Ein Jahr nach Beginn der Demonstrationen in Hongkong hat die Protestbewegung zum weiteren Widerstand gegen die Regierung aufgerufen. Zudem prangert sie den Einfluss der kommunistischen Pekinger Führung an.
Die Organisatoren der Massenproteste appellierten am Dienstag an die sieben Millionen Hongkonger, insbesondere gegen das geplante Gesetz zum Schutz der nationalen Sicherheit anzugehen, das die Zentralregierung für die chinesische Sonderverwaltungsregion erlassen will. «Widersetzt Euch dem bösartigen Gesetz, kämpft bis zum Ende», heisst es in einer Erklärung der Civil Human Rights Front.
Heftige Kritik weltweit
Das Gesetz ist umstritten, weil es der bisher weitgehendste Eingriff in die Autonomie Hongkongs wäre. Es umgeht das Parlament der Metropole und richtet sich gegen Aktivitäten, die aus Pekinger Sicht subversiv sind oder auf eine Unabhängigkeit Hongkongs abzielen. Auch international stösst das Gesetz, das der Ständige Ausschuss des Volkskongresses noch diesen Monat erlassen könnte, auf heftige Kritik. Die USA haben Sanktionen angekündigt, indem Hongkong bislang gewährte Vorteile entzogen werden sollen.
Das Sicherheitsgesetz ist Pekings Reaktion auf die prodemokratische Bewegung in Hongkong, die sich am 9. Juni 2019 mit einem Massenprotest von Hunderttausenden gegen ein damals geplantes Auslieferungsgesetz neu formiert hatte. Es hätte die Auslieferung von Personen nach China ermöglicht, die von der – politisch nicht unabhängigen – chinesischen Justiz verdächtigt werden. Nach wochenlangen Protesten zog Hongkongs Regierung das Gesetzesvorhaben zurück. Doch dauerten die Demonstrationen Woche für Woche an. Erst der Ausbruch des Coronavirus dämmte die Aktionen ein.
Pekings langer Arm
Die Regierungen in Hongkong und Peking sollten alle Massnahmen zurückziehen, die fundamentale Rechte der Hongkonger bedrohten, forderte die internationale Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW). «Über das vergangene Jahr haben die Hongkonger ihre friedlichen Forderungen nach Freiheit und Autonomie deutlich gemacht», sagte HRW-Direktor Sophie Richardson. «Aber die Behörden in Peking und Hongkong zogen es vor, mit noch grösserer Repression und Gewalt zu reagieren.»
Die Demonstranten setzen sich für demokratische Mitsprache ein und protestieren gegen Polizeibrutalität und den langen Arm Pekings. Die ehemalige britische Kronkolonie wird seit der Rückgabe 1997 an China nach dem Grundsatz «ein Land, zwei Systeme» als eigenes Territorium autonom regiert. Die Hongkonger geniessen anders als die Menschen in der Volksrepublik viele Freiheiten und Rechte, um die sie jetzt aber zunehmend fürchten. Hongkongs Polizei untersagt gegenwärtig neue Proteste mit dem Hinweis auf das weiter geltende Verbot von Versammlungen von mehr als acht Personen wegen der Coronavirus-Pandemie.
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