Trotz Mehrheit für TuskAmtierender Ministerpräsident soll neue Regierung in Polen bilden
dpa
7.11.2023 - 06:25
Parlamentswahl in Polen: Bleiben die Nationalkonservativen an der Macht?
STORY: Die Wahllokale in Polen sind geöffnet, so hier in der Hauptstadt Warschau. Das Land stimmt ab über die Zusammensetzung des neuen Parlaments. Als stärkste Kraft galt Umfragen zufolge zuletzt die Regierungspartei PiS von Ministerpräsident Mateusz Morawiecki. Der grösste Oppositionsblock, die liberale Bürgerkoalition kommt demnach auf 28 Prozent der Stimmen. Diesen Block führt die Bürgerplattform von Donald Tusk. Auch die Wahlberechtigten in Deutschland konnten am Sonntag ihrer Stimme abgegeben, so hier in Berlin. «Ich hoffe, dass wir morgen in einem demokratischen Polen aufwachen, dass die Opposition siegt und wir eine neue Regierung bekommen. Eine Regierung, die die Erwartungen und Hoffnungen all jener erfüllt, die die letzten acht Jahre damit verbracht haben.» Wir kämpfen für Demokratie, für die Rechte von Minderheiten und für die Rechte von Migranten.» «Polen ist gespalten: der Westen unterstützt die Opposition, der Osten die Regierungspartei. Ich hoffe, dass die Menschen wählen, und dass es zumindest eine Koalition geben wird. Das die Macht geteilt werden wird.» Die aktuelle nationalkonservative Regierung hat sich in den vergangenen Jahren immer wieder gegen den Einfluss der EU gewehrt. Beherrschendes Thema im Wahlkampf war die Migrationspolitik. Morawiecki wirft der EU vor, Polen dazu zu zwingen, illegal Eingewanderte aufzunehmen. Die liberale Oppostion unter Tusk kritisiert die PiS für ihren scharf konservativen Kurs.
16.10.2023
Präsident Duda beauftragt Amtsinhaber Morawiecki, obwohl der wenig Aussichten auf Erfolg hat. Die Opposition ist verärgert und wirft dem Staatsoberhaupt eine Verzögerungstaktik vor.
07.11.2023, 06:25
dpa
Der polnische Präsident Andrzej Duda hat am Montag den amtierenden Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt. Es wurde erwartet, dass Dudas Entscheidung die Bildung einer arbeitsfähigen Regierung verzögert, weil Morawiecki im neuen Parlament nicht mit einer Mehrheit für sein Kabinett rechnen kann. Der Präsident erklärte, dem Amtsinhaber solle dennoch eine Chance gegeben werden, weil seine PiS mehr Stimmen als jede andere Partei erhalten habe.
Bei der Parlamentswahl am 15. Oktober hatte die nationalkonservative Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) zwar die meisten Stimmen gewonnen, drei Oppositionsparteien können und wollen aber ohne sie eine Regierung bilden. Duda steht der derzeitigen Regierung nahe. Deshalb war bereits darüber spekuliert worden, dass er trotz der kaum vorhandenen Chancen auf eine mehrheitsfähige Regierung unter Führung der PiS zunächst Amtsinhaber Morawiecki den Regierungsauftrag erteilen könnte.
Er habe beschlossen, die parlamentarische Tradition fortzusetzen, nach der die siegreiche Partei als erste die Möglichkeit erhalte, eine Regierung zu bilden, sagte Duda in einer Fernsehansprache. Die Opposition kritisierte die Entscheidung und erklärte, sie schaffe politische Unsicherheit und verzögere die unvermeidliche Bildung einer Regierung unter dem Oppositionsführer, dem ehemaligen EU-Ratspräsidenten Donald Tusk, in einer Zeit der weltweiten Unruhe.
«Vorsätzliche Aktion zum Nachteil Polens»
«In einem schwierigen geopolitischen Moment beschert uns der Präsident weitere Wochen Chaos und schlechtes politisches Kabarett», sagte Grzegorz Schetyna von Tusks Partei Bürgerplattform. Eine andere Oppositionspolitikerin, Kamila Gasiuk-Pihowicz, sagte, Dudas Auftrag an Morawiecki sei eine «vorsätzliche Aktion zum Nachteil Polens und gegen den Willen der polnischen Nation». Morawiecki reagierte nicht umgehend. Er sagte jedoch nach der Wahl, er wolle versuchen, eine neue Regierung zu bilden.
Gemäss der polnischen Verfassung besteht der erste Schritt in der Regierungsbildung darin, dass der Präsident einen designierten Ministerpräsidenten auswählt und ihn mit der Bildung eines Kabinetts beauftragt, das dann vom Parlament bestätigt werden muss. Erst danach kann der Präsident den Regierungschef und die Minister offiziell ernennen. Wenn das Kabinett keine Zustimmung erhält, wird der Prozess mit einem anderen designierten Ministerpräsidenten wiederholt.
Im neuen Parlament, das am kommenden Montag zu seiner konstituierenden Sitzung zusammentritt, verfügt die PiS über 194 der 460 Stimmen. Sollte Morawiecki scheitern, sei es Sache des Parlaments, einen Ministerpräsidenten vorzuschlagen, und er werde diesen Kandidaten umgehend unterstützen, sagte Duda. In einem solchen Fall könnte es bis Mitte Dezember dauern, bis eine neue Regierung die Arbeit aufnehmen kann.