Proteste im Iran 27-Jähriger erschossen, weil er das Aus des Fussballteams feierte

Von Philipp Dahm

30.11.2022

Politik überschattet WM-Spiel zwischen Iran und USA

Politik überschattet WM-Spiel zwischen Iran und USA

Am Rande des WM-Spiels in Doha zwischen dem Iran und den USA kommt es zu Auseinandersetzungen zwischen Befürwortern der Proteste und Unterstützern der Regierung in Teheran. In der iranischen Hauptstadt sind die Menschen enttäuscht über die 0:1-Nie

30.11.2022

Die Opposition im Iran feiert die Niederlage der iranischen Fussballer an der WM: Ein 27-Jähriger wird in der Hafenstadt Bandar Anzali angeblich von der Polizei erschossen, weil er gehupt hat.

Von Philipp Dahm

30.11.2022

Die Proteste nach dem Tod von Mahsa Amini im Iran sind abgeebbt, doch zwischen dem 5. und 7. Dezember sind wieder neue Demonstrationen angekündigt. Aktuell gibt es nur kleine bis mittlere Kundgebungen in dem Land, in dem Unruhen seit September mindestens 448 Menschen das Leben gekostet haben, schätzt die norwegische NGO Iran Human Rights.

Und dann ist da ja noch dieses Spiel an der Fussball-WM, wenn Irans Mannschaft auf das US-Team trifft: Schon vor dem Match am 29. November diskutieren auf Social Media Regimekritiker darüber, wie man reagieren solle, falls der Iran gewinnt, weiss das Washingtoner Institiute for the Study of War.

WM Katar 2022 – Pussy Riot im Stadion beim Spiel Iran gegen USA

WM Katar 2022 – Pussy Riot im Stadion beim Spiel Iran gegen USA

Bei der WM in Katar treten immer wieder politische Diskussionen in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit. So auch beim Spitzenspiel am Dienstagabend Iran gegen die USA. Unter anderem waren Mitglieder des russischen feministischen Künstler-Kollektivs Pussy Riot während der Partie im Stadion. Sie zeigten T-Shirts mit der Aufschrift «Woman Life Freedom».

30.11.2022

Der Grund: Die Mullahs würden den sportlichen Sieg über den politischen Erzfeind mit Jubel- und Propaganda-Aktionen ausschlachten. Doch es soll anders kommen: Die USA retten sich am 29. November mit einem 1:0 in den Achtelfinal. Der Iran scheidet aus.

Opposition feiert die Niederlage

Die Opposition sieht aber nun offenbar selbst einen Anlass, um Flagge zu zeigen: Mehrere Videos aus verschiedenen Teilen des Landes zeigen angeblich, wie Menschen nach dem Match hupend durch die Strassen fahren und die Niederlage der Nationalmannschaft feiern.

Sie tun das, weil das Team Melli durch das Regime vereinnahmt wird. Der internationale Sport wird demnach nur dazu benutzt, um von den innenpolitischen Spannungen abzulenken. Auch in Bandar Anzali hupen deshalb die Lenker. Einer von ihnen ist Mehran Sammak.

Mehran Sammak wird am Abend des 29. November in der Hafenstadt am Kaspischen Meer angehalten, weil er gehupt hat. Der 27-Jährige wird per Kopfschuss ermordet, schreibt unter anderem der frühere deutsche Parlamentarier und Jurist Niema Movassat. Er erliegt seinen Verletzungen im Spital.

Terror-Turnier

Der Tod von Mehran Sammak ist der unrühmliche Höhepunkt einer schaurigen iranischen Turnier-Teilnahme. Das Team Melli steht schon vor Beginn der WM wegen eines Foto-Termins mit den Mullahs vor ihrer Abreise in der Kritik. Dann verweigern die Kicker das Singen der Hymne, was in einer zensierten Übertragung und Warnungen des Regimes endet.

Wie CNN berichtet, sollen Funktionäre der Nationalmannschaft gedroht haben, ihre Familien einzusperren und zu foltern, falls die Spieler nicht parieren. Ausserdem entsendet Teheran Sicherheitskräfte, um in Koordination mit den Behörden in Katar kritische Fans wie auch die eigenen Fussballer im Blick zu behalten. Die Hymne wird dann ob der Gewalt-Androhung vor dem Match gegen die USA auch mitgesungen.

Nachdem Teheran Israel beschuldigt hat, neben den USA für die nationalen Unruhen verantwortlich zu sein, hat der Iran nun vier Personen wegen angeblicher Kooperation mit dem Mossad zum Tode verurteilt. Drei weitere Angeklagte müssen wegen angeblicher Zusammenarbeit mit dem israelischen Geheimdienst für fünf bis zehn Jahre ins Gefängnis, berichtet die «Jerusalem Post».