Erdogan-Besuch in Berlin «An Dummheit kaum zu überbieten»: Polizist nennt sich wie NSU-Mörder

dpa / tsch

28.9.2018

Spezialkräfte der sächsischen Polizei am Rande einer Demonstration. (Archivbild)
Spezialkräfte der sächsischen Polizei am Rande einer Demonstration. (Archivbild)
Bild: Keystone

Beim Besuch des türkischen Präsidenten in Deutschland trug sich ein Beamter mit dem Namen des NSU-Mitglieds Uwe Böhnhardt in die Dienstliste ein. 

Bei der Vergabe von Tarnnamen vor dem Einsatz beim Besuch des des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Berlin hat ein Beamter des sächsischen Landeskriminalamtes (LKA) den Namen des NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt benutzt.

Der Name sei bei einem Einsatz in einer Liste aufgetaucht, teilte das LKA in Dresden, der Hauptstadt des Bundeslandes Sachsen, am Freitag mit. Involviert ist laut Polizei auch ein zweiter Beamter, der ebenfalls vom Dienst suspendiert wurde. Die Sprecherin des Bundesinnenministeriums, Eleonore Petermann, sagte, das Ministerium habe davon aus der Presse erfahren.

Rufschädigend

Dies sei «ein Vorgang des Freistaates Sachsen, deshalb kann ich dazu nichts sagen». Die Betroffenen sollten laut LKA einen Aliasnamen wählen und damit ein Zutrittsdokument bekommen. Nähere Angaben machte das LKA zunächst nicht.

Petric Kleine, Präsident des sächsischen LKA, zeigte sich entsetzt: «Das Verhalten der Beamten ist vollständig inakzeptabel, im höchsten Masse verantwortungslos und an Dummheit kaum zu überbieten. Es ist geeignet, die ansonsten gute Arbeit und das Ansehen meiner Beamten und der gesamten sächsischen Polizei nachhaltig zu schädigen. Das ist nicht hinnehmbar.» Er entschuldigte sich auch bei den Angehörigen der NSU-Opfer.

Konvoi: Erdogans Fahrzeugkolonne in Berlin.
Konvoi: Erdogans Fahrzeugkolonne in Berlin.
Keystone

Gegen die Betroffenen sei ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden. Beide hätten eine erste Stellungnahme abgegeben, so das LKA. Bis auf weiteres dürften die Beamten nicht arbeiten. Ziel des Verfahrens sei die «Entfernung der Beamten aus dem Dienst».

Disziplinarverfahren eingeleitet

Die Polizei Sachsen nannte das Verhalten der Beamten auf Twitter «inakzeptabel, unmoralisch und unethisch». Disziplinarmassnahmen würden «sofort eingeleitet» werden. Die sächsische Polizei sorgte zuletzt immer wieder für negative Schlagzeilen. Im August hatte ein LKA-Mitarbeiter während einer Pegida-Demonstration lautstark gegen Aufnahmen von Journalisten protestiert.

Der «Nationalsozialistische Untergrund» (NSU) war 2011 aufgeflogen. Zuvor hatten Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe im Untergrund gelebt. Sie hatten neun Gewerbetreibende türkischer und griechischer Herkunft sowie eine Polizistin ermordet. Mundlos und Böhnhardt hatten sich nach einem gescheiterten Banküberfall selbst getötet.

Gemeinsam mit Beate Zschäpe und Uwe Mundlos gründete Uwe Böhnhardt den NSU.
Gemeinsam mit Beate Zschäpe und Uwe Mundlos gründete Uwe Böhnhardt den NSU.
BKA
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