Israel Ärzte ohne Grenzen: «Ärzte steigen über Leichen toter Kinder»

SDA

19.12.2023 - 17:36

Die Lage im Nasser-Krankenhauses in Chan Junis im südlichen Gazastreifen ist dramatisch. Foto: Mohammed Dahman/AP
Die Lage im Nasser-Krankenhauses in Chan Junis im südlichen Gazastreifen ist dramatisch. Foto: Mohammed Dahman/AP
Keystone

Auch in Krankenhäusern im Süden des Gazastreifens ist die grosse Zahl an Verletzten nach Darstellung der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) nicht mehr zu bewältigen. Die Notaufnahme im Nasser-Krankenhaus sei komplett überfüllt, teilte der MSF-Leiter im Gazastreifen, Chris Hook, am Dienstag mit. «Ärzte steigen über die Leichen toter Kinder, um andere Kinder zu behandeln, die sowieso sterben werden.» Zelte würden als Krankenabteilungen und als temporäre Kliniken genutzt. Jedes freie Gebäude würde mit Betten für Patienten gefüllt. «Die wenigen Glücklichen, die überleben, haben Verletzungen, die das Leben verändern», erklärte Hook.

Von den 36 Krankenhäusern im Gazastreifen sind nach UN-Angaben nur noch acht teilweise in Betrieb, die neue Patienten aufnehmen können. Nur noch eins dieser acht liegt der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge im nördlichen Gazastreifen.

Ärzte ohne Grenzen sprach von einer «totalen Belagerung» des Küstengebiets durch Israels Armee, die eine ärztliche Versorgung extrem schwierig gemacht habe. MSF sprach von einer «Politik der verbrannten Erde, die keinen sicheren Ort für Menschen lässt» angesichts «konstanter Angriffe» und Evakuierungen ganzer Wohnviertel. Die meisten Menschen würden in notdürftig gezimmerten Behausungen aus «ein paar Stücken Holz» und «Plastikfolien» leben und könnten kaum genug Wasser finden für ihre tägliche Hygiene.

Im Gazastreifen wurden nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde seit Kriegsbeginn fast 20 000 Menschen getötet, darunter Tausende Frauen und Kinder. Angesichts der vielen zivilen Opfer, der Vertreibung Hunderttausender und dem grossen Ausmass an Zerstörung in dem abgeriegelten Küstengebiet wächst international die Kritik am Vorgehen der israelischen Armee.

Israel wiederum argumentiert, sich mit den Angriffen gegen die Hamas zu verteidigen nach deren Überfall und dem beispiellosen Massaker vom 7. Oktober mit mehr als 1200 Toten. Die Armee soll nach Worten von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bis zum «vollständigen Sieg gegen die Hamas» kämpfen und bis alle aus Israel verschleppten Geiseln freikommen. Experten sind aber uneins darüber, ob Israel die Hamas samt ihrer Ideologie mit diesem Krieg komplett vernichten kann.