«Gredig direkt» Pelicots Tochter Caroline: «Er hat das kleine Mädchen in mir getötet»

Carlotta Henggeler

27.3.2025

Wie lebt es sich als Tochter eines Monsters? Caroline Darian Pelicot spricht exklusiv im SRF-Talk «Gredig direkt» offen über ihre Kindheit im Schatten des Grauens – und über ihren Mut, sich davon zu befreien.

Carlotta Henggeler

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Caroline Darian spricht öffentlich über die Verbrechen ihres Vaters Dominique Pelicot und deren Auswirkungen auf die Familie im SRF-Talk «Gredig direkt»
  • Sie schildert ihre Perspektive als Tochter des Opfers und des Täters und den daraus resultierenden inneren Konflikt.
  • «Gredig direkt» mit Caroline Darian lief Donnerstag, 27. März, um 22.25 Uhr, auf SRF 1.

Der Fall erschütterte Frankreich – und die Welt: Dominique Pelicot wurde Ende 2024 wegen systematischen sexuellen Missbrauchs seiner Frau zu 20 Jahren Haft verurteilt. Auch alle fünfzig Mitangeklagten wurden schuldig gesprochen.

In der SRF-Sendung «Gredig direkt» spricht seine Tochter Caroline Darian Pelicot jetzt ausführlich im Schweizer Fernsehen schonungslos über ihre Perspektive – als Tochter des Opfers und des Täters.

Zehn Jahre lang betäubte Dominique Pelicot seine Frau Gisèle immer wieder, um sie selbst zu vergewaltigen und sie anderen Männern zur Verfügung zu stellen. Die Übergriffe dokumentierte er in Tausenden von Fotos und Videos. 

Doch das Grauen endet nicht nach dem Prozess. Caroline Darian ist überzeugt: Auch sie selbst wurde von ihrem Vater sexuell missbraucht. Erst vor kurzem hat sie Strafanzeige gegen ihn erstattet. Sie ist die Tochter eines verurteilten Sexualstraftäters – und seines Opfers.

Jahrelang ahnte die 46-Jährige nichts von den systematischen Vergewaltigungen an ihrer Mutter. Ihr Umfeld erschien ihr ein normales, das Verhältnis der Pelicots war eng: «Ich dachte, meine Familie sei normal. Wir haben nichts geahnt, nichts kommen sehen, wir haben nichts verstanden. Im Bruchteil einer Sekunde stürzt man in den Horror.»

Mehr noch, Caroline sei Pelicots Lieblingskind gewesen, sie sagt dazu: «Wir hatten eine fast komplizenhafte Vater-Tochter-Beziehung. Gerade darum ist es so schrecklich für mich, dass mir seine dunkle Seite verborgen blieb. Wie konnte ich mir nur ein so falsches Bild von meinem Vater machen.»

TV-Host Urs Gredig fragt mit viel Fingerspitzengefühl nach: «Wer ist ihr Vater für Sie?»

Pelicot antwortet rasch, ist im ganzen Gespräch gefasst: «In Wirklichkeit ist er ein enormer Manipulator. Er hat eine sehr ausgeprägte psychopathische Struktur. Er hat das Kunststück vollbracht, alle zu belügen und zu betrügen.» Angefangen bei seiner Frau und seinen Kindern. Weiter sagt Darian: «Man sah im nicht an, dass er krank ist. Wir lebten mit einem Phantom zusammen, der uns seine dunkle Seite nie zeigte. Für mich ist er ein Schwerkranker.»

Auch Caroline Darian hat gegen ihren Vater Strafanzeige eingereicht. Sie ist überzeugt, selbst ein Opfer geworden zu sein. 

Fall Pelicot: Das Unfassbare in Worte gefasst

In ihrem Buch «Und ich werde dich nie wieder Papa nennen» gibt Caroline Darian dem Unvorstellbaren eine Stimme. Die 46-Jährige beschreibt, wie ihre Welt von einem Moment auf den anderen zusammenbrach, als das Ausmass der Taten ihres Vaters ans Licht kam. 

Der Fall ist noch immer nicht ganz abgeschlossen, die Untersuchung läuft weiter, denn Dominique Pelicot wird beschuldigt, eine Frau ermordet zu haben. 

Seine Tochter hält das für möglich: «Alles ist möglich. Ein grosser Teil seines kriminellen Werdegangs ist noch völlig unbekannt», ist sich Caroline Darian sicher. 

Caroline Darian: «Vergeben? Nein! Ich hoffe, ich finde eine Form der Gleichgültigkeit»

Ihre Mutter, Gisèle Pelicot hat mit ihrem Auftritt an den Prozessen Mut beweisen und damit gezeigt: «Die Scham muss die Seite wechseln.»

Und kann Caroline Darian nach der Veröffentlichung ihres Buches – durch den Schreibprozess – mit ihrem Vater abschliessen? Ihm gar vergeben?

Darian findet im Interview mit Urs Gredig klare Worte: «Vergeben? Nein! Ich hoffe, ich finde eine Form der Gleichgültigkeit.»


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