regierung gelebt habe.

Verzweifelter Hilferuf

«Dies sind vielleicht meine letzten Worte. Er wird mich umbringen», sagte Elaha. «Aber es ist besser, einmal zu sterben, als jedes Mal zu sterben.»

Ein Jahr Taliban-Herrschaft in Afghanistan

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Wie es Elaha seit der Veröffentlichung des Videos erging, ist ungewiss. Am späten Mittwochabend hiess es auf dem Twitter-Account des Obersten Gerichtshofs in Kabul, Elaha sei verhaftet worden und werde bald wegen Verleumdung verurteilt werden. Auf einer neuen Twitter-Seite des Obersten Gerichtshofs, die im vergangenen Monat eingerichtet wurde, wurden dagegen am Donnerstag mitgeteilt, das andere Konto sei eine Fälschung. Die widersprüchlichen Angaben konnten nicht geklärt werden. Vertreter des Obersten Gerichtshofs und des Innenministeriums antworteten nicht auf Anfragen, ob Elaha verhaftet wurde oder nicht.

Das Video wurde auf Facebook, Twitter und in anderen Sozialen Medien häufig geteilt. Es folgte eine Welle von Hilferufen anderer Frauen und Vorwürfe von Frauenrechtlerinnen gegen die militant-islamistischen Taliban. Diese haben sei ihrer Machtübernahme vor gut einem Jahr Frauen und Mädchen immer mehr Beschränkungen auferlegt. Ältere Mädchen dürfen nicht mehr zur Schule, Frauen müssen sich in der Öffentlichkeit bis auf die Augen verhüllen, viele dürfen nicht arbeiten.

Ehemann beteuert Unschuld

Der beschuldigte Ehemann bestätigte auf Twitter, dass er die Frau geheiratet habe, beteuerte aber, nichts Ungesetzliches getan zu haben. Er habe sich von Elaha scheiden lassen, weil mit ihrem Glauben etwas nicht stimme und sie den Koran beleidigt habe. Chosti hat vor einigen Monaten seinen Sprecherposten im Innenministerium verlassen. Unklar ist, welches Amt er jetzt innehat.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch teilte am Donnerstag mit, sie wäre angesichts zahlreicher ähnlicher Berichte nicht überrascht, wenn ein Taliban-Beamter Vergewaltigung und Körperverletzung begehen würde. Die Taliban hätten systematisch Strukturen zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen abgebaut, darunter Frauenhäuser, Rechtshilfeprogramme und spezielle Gerichte.