Verdacht auf Falschaussage Österreichischer Ex-Kanzler Sebastian Kurz wird angeklagt

dpa/phi

18.8.2023 - 11:59

Hier sieht man Österrreichs Ex-Kanzler Sebastian Kurz bei einem Besuch in Belgrad.
Hier sieht man Österrreichs Ex-Kanzler Sebastian Kurz bei einem Besuch in Belgrad.
Darko Vojinovic/AP/dpa

Österreichs ehemaliger Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wird wegen des Verdachts der Falschaussage angeklagt. Das gab die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) heute in Wien bekannt.

Keystone-SDA, dpa/phi

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  • Der frühere österreichische Kanzler Sebastian Kurz wird wegen mutmasslicher Falschaussage angeklagt.
  • Es geht um Aussagen im Zusammenhang mit der Ibiza-Affäre.
  • Kurz hat verneint, einen Vertrauen auf den Chefposten einer Staatsholding gehievt zu haben.

Österreichs ehemaliger Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ist wegen des Verdachts der Falschaussage angeklagt worden. Das gab die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) heute in Wien bekannt. Bei der Anklage geht es um Aussagen des 36-Jährigen im Ibiza-Untersuchungsausschuss des österreichischen Parlaments.

Im Ausschuss hatte Kurz im Juni 2020 seine Rolle bei der Bestellung des Chefs der Staatsholding Öbag, Thomas Schmid, eher heruntergespielt. Er sei im Vorfeld über die Entscheidung informiert worden, habe aber nicht weiter mitgewirkt, so seine damalige Aussage.

Aufgrund von Chatnachrichten geht die Staatsanwaltschaft aber davon aus, dass der ehemalige Regierungschef sehr wohl intensiv in die Personalie eingebunden war. So hätten sich Kurz und Schmid spätestens ab Mitte 2017 regelmässig über das Thema ausgetauscht. Kurz hat die Vorwürfe stets vehement bestritten.

«Die Vorwürfe sind falsch und wir freuen uns darauf, wenn nun endlich die Wahrheit ans Licht kommt und sich die Anschuldigungen auch vor Gericht als haltlos herausstellen», schrieb Kurz auf der Plattform X (ehemals Twitter). Es sei für ihn und sein Team wenig überraschend, dass die Behörde trotz 30 entlastender Zeugenaussagen dennoch entschieden habe, einen Strafantrag zu stellen.

Auch in der Inseratenaffäre droht eine Anklage

Die WKStA ermittelte seit dem Frühjahr 2021 nach einer Anzeige von sozialdemokratischer SPÖ und liberalen NEOS gegen Kurz wegen des Verdachts der Falschaussage. Der Strafrahmen für das zur Last gelegte Delikt beträgt laut Behörde bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe.

Kurz hat möglicherweise auch noch in der sogenannten Inseratenaffäre eine Anklage vor sich. Dabei geht es um geschönte Umfragen und Regierungs-Inserate in Boulevard-Zeitungen, die mutmasslich mit Steuergeld bezahlt worden sein sollen. Gegen mehrere Personen wird wegen des Verdachts der Untreue, Bestechung und Bestechlichkeit ermittelt. Auch hier bestreitet Kurz die Vorwürfe.

Der ehemalige ÖVP-Chef, einst europaweit hochgehandelter Hoffnungsträger der Konservativen, stand zwei Mal an der Spitze einer Koalition in Österreich. Von 2017 bis 2019 führte Kurz ein Bündnis von ÖVP und rechter FPÖ an. Von 2020 bis 2021 war er Regierungschef einer Koalition aus ÖVP und Grünen.

Ibiza-Affäre als Ausgangspunkt

Angesichts der Vorwürfe trat er im Herbst 2021 zunächst von seinen Ämtern zurück. Im Dezember 2021 verkündete er seinen gänzlichen Abschied aus der Politik. Inzwischen ist er Unternehmer und Lobbyist. Anlass aller Ermittlungen war die Ibiza-Affäre. In einem auf der Ferien-Insel heimlich aufgenommenen Video hatte der damalige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache anfällig für Korruption gewirkt. Die Koalition aus ÖVP und FPÖ zerbrach 2019 an der Affäre.

Bei der Suche nach Anhaltspunkten für Vetternwirtschaft und Korruption zur Zeit der Regierung von Kurz spielte das Handy von Ex-Öbag-Chef Schmid eine zentrale Rolle. Mehr als 300'000 – von der Staatsanwaltschaft oft als belastend eingeschätzte – Chats waren eine Fundgrube für die Ermittler. Schmid selbst hat sich in der Affäre als Kronzeuge angeboten und Kurz, mit dem er ein enges Verhältnis pflegte, mehrfach belastet.

Wegen der Art des Delikts werde ein Einzelrichter über Kurz' Schicksal entscheiden. Gegen den Strafantrag, der in so einem Rahmen gestellt wird, kann Einspruch eingelegt werden. Für eine Verurteilung müsste dem Politiker Vorsatz nachgewiesen werden: Bei einem Schuldspruch drohe bis zu drei Jahre Haft.

Da Kurz keine Vorstrafen hat, gilt ein solches Verdikt aber als unwahrscheinlich. Die WKStA emittelt in dem Zusammenhang auch gegen den früheren Kabinettschef Bernhard Bonelli sowie gegen die einstige ÖVP-Vizechefin und Casinos-Managerin Bettina Glatz-Kremsner.