Tomahawks vom Tisch? 5 Fragen und Antworten zum Gipfel zwischen Trump und Selenskyj

SDA

18.10.2025 - 07:03

Trump will Putin in Ungarn treffen und spricht von grossen Fortschritten

Trump will Putin in Ungarn treffen und spricht von grossen Fortschritten

STORY: US-Präsident Donald Trump will sich mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin in Ungarn zu Beratungen über eine Beendigung des Krieges in der Ukraine treffen. Trump zeigte sich am Donnerstag nach einem Telefonat mit Putin betont zuversichtlich. Das Telefonat mit dem russischen Staatsoberhaupt sei sehr produktiv gewesen. Er werde sich demnächst mit Putin treffen, so Trump.  O-Ton Donald Trump, US-Präsident: «Ich würde sagen, innerhalb von etwa zwei Wochen, also ziemlich schnell. Marco Rubio wird sich, wie Sie wissen, mit seinem Amtskollegen Lawrow treffen, und das wird ziemlich bald geschehen. Sie werden in Kürze einen Termin und einen Ort festlegen. Vielleicht ist das sogar schon geschehen. Sie haben bereits miteinander gesprochen. Und ich fand, dass es ein sehr gutes Telefongespräch war. Ich fand es sehr produktiv. Aber ich werde mich mit Präsident Putin treffen und wir werden eine Entscheidung treffen. Morgen treffe ich mich mit Präsident Selenskyj und werde ihm von dem Telefonat berichten.» Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will am Freitag mit Trump unter anderem über weitere Militärhilfen reden. Auf Selenskyjs Wunschliste steht unter anderem die Lieferung des Langstrecken-Marschflugkörpers Tomahawk. Die Wahl Ungarns für das Treffen von Trump und Putin sendet ein für die Ukraine fragwürdiges Signal. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban pflegt im Gegensatz zu den meisten Nato- und EU-Partnern gute Beziehungen zu Russland und hat die westliche Militärhilfe für Kiew wiederholt infrage gestellt. Orban begrüsste die Ankündigung. «Das geplante Treffen ist eine grossartige Nachricht für die friedliebenden Menschen auf der Welt, wird sind bereit», schrieb er auf X. 

17.10.2025

Nach seinem Treffen mit Selenskyj äussert sich Trump: Die von der Ukraine erhofften Tomahawk-Marschflugkörper erwähnt er nicht – stattdessen gibt es einen Appell. Was bedeutet das nun?

Keystone-SDA

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Nach Wolodymyr Selenskyjs Treffen mit Donald Trump stellen sich diese fünf Fragen.
  • Sind die Tomahawks jetzt vom Tisch?
  • Hat Trump seine Haltung zum Krieg verändert?
  • Was will Trump mit Putin in Budapest besprechen?
  • Geht Selenskyj mit leeren Händen nach Hause?
  • Wie geht es nun weiter?

Der Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Weissen Haus hatte eigentlich ein ganz konkretes Thema: Tomahawk-Waffen mit einer hohen Reichweite, die die Ukraine für ihre Verteidigung gegen den Aggressor Russland erbittet. Am Ende des Besuchs ist die Öffentlichkeit so schlau wie zuvor. Und es sind noch viel mehr Fragen aufgekommen.

Sind die Tomahawks jetzt vom Tisch?

Das ist unklar. US-Präsident Donald Trump erwähnte in seinem ersten Post auf Truth Social nach dem Gespräch mit Selenskyj in Washington die Tomahawk-Präzisionswaffe mit keinem Wort. Mit ihrer Hilfe könnte Kiew eine offensivere Rolle im Krieg spielen.

US-Präsident Donald Trump (links) begrüsst den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vor dem Weissen Haus. 
US-Präsident Donald Trump (links) begrüsst den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vor dem Weissen Haus. 
Keystone

Die ukrainische Armee könnte die Marschflugkörper weit nach Russland hineinschiessen. In den vergangenen Wochen wurde auch von US-Seite erwähnt, dass die Ukraine gerne Tomahawks hätte. Trump blieb aber vage und betonte noch vor dem Gespräch, die USA bräuchten ihre Tomahawks auch selbst.

In dem per Fernsehen übertragenen öffentlichen Teil des Selenskyj-Besuchs sagte Trump, man könne den Krieg hoffentlich beenden, ohne über diese Waffen nachdenken zu müssen.

Hat Trump seine Haltung zum Krieg verändert?

Noch vor einiger Zeit hatte Trump, der in seinen Positionen zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine hin- und herschwankt, die Lage noch so eingeschätzt: Die Ukraine könne mit Hilfe westlicher Verbündeter ihr Staatsgebiet vom russischen Aggressor zurückerobern.

Mit Zeit, Geduld und finanzieller Unterstützung insbesondere der Nato seien die ursprünglichen Grenzen zum Zeitpunkt des Kriegsbeginns eine «Option», hatte es damals geheissen. Trump hatte sich zunehmend verärgert über Kremlchef Wladimir Putin gezeigt. Selenskyj kam mit Rückenwind ins Weisse Haus – mit Zusagen von europäischen Verbündeten für noch mehr Rüstungshilfe.

Jetzt appellierte Trump in seinem ersten Post nach dem Selenskyj-Besuch an beide Seiten, den Krieg zu beenden. «Sie sollten dort aufhören, wo sie sind.» Sehr viel genauer spezifizierte er das allerdings nicht. An Russland und die Ukraine gerichtet betonte er zudem: «HÖRT AUF, GEHT IN FRIEDEN NACH HAUSE ZU EUREN FAMILIEN!».

Dass Russland in dem Krieg der Aggressor ist, erwähnte er dabei nicht. Sein Verhalten könnte mit einem nächsten wichtigen Treffen mit Putin in Budapest zu tun haben.

Was will Trump mit Putin besprechen?

Wann genau Trump und Putin in Budapest zusammenkommen werden, steht noch nicht fest. Trump hatte am 16. Oktober bekanntgemacht, dass er sich «wahrscheinlich in den nächsten zwei Wochen» in der ungarischen Hauptstadt mit ihm treffen will.

Der US-Präsident sieht sich als Vermittler im Ukraine-Krieg. Jetzt wurde allerdings klar, dass das Treffen wahrscheinlich ohne Selenskyj erfolgt. Trump sagte, er wolle mit dem Ukrainer aber Kontakt halten. Das erinnert an die Einladung Trumps an Putin im August nach Alaska. Auch dort war der Ukrainer nicht dabei.

Das Treffen blieb damals ohne greifbare Ergebnisse. Ein Dreiertreffen, von dem der US-Präsident gesprochen hatte, kam dann nie zustande. Russland führt seit mehr als dreieinhalb Jahren einen zerstörerischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die Frage ist, wie sehr das Telefonat, das Trump und Putin am Donnerstag miteinander führten, die Gespräche im Weissen Haus am Tag darauf beeinflusste.

Das Telefonat mit Putin hatte Trump «sehr produktiv» genannt. Die Initiative zum Gespräch mit Trump soll nach russischer Darstellung dieses Mal von Moskau ausgegangen sein. Offizieller Anlass war demnach Putins Glückwunsch zu Trumps Erfolg in den Verhandlungen zum Gaza-Krieg.

Plötzlich darf Putin bei Trumps Waffenlieferungen an die Ukraine mitreden

Plötzlich darf Putin bei Trumps Waffenlieferungen an die Ukraine mitreden

Nach einem langen Telefonat mit Wladimir Putin zeigt sich US-Präsident Donald Trump plötzlich zögerlich bei Tomahawk-Lieferungen an die Ukraine – und sagt offen, er habe die Waffenfrage direkt mit dem Kremlchef besprochen.

17.10.2025

In den vergangenen Wochen hatte sich der US-Präsident noch sehr enttäuscht von Putin gezeigt und appellierte an andere Verbündete, Russland wirtschaftlich zu schwächen, um die Kriegskasse des Angreifers zu leeren. Die USA verhängten Sanktionen gegen Indien, damit das Land kein Öl mehr von Russland kauft.

Was man auch im Hinterkopf haben sollte: Trump plant Ende des Monats, sich mit Chinas Präsidenten Xi Jinping in Südkorea zu treffen, um über den Handelskonflikt der beiden Länder zu sprechen.

Anlehnend an seinen Indien-Kurs will der US-Präsident China nach eigenen Angaben dazu bewegen, keinen Energiehandel mehr mit Russland zu betreiben. Ob das Treffen vor oder nach der Zusammenkunft mit Putin stattfinden wird, ist noch unklar.

Geht Selenskyj mit leeren Händen nach Hause?

Auch das bleibt offen. Selenskyj verwies bei einer Pressekonferenz nach dem Treffen formal auf eine Bitte der US-Seite, das Thema Tomahawks nicht weiter öffentlich zu diskutieren. «Die USA wollen keine Eskalation», begründete der Ukrainer diese Bitte.

Dennoch sei das Thema zumindest für ihn nicht vom Tisch. «Wir müssen daran noch mehr arbeiten», betonte er. Die Frage ist, ob die Amerikaner sich jetzt vor dem Putin-Treffen nicht in die Karten schauen lassen wollen und sich deshalb öffentlich nicht festlegen.

Selenskyj führte nochmals aus, warum sein Land Waffen brauche. Die Ukraine sei mit den verfügbaren Flugabwehrsystemen heute nicht in der Lage, russische ballistische Raketen in ausreichendem Masse zu bekämpfen. «Diese Schläge hält unsere Energiewirtschaft einfach nicht aus», sagte Selenskyj. Eben dafür müsse Druck auf Russland aufgebaut werden und der bestehe darin, entsprechende Waffen zu liefern.

Vierter Kriegswinter naht: Stromausfälle prägen Alltag in ukrainischer Kita

Vierter Kriegswinter naht: Stromausfälle prägen Alltag in ukrainischer Kita

STORY: Es ist eine Essensausgabe mit Hindernissen – mal wieder – für die Kinder und ihre Betreuerinnen in der Tagesstätte in Tschernihiw. Stromausfälle gehören in der Stadt im Norden der Ukraine zum Kriegsalltag. Bis das Licht wieder angeht, versuchen die Erzieherinnen, die Situation mit Taschenlampen und einem unaufgeregten Umgang leichter für die Kleinen zu machen. Maryna Ponomareko, Erzieherin «Kinder sind Kinder. Sie reagieren immer emotional auf alles, wie zum Beispiel das Ein- und Ausschalten des Stroms. Das ist für sie wie ein Spiel. Der Strom wird ausgeschaltet, also reagieren sie emotional, indem sie schreien. Aber wenn der Strom wieder eingeschaltet wird, ist das für sie wie ein Feiertag. Also spielen und arbeiten wir weiter.» In den letzten Wochen ist die Energieinfrastruktur von Tschernihiw immer wieder von russischen Drohnen- und Raketen getroffen worden. Die Stadt gehörte zu den ersten in der Ukraine, die die Wucht der verstärkten Angriffe auf Strom- und Gasanlagen im gesamten Land zu spüren bekam. Die Bewohner, versuchen, sich anzupassen. Die Köchin der Kindertagesstätte macht sich inzwischen meist gegen zwei Uhr morgens auf den Weg zu ihrer Schicht. So kann sie die Nachtstunden nutzen, wenn die Stromversorgung einigermassen stabil ist. Natalia Meshok, Köchin «Nachts ist es leer und dunkel. Es ist ein bisschen unheimlich, aber ich weiss, dass ich gehen muss. Denn hier sind Kinder, und ich komme zum Wohle der Kinder. Sie kommen in den Kindergarten und wollen nach dem Spielen etwas essen. Richtig?» In dieser Nacht hat Natalia Meshok Glück, die Stromversorgung bleibt länger stabil als die üblichen zwei Stunden. So kann sie nicht nur das Frühstück, sondern auch das Mittagessen für die Kinder zubereiten. Vor dem nahenden Winter – es wäre bereits der vierte seit Beginn des russischen Angriffskriegs – sorgt sich die Kita-Leitung auch um die Temperaturen. Als das Fernsehteam der Nachrichtenagentur Reuters die Einrichtung Anfang Oktober besucht, herrschen dort 14 Grad. Im Keller, wo die Kinder wegen häufigen Luftalarms einen Grossteil ihres Tages verbringen, ist es etwas wärmer. Jewhenjia Sawtschenko, Kita-Leiterin «Ja, es ist kalt im Kindergarten. Wir hoffen, dass unsere Männer alles tun, damit die Heizperiode pünktlich beginnen kann. Aber zum jetzigen Zeitpunkt wissen wir noch nicht genau, wann die Heizung eingeschaltet wird.» Weil es so kalt sei, liessen manche Eltern ihre Kinder lieber zu Hause, sagt die Leiterin. Dabei müssten sie ja weiterarbeiten. «Wir haben viele Kinder, deren Eltern beim Militär oder bei der Polizei sind, die als Ärzte oder in systemrelevanten Branchen wie Bäckereien arbeiten.» Bei einem massiven russischen Angriff auf das Energiesystem waren am 10. Oktober landesweit rund 600.000 Haushalte vorübergehend ohne Strom. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte, die zivile und die Energie-Infrastruktur seien vor der Heizperiode Mitte Oktober die Hauptziele der russischen Angriffe.   Russland bestreitet, Zivilisten anzugreifen, und erklärt, sein Ziel sei es, die militärischen Fähigkeiten der Ukraine zu schwächen. Die Ukraine hat ihrerseits mit Drohnenangriffen auf russische Energie-Infrastruktur-Ziele reagiert,  jedoch in einem weitaus geringeren Umfang.

17.10.2025

Kiew wolle kombinierte Angriffe mit Drohnen und Tomahawks durchführen. Medienberichten zufolge hatte die ukrainische Delegation zur Veranschaulichung extra eine Karte mit Zielen in Russland im Weissen Haus präsentiert. Selenskyj versicherte: «[Die Russen] fürchten diese Kombinationsangriffe, sie verstehen, was wir machen können.»

Wie geht es nun weiter?

Mit viel Unterstützung aus Europa für die Beendigung des Krieges. Selenskyj informierte europäische Partner noch am Abend über seinen Besuch im Weissen Haus, wie er auf der Plattform X mitteilte, darunter Nato-Generalsekretär Mark Rutte sowie die Spitzen der EU-Institutionen.

EU-Ratspräsident António Costa schrieb bei X, das gemeinsame Ziel bleibe ein gerechter und dauerhafter Frieden für die Ukraine. «Militärische, finanzielle und diplomatische Unterstützung sowie Sicherheitsgarantien sind dafür unerlässlich», so Costa. Auf dem EU-Gipfel in der kommenden Woche werde man konkrete Schritte besprechen, um den Druck auf Russland zu erhöhen, damit Frieden erreicht werde.

Bundeskanzler Friedrich Merz sagte laut einer Mitteilung der Bundesregierung: «Jetzt braucht die Ukraine einen Friedensplan.» In der Mitteilung hiess es weiter, die europäischen Partner hätten Selenskyj zugesagt, ihre Unterstützung auszubauen, «um Russland zu ernsthaften Verhandlungen zu bewegen». So wolle man etwa den Druck durch Sanktionen erhöhen und eingefrorenes russisches Staatsvermögen nutzen.