News«Alarm für Cobra 11»: Echter, dunkler, weiblicher
dpa
19.8.2020 - 15:06
Wären die Ermittler von «Alarm für Cobra 11» echte Polizisten, sie wären längt tot oder verrückt. Ständig flog ihnen etwas um die Ohren – oft brennende Autos, mitunter auch abstruse Plots. Nun wurde die Benzin-und-Buddy-Serie generalüberholt. Mit einer Frau am Steuer.
Polizist Semir – seit mehr als 20 Jahren gespielt von Erdogan Atalay (53) – hat in seinem Job bei der Autobahnpolizei schon fast alles erlebt: Blut, Schweiss, umherwirbelnde Autowracks, gigantische Explosionen. Einmal musste sogar ein durchgeknallter Ex-Soldat mit einer Atomrakete gestoppt werden.
Was der Alpha-Rüde der RTL-Asphalt-Serie «Alarm für Cobra 11» aber noch nie erlebt hat, steigt in der ersten Folge der neuen Staffel aus einem Auto und bindet sich einen Pferdeschwanz: Eine Frau. Auf Augenhöhe.
Die neue Kollegin heisst Vicky Reisinger und wird gespielt von der in Aachen geborenen Schauspielerin Pia Stutzenstein (31). Dass sie die neue Partnerin von Atalay wird, einem der dienstältesten Kommissare, die das deutsche Fernsehen hervorgebracht hat, ist ein Kulturbruch im «Cobra»-Universum.
Bislang hatte Atalay immer nur Männer an seiner Seite – etwa Gedeon Burkhard (51) und Tom Beck (42). Stutzenstein ist die erste Frau – und deutlichstes Zeichen für eine Generalüberholung, die an der Serie vorgenommen wurde. Die gutgeölte «Cobra» will nach vielen Kilometern auf der Uhr etwas ganz Neues probieren.
Wer die ersten Folgen der neuen Staffel sieht, die von Donnerstag (20. August, 20.15 Uhr) bei RTL laufen, wird – sofern er auch die alten kennt – den Unterschied schnell feststellen. Das Ganze fängt schon im Hauptquartier der Autobahn-Cops an. Einzelbüros sind passé, man arbeitet nun in einem grossen «Workspace» und verfolgt die Einsätze auf Videowänden. Alles ist so dunkel und mit sanftem Licht ausgeleuchtet, dass man meinen könnte, es werde nur nachts gearbeitet. Die «Cobra» verströmt die Aura eines Limonaden-Start-ups.
Mitten rein kehrt Serien-Urgestein Semir zurück zum Team und wird Partner von Vicky. Die trägt allerdings eine polizeiinterne Vorgeschichte mit sich herum. Ihre alte Einheit in Dortmund steht im Ruf rassistischer Gesinnung. Dass ausgerechnet die als nicht besonders tiefsinnig verschriene «Cobra» im Jahr 2020 ein Thema wie Racial Profiling anpackt, ist ebenfalls bemerkenswert. Man kann den Autoren für ihr Gespür wohl nur gratulieren.
Insgesamt versuchen sie, den Geschichten mehr Relevanz zu geben und verzichten im Zweifel lieber auf den x-ten explodierten Tankwagen. Was nicht heisst, dass nicht doch ab und zu ein Tankwagen explodiert.
Aber zurück zu Pia Stutzenstein, die neue Frau am Steuer. Man trifft sie am Rande von Dreharbeiten an einem heissen Tag auf einem Flugplatz in Rheinland-Pfalz. Die 31-Jährige setzt sich in den Schatten und hat keine Angst vor den grossen Namen. «Ich finde, es war längst überfällig, mal eine Frau zu besetzen», sagt sie. «Es gibt ja keine Action-Frau im deutschen Fernsehen oder Film.» Wenn man an eine Frau denke, die Action mache, lande man vielleicht bei Angelina Jolie.
Dass es beim Casting um eine Hauptrolle ging, war ihr zunächst gar nicht bewusst. Das sei erst später klar geworden, sagt Stutzenstein, die privat gar kein Auto besitzt. «Auf einmal musste ich ein Stunt-Training machen und habe gemerkt, wie körperlich das alles ist. Ich musste zum Beispiel mit einem Auto einen 180-Grad-Drift machen. Ich war total aufgeregt, der Stunt-Trainer aber super gechillt. Er meinte: Ich mache das seit 20 Jahren.»
Tatsächlich ist «Alarm für Cobra 11» ein Klassiker im Fernsehen. Schon seit 1996 jagen die Cops der Autobahnpolizei mit durchgetretenem Gaspedal Ganoven. Die Fahrtrichtung war dabei immer klar: die Stunts aberwitzig, die Detonationen laut, die Geschichten gross bis absolut unrealistisch. Und die Polizisten waren breitbeinige Kumpels, die unter Missachtung aller Befugnisse ihr Ding durchzogen.
Kann es klappen, nach 24 Jahren noch mal eine Ausfahrt zu nehmen? Produzent Heiko Schmidt sagt, man habe trotz aller Veränderungen den Kern des Formats beibehalten. Die Zutaten seien: Emotion, Drama, Humor, Spannung und Action. «Nur die Gewichtung und ihre Zusammensetzung haben sich geändert.»
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