NewsBye-bye Berlin: Neue Modehauptstadt Frankfurt?
dpa
8.6.2020 - 17:44
Die Nachricht kam völlig überraschend: Die Fashion Week zieht von Berlin nach Frankfurt. Die Stadt am Main träumt bereits von einer Zukunft als «internationale Fashionmetropole». Und «Arm aber sexy»-Berlin verliert ein Aushängeschild für Glamour.
Frankfurt hat Berlin die Fashion Week weggeschnappt und will sich international als Modemetropole behaupten. Die neue Auflage der Messe soll erstmals im Sommer 2021 am Main veranstaltet werden.
«Das Format Fashion Week wird neu gedacht werden müssen», sagte Anita Tillmann, Geschäftsführerin des Veranstalters Premium Group. Neben der Messe Premium zieht auch die Händlermesse Seek, die Plattform Neonyt für nachhaltige Mode sowie die Konferenzen FashionSustain und FashionTech an den Main.
«Wir haben keine 'bad feelings' für Berlin», sagte Tillmann. Frankfurt biete aber als Standort zahlreicher Textilmessen andere Perspektiven. Im Januar 2021 werde die Premium ein letztes Mal in Berlin stattfinden. Die Fashion Week Frankfurt soll innovativer, digitaler und nachhaltiger werden und neben dem Messegelände an verschiedenen Orten der Stadt stattfinden.
Der Geschäftsführer der Berliner Tourismusgesellschaft, Burkhard Kieker, sagte, der Weggang sei nicht schön, er sehe aber keinen Grund für den «reflexhaften Abgesang» auf Berlin. Die Corona-Krise habe die Konkurrenz um Messen verschärft.
Dass die Wahl auf Frankfurt als Fashion-Week-Ausrichter fällt, mag viele überraschen. Anders als etwa Düsseldorf hat sich die Finanzmetropole bislang kaum einen Namen als Modestadt gemacht. «Man kommt nicht sofort auf Frankfurt, aber es ist der perfekte Ort», sagte Tillmann. Für die Stadt spricht beispielsweise die gute Anbindung. «Das Drehkreuz Frankfurt mit seinem Flughafen steht für Internationalität und ist weltweit ein Begriff», sagte auch TV-Promi und Modeschöpfer Harald Glööckler. «Ich sehe grosse Chancen für Frankfurt, eine international bedeutende Modemesse zu installieren.»
Auch der Modeschöpfer Wolfgang Joop hält den Gang der Modemesse an den Main auch mit Blick auf die Corona-Krise für nachvollziehbar. «Frankfurt hat vielleicht wirklich was Pragmatisches. Es ist eine Business- und Bankenstadt wie Mailand», sagte Joop der Deutschen Presse-Agentur. In Berlin habe vor allem Partystimmung in der Luft gelegen. «Aber das reicht eben heute nicht aus, wo Leute alles neu bedenken müssen und sich überhaupt überlegen müssen, wie es weitergeht», sagte der Modeschöpfer.
Aber kann Frankfurt der Szene-Hochburg Berlin das Wasser reichen? Immerhin hatten die Macher des Berliner Promi-Restaurants «Grill Royal» im vergangenen Jahr das «Le Petit Royal» im Bahnhofsviertel eröffnet, das wegen der Corona-Krise aber aktuell geschlossen ist. Und auch das «Robert Johnson» im benachbarten Offenbach kann sich ohne weiteres mit angesagten Berliner Clubs wie dem «Berghain» messen. Den Veranstaltern geht es wohl auch darum, etwas Unerwartetes zu schaffen. «Frankfurt ist dafür ein neuer, unverbrauchter Standort», sagte Tillmann. Sie betonte, ihr Unternehmen habe kein Geld für den Wechsel nach Frankfurt erhalten.
Die Frankfurter Messe erzielte 2019 zwar noch einen Rekordumsatz von 733 Millionen Euro. Durch den Verlust der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA), die künftig in München stattfindet, war die Stimmung in der Stadt aber arg gedrückt. Da kommt der Zuzug der Fashion Week gerade richtig. Die Stadt werde zum «neuen Hotspot der Fashion- und Lifestyleszene und zur neuen internationalen Fashionmetropole», meinte Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD).
In Berlin ist währenddessen die Enttäuschung gross. Die dortige CDU sprach von einem empfindlichen Rückschlag für die Mode-Stadt Berlin. Bei der ebenfalls oppositionellen FDP hiess es, der Verlust sei fatal für eine Stadt, die von ihrer Kreativszene lebe.
Berlins Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) erklärte: «Dass geschäftliche Entscheidungen stark durch finanzielle Anreize motiviert sind, ist in solch schwierigen Zeiten nachvollziehbar, der Wegzug der Premium für Berlin ist dennoch bedauerlich.» Die Berlin Fashion Week finde weiterhin statt, man sei mit den anderen Beteiligten im Austausch über die künftige Ausrichtung. Pop sprach sich gleichzeitig für einen Runden Tisch zum Neustart des Messe- und Kongressgeschäfts nach Corona aus.
Wichtige Messen in Berlin fielen in den vergangenen Monaten der Corona-Krise zum Opfer: Die Internationale Tourismus-Börse (ITB) und die Internationale Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) wurden abgesagt. Die Internationale Funk-Ausstellung (IFA) findet im September nur stark reduziert statt.
Das Konzept für die neue Fashion Week in Frankfurt soll im Herbst vorgestellt werden. Nach der Premiere im Sommer 2021 soll sie zweimal jährlich ausgetragen werden – im Januar und im Juli.
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