Revolutionär der Modewelt Japanischer Designer Issey Miyake gestorben

Lars Nicolaysen, dpa/amo

9.8.2022 - 15:47

Modeschöpfer Issey Miyake im Alter von 84 Jahren gestorben

Modeschöpfer Issey Miyake im Alter von 84 Jahren gestorben

Der renommierte japanische Modeschöpfer Issey Miyake ist tot. Die Beerdigung hat bereits stattgefunden, eine Trauerfeier ist laut seinem Büro nicht geplant. Miyake machte sich ab Mitte der 70er Jahre einen Namen als Designer, seit den 80er Jahren

09.08.2022

Die Modewelt trauert: Der japanische Modeschöpfer Issey Miyake, berühmt für seine innovativen Stile und Parfüms, ist im Alter von 84 Jahren gestorben. Er war als Revolutionär der Modewelt bekannt.

9.8.2022 - 15:47

Er entwarf Kleidung aus einem Stück Stoff und war in aller Welt für ebenso innovatives wie praktisches Modedesign bekannt. Dazu zählen auch die Rollkragenpullis von Steve Jobs. Der in Hiroshima geborene Designer erlag am Freitag einer Leberkrebs-Erkrankung. Das gab sein Büro am Dienstag bekannt.

Seit den 70er Jahren verfolgte Miyake das Konzept, Kleidung aus einem einzigen Stück Stoff herzustellen. Der Japaner, der auch das Design für die schwarzen Rollkragenpullis von Apple-Gründer Steve Jobs entwarf, baute in seiner langen Karriere eine globale Marke auf. Dazu gehören Modekollektionen für Damen und Herren, Taschen, Uhren und Parfüms.

Er überlebte das Atom-Inferno von Hiroshima

Miyake wurde am 22. April 1938 in Hiroshima geboren. Er war gerade einmal sieben Jahre alt, als sich die Stadt durch eine Atombombe der USA in ein Inferno verwandelte. Als Erwachsener sprach er nicht gern darüber. Er wolle nicht als «der Designer, der die Atombombe überlebte» genannt werden, schrieb Miyake 2009 in der «New York Times».

Der japanische Designer Issey Miyake im Jahr 2015 in Tokio. 
Der japanische Designer Issey Miyake im Jahr 2015 in Tokio. 
KEYSTONE/EPA/FRANCK ROBICHON

«Wenn ich meine Augen schliesse, sehe ich immer noch Dinge, die niemand jemals erleben sollte», so Miyake und fügte hinzu, seine Mutter sei drei Jahre später an den Folgen der Strahlung gestorben. Er wolle lieber an Dinge denken, schrieb Miyake, «die erschaffen, nicht zerstört werden können und die Schönheit und Freude bringen».

Zuerst Grafik-Design, dann Mode

Es heisst, er wollte zunächst Tänzer oder Athlet werden. Doch als er Modemagazine seiner Schwester las, änderte sich sein Berufswunsch. Miyake studierte Grafikdesign an einer Kunsthochschule in Tokio. Schon damals konzentrierte sich der Japaner auf Design und nicht Mode. Im Jahr 1963 präsentierte er seine ersten Entwürfe.

Am 6. August 1945 explodierte eine Atombombe der Amerikaner im japanischen Hiroshima.
Am 6. August 1945 explodierte eine Atombombe der Amerikaner im japanischen Hiroshima.
KEYSTONE/AP Photo/U.S. Army via Hiroshima Peace Memorial Museum, HO

Nach seinem Abschluss zog Miyake zunächst nach Paris, wo er als Designer für die renommierten Modeschöpfer Guy Laroche und Hubert de Givenchy arbeitete. Nach einer kurzen Zeit in New York, wo er für den Mode-Designer Geoffrey Beene tätig war, kehrte er 1970 nach Tokio zurück und gründete das Miyake Design Studio. 1971 erschien dann die erste Kollektion seines Modelabels, die er in New York präsentierte.

Während seiner langen Karriere arbeitete er mit traditionellen und modernen Modetechniken. In den 1980er Jahren wurde er als einer der revolutionärsten Designer der Welt gefeiert. Miyake, der ein grosser Fan von Madeleine Vionnets (1876-1975) war – einst unangefochtene Meisterin der Schnittkunst – arbeitete auch mit Kunststoff, Metall und sogar Papier. Miyake entwickelte dabei eine neue Art, Stoff zu falten, indem er ihn in einer Heisspresse zwischen Papierschichten wickelte. Das Ergebnis war, dass die Kleidungsstücke ihre Form behielten.

Auf der Pariser Fashionweek im Jahr 2019 rollten die Models für Issey Miyake auf Longboards über den Laufsteg.
Auf der Pariser Fashionweek im Jahr 2019 rollten die Models für Issey Miyake auf Longboards über den Laufsteg.
KEYSTONE/EPA/CAROLINE BLUMBERG

Diese Methode führte zur Entwicklung seiner Aufsehen erregenden, charakteristischen Linie «Pleats Please» (Plissee bitte). Für seine ebenfalls berühmte A-POC-Linie (A Piece of Clothing) nutzte er eine Webmaschine, die Outfits aus einem Stück Stoff herstellte.

Ausstellung über Super-GAU

Zugleich förderte Miyakes Arbeit Japans traditionelle Kultur. Als der Nordosten seines Heimatlandes 2011 von einem schweren Erdbeben und gewaltigen Tsunami heimgesucht wurde und es in der Folge im Atomkraftwerk Fukushima Daiichi zu einem Super-GAU kam, veranstaltete Miyake eine Ausstellung, um die Aufmerksamkeit auf die Kultur der Region, einschliesslich ihrer Kleidung, zu lenken. Bereits 2005 wurde er für sein Lebenswerk mit dem japanischen «Praemium Imperiale» ausgezeichnet, der auch als Nobelpreis der Künste gilt.

Ein Model im Jahr 2019 trägt einen Hut aus der Kollektion von Issey Miyake. 
Ein Model im Jahr 2019 trägt einen Hut aus der Kollektion von Issey Miyake. 
KEYSTONE/AP Photo/Francois Mori

Ein Jahr später erhielt Miyake für seine «visionären Bekleidungskonzepte» den Kyoto-Preis. Der 1984 von Kazuo Inamori, dem Gründer des japanischen Technologie-Konzerns Kyocera, ins Leben gerufene Kyoto-Preis zählt neben dem Nobelpreis zu den wichtigsten Auszeichnungen auf dem Gebiet der Wissenschaft und Kultur.

Lars Nicolaysen, dpa/amo