«Eigengewächse als Nächstes dran»Drei Zeichen, dass Trumps Regierung autoritärer wird
Philipp Dahm
16.4.2025
El Salvador und die Abschiebe-Politik von Donald Trump geht in die nächste Runde.
KEYSTONE
Wegen einer Abschiebung entscheidet der Oberste Gerichtshof gegen den US-Präsidenten, doch er zeigt sich unbeeindruckt. Donald Trump attackiert dafür die Medien und spricht erneut über die Abschiebung von US-Bürgern.
Konfrontation mit der Judikative: Die US-Regierung ignoriert eine einstimmige Anweisung des Obersten Gerichtshofs, eine abgeschobene Person aus El Salvador zurückzuholen.
Konfrontation mit den Medien: Trump beleidigt eine CNN-Journalistin und will, dass «CBS News» seine Sendung «60 Minutes» absetzt.
Abschiebung von US-Bürgern: Trump will El Salvador beim Bau neuer Gefängnisse helfen, um «Eigengewächse» abzuschieben.
«Ich muss Sie bei jeder einzelnen Sache, die Sie gerade gesagt haben, korrigieren»: So leitet Donald Trumps Berater Steven Miller seine Antwort auf eine Frage von «Fox News»-Moderator Bill Hemmer ein. Ein Sender, der notabene nicht gerade für seine Distanz zu den Republikanern bekannt ist.
Hemmer spricht ein Urteil des Obersten Gerichtshofs an, nach dem ein Mann, der in einen Horror-Knast in El Salvador abgeschoben wurde, zurückgeholt werden muss. Kilmar Abrego Garcia war aus El Salvador illegal in die USA eingewandert, hatte dort eine Amerikanerin geheiratet und ein gemeinsames Kind bekommen.
🚨 BOOM! Top Trump advisor Stephen Miller just went BERSERK for 3 minutes straight on Fox over the media narrative that Trump must bring home Kilmar Abrego Garcia from El Salvador.
Miller perfectly debunked this ENTIRE claim that Garcia's deportation was an "error." This entire… pic.twitter.com/TfGa1VjvpS
Miller sieht die Welt jedoch mit anderen Augen: «Wir haben den Fall am Obersten Gerichtshof klar gewonnen», sagt er trotz der einstimmigen Abstimmung. Man könne ja nicht einfach so in ein fremdes Land eindringen und Leute herausholen, argumentiert Trumps Intimus.
Eine Rückführung sei nur möglich, wenn der andere Staat zustimme. El Salvadors Präsident Nayib Bukele winkt daraufhin ab – auch wenn er bald darauf zu einem Treffen mit Trump nach Washington reist, scheint für Garcia im Flugzeug kein Platz mehr gewesen zu sein.
Links läuten nun die Alarmglocken: «Trump hat gerade dem Obersten Gerichtshof getrotzt: Was wird [der Oberste Richter] John Roberts dagegen tun?», fragt «The Bulwark» bange. «Die konstitutionelle Krise ist da», warnt «The Atlantic». «Die Krise wegen Trumps Gulag in El Salvador hat einen schrecklichen Wendepunkt erreicht», schreibt «Slate».
Konfrontation mit den Medien
Neben der Legislative und Judikative bilden die Medien idealerweise die dritte Macht, die die Exekutive kontrolliert. Dass Angriffe auf die Presse zu Donald Trumps Repertoire gehören, ist bekannt. Immerhin hat der 78-Jährige Begriffe wie «Fake News» und «Mainstream-Medien» mitgeprägt.
Inzwischen könnte man jedoch den Eindruck gewinnen, dass kritische Fragen im Weissen Haus gar nicht mehr möglich sind. Das zeigt zumindest die Pressekonferenz von Trump und Gast Bukele.
Da wagt es CNN-Frau Kaitlan Collins, den US-Präsidenten darauf anzusprechen, dass er kurz zuvor noch sagte, er würde mit Blick auf Abschiebungen Urteile des Obersten Gerichtshof akzeptieren. «Warum sagen Sie nicht einfach: ‹Ist es nicht wundervoll, dass wir Kriminelle aus unserem Land heraushalten›?», fragt Trump genervt.
Kaitlan Collins reminds Donald Trump that he agreed to abide by Supreme Court decisions just a few days and he flies off the handle, berating her and her news organization. This pathetic little bully needs to be impeached and fired ASAP. pic.twitter.com/IctJZ8bb6Q
— Piyush Mittal 🇺🇸🇺🇦🇬🇪🇨🇦🟧🌊🌈 (@piyushmittal) April 14, 2025
«Warum können Sie nicht einfach das sagen? Warum wiederholen Sie immer und immer...» Trump bricht ab, nur um dann persönlich zu werden: «Und deswegen schaut Sie auch niemand mehr: Sie haben keine Glaubwürdigkeit.»
Wer nun argumentiert, im Weissen Haus dürfe man eben mal nicht dünnhäutig sein – und dabei an die Journalistin denkt – darf nicht vergessen, dass es bei Trump nicht nur bei Verbalangriffen bleibt, wie diverse Gerichtsprozesse zeigen, bei denen Firmen wie Facebook oder der Sender ABC klein beigegeben haben.
Am 14. April droht Trump erneut dem von ihm verhassten Format «60 Minutes» von «CBS News», weil es ausschliesslich «in einer abwertenden und diffamierenden Weise» über ihn berichte. Deswegen und weil der Sender im Präsidentschaftswahlkampf seiner Gegnerin Kamala Harris mehr Raum gegeben habe, zerre er den Sender vor ein amerikanisches Gericht.
Vor der Pressekonferenz plaudert Trump mit Bukele – und die Kameras schneiden diesen eigentlich informellen Teil mit: «Die Eigengewächse kommen als Nächstes», sagt der US-Präsident dem Gast aus El Salvador. Und dass dieser noch fünf weitere Gefängnisse bauen müsse: «Es ist nicht goss genug.»
Trump to Bukele: "Home-growns are next. The home-growns. You gotta build about five more places. It's not big enough." pic.twitter.com/o20thGNK9e
Als ihn eine Reporterin darauf anspricht, bestätigt Trump, er wolle El Salvador bei einem solchen Ausbau helfen. Und er wisse nicht, was die gesetzliche Lage ist. «Aber wir haben auch einheimische Kriminelle, die Menschen in U-Bahnen schubsen. Ich würde sie gerne zu der Gruppe von Menschen zählen, die das Land verlassen müssen.»
Trump says he'd like to deport US citizens to El Salvador: "I'd like to go a step further. I don't know what the laws are, we always have to obey the laws, but we also have homegrown criminals that push people into subways... I'd like to include them in the group of people to get out of the country"
Nun lässt sich sicherlich einwenden, dass man mit Schwerverbrechern kein Mitleid haben muss. Allerdings sind auch illegal Eingewanderte abgeschoben worden, die eine Duldung hatten – und keinerlei Ärger mit der US-Polizei. Schon Tattoos wie das von Real Madrid oder solche, die für Fairness mit Autisten stehen, haben ausgereicht, um als Gangmitglied identifiziert zu werden.
Vielsagend ist, was Miller bei seinem «Fox News»-Ausbruch zum Thema beisteuert: Der Berater wird gefragt, ob Mahmoud Khalil das Land verlassen muss. Der Algerier studiert mit einer Green Card an der Columbia University, sitzt nun aber in Abschiebehaft – wegen einer Teilnahme an einer pro-palästinensischen Demonstration auf dem Campus.
«Ja, das wird er», antwortet Miller auf die Frage nach der Abschiebung, «so wie jeder, der Hass auf Amerika predigt». Er spricht in dem Zusammenhang von «Monstern», um die in den Medien mehr geweint werde als über das Blut, das amerikanische Frauen und Kinder vergossen haben. Miller endet: «Die Friedhöfe sind mit den Grabsteinen von Amerikanern gefüllt, die von Joe Biden und seiner Regierung getötet wurden.»
#04: Trump – das ist nicht neutral: Erst die Finanzwelt in den Abgrund reissen – und dann golfen und Geld einsammeln
Eines muss man Donald Trump lassen: Der Mann hat Nerven. Erst schwingt er den Zoll-Hammer und lässt damit die Börsen abschmieren. Dann geht er in aller Ruhe und findet noch die Zeit, zwei Spendengalas auszurichten.