Proteste gegen Putsch Allein am Sonntag hat das Militär 38 Demonstranten getötet

dpa

15.3.2021 - 11:07

Demonstranten am 15. März in Myanmar. 
Demonstranten am 15. März in Myanmar. 
Bild: Keystone

Auch sechs Wochen nach dem Putsch halten die Proteste gegen die Militärjunta in Myanmar an – und diese reagiert mit immer mehr Gewalt. Dutzende Menschen wurden übers Wochenende getötet.

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Die Militärjunta hat für Teile von Yangons – der grössten Stadt Myanmars – das Kriegsrecht verhängt. Der Staatssender MRTV berichtete am Montag, dass für vier weitere Gebiete Yangons das Kriegsrecht ausgerufen worden sei, nachdem dies am Vorabend bereits für zwei andere vermeldet worden war.

Mindestens 38 Menschen seien am Sonntag getötet worden, als Einsatzkräfte gegen die Proteste gegen die Junta vorgegangen seien, berichtete der Unterstützungsverband für politische Gefangene. Dutzende seien verletzt worden.

Der Internetzugang per Mobilfunk wurde abgeschaltet, was das Organisieren neuer Proteste und die Berichterstattung erschwerte. Über das Festnetz ist das Internet aber noch erreichbar. Bislang wurden über das Internet Aufnahmen der Proteste veröffentlicht, oft auch von Angriffen der Einsatzkräfte auf Demonstrierende.

22 getötete Zivilisten – viele Verletzte

Videos der unabhängigen Organisation Democratic Voice of Burma aus dem Yangoner Stadtteil Hlaing Thar Yar zeigten, wie Menschen flohen, nachdem Gewehrschüsse zu hören waren. Die Fliehenden trugen eine verletzte Person und versuchten, zwei weitere wiederzubeleben.

In dem Viertel wurden den Angaben zufolge 22 Zivilisten getötet und mehr als ein Dutzend verletzt. In das Viertel seien zahlreiche Soldaten eingerückt, hiess es. Insgesamt entfielen auf Yangon (früher Rangun) 34 der Toten. In den Städten Bago, Mandalay und Hpakant gab es insgesamt vier Tote. Ausserdem gab es Berichte über Verletzte durch Gummigeschosse und scharfe Munition.

Anderen Quellen zufolge wurden am Sonntag noch mehr Menschen getötet. Nach Zählung des Unterstützungsverbandes sind seit dem Putsch insgesamt mehr als 100 Menschen getötet worden. Journalisten ist es nicht möglich, diese Zahlen zu überprüfen. Die Protestbewegung beruht seit ihrem Beginn nach dem Militärputsch vom 1. Februar auf gewaltfreiem zivilem Ungehorsam wie Demonstrationen und Streiks.

Untergetauchte Zivilregierung meldet sich erstmals zu Wort

Wegen der Internetsperre wurde eine Gerichtsanhörung in einem Prozess gegen die verhaftete faktische Regierungschefin Aung San Suu Kyi verschoben, an der sie per Videokonferenz teilnehmen sollte, wie ihr Anwalt Khin Maung Zaw mitteilte. Sie war während des Putschs festgenommen worden und wird mehrerer Straftaten beschuldigt, die nach Einschätzung ihrer Unterstützerinnen und Unterstützer politisch motiviert sind und den Zweck haben, sie einzusperren.

In Yangon sprühten Demonstranten mit Feuerlöschern, um Tränengas zu binden und um es den Sicherheitskräften zu erschweren, Demonstranten zu verfolgen oder auf sie zu schiessen. Nach Anbruch der Dunkelheit entzündeten Putschgegner bei einer Nachtwache im Geschäftsviertel von Yangon zahlreiche Kerzen.

Die nach dem Militärputsch untergetauchte Zivilregierung erklärte am Samstag, sie unterstütze den Widerstand gegen die Junta. Der geschäftsführende Vizepräsident Mahn Win Khain Than sagte: «Um eine föderale Demokratie zu formen, die alle ethnischen Brüder wirklich wünschen, die seit Jahrzehnten unter verschiedenen Unterdrückungen der Diktatur leiden, ist diese Revolution eine Chance, unsere Anstrengungen zu bündeln.» 

Es war die erste öffentliche Botschaft der untergetauchten Zivilregierung seit dem Putsch. Mahn Win Khain Than wurde von vom Militär abgesetzten Parlamentsabgeordneten zum geschäftsführenden Vizepräsidenten berufen. Er ist Mitglied von Suu Kyis Partei Nationalen Liga für Demokratie.