Politik«Aus der Asche auferstanden» – China feiert Hongkongs Rückkehr
SDA
1.7.2022 - 10:08
Es war ein Jubiläum nach Pekings Geschmack: Ungestört von Demonstrationen zelebrierten Chinas Präsident Xi Jinping und seine Gefolgsleute am Freitag in Hongkong den 25. Jahrestag der Rückgabe der einstigen britischen Kronkolonie an China. Bereits das zweite Jahr in Folge marschierte die Ehrengarde bei der Fahnenzeremonie nicht nach britischer Art, sondern im Stechschritt chinesischer Soldaten. Hongkongs Demokratie-Bewegung hatte dagegen erneut nichts zu feiern.
1.7.2022 - 10:08
SDA
An einen Protestmarsch, wie früher am 1. Juli üblich, war nicht zu denken. Vor Versammlungen hatten die Behörden eindringlich gewarnt. Polizisten patrouillierten in grossen Teilen der Innenstadt.
Seit der Rückgabe an China am 1. Juli 1997 sollte Hongkong eigentlich unter dem Grundsatz «Ein Land, zwei Systeme» regiert werden. Auch bekamen die Hongkonger seinerzeit die Zusage, bis 2047 ein «hohes Mass an Autonomie» und viele politische Freiheiten geniessen zu können. Als Reaktion auf anhaltende Proteste gegen die Regierung führte Peking jedoch vor zwei Jahren ein strenges Sicherheitsgesetz in der Finanzmetropole ein und schlug die Demokratie-Bewegung nieder.
Wie zufrieden Xi Jinping mit dem Ergebnis ist, machte er bereits am Vortag kurz nach seiner Ankunft deutlich. Die Metropole habe «grosse Herausforderungen» gemeistert und sei «aus der Asche auferstanden», sagte der chinesische Staatschef bei seinem ersten Besuch seit fünf Jahren. Hongkong geniesse seit der Rückgabe an China «wahre Demokratie», führte der Präsident dann in einer weiteren Rede am Freitag aus, in der er sich auch hinter das Regierungssystem «Ein Land, zwei Systeme» stellte. Dieses müsse jedoch «korrekt» umgesetzt werden. Auch unterstrich der Präsident erneut, dass Hongkong ausschliesslich von «Patrioten» regiert werden könne.
Kritische Beobachter zeichnen ein anderes Bild der Lage. Seit dem Erlass des umstrittenen Sicherheitsgesetzes reden viele nur noch von «Ein Land, ein System». Hongkong habe in den vergangenen zwei Jahren «einen Schlag nach dem anderen» erlebt, sagte Katja Drinhausen vom China-Institut Merics in Berlin.
Verhaftungen von Aktivisten und Oppositionspolitikern, Wahlrechts- und Bildungsreformen und die Auflösung von liberalen Medien und zivilgesellschaftlichen Organisationen seien nur die wichtigsten Beispiele. «Peking sieht sich auf jeden Fall bestätigt in seinem eingeschlagenen Kurs und wird die Hongkonger Regierung bestärken, weitere repressive Massnahmen einzuleiten», meinte Drinhausen.
Noch vor drei Jahren hatten regelmässig Hunderttausende auf den Strasse protestiert. Bilder von gewaltsamen Auseinandersetzungen gingen um die Welt. «Jetzt ist zumindest oberflächlich Ruhe eingekehrt – und die chinesische Regierung will sicherstellen, dass dies auch so bleibt», sagte Drinhausen.
Kritisch äusserte sich auch Renata Alt (FDP), Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe. «25 Jahre nach der Übergabe von Hongkong an das kommunistische China zeigt sich, wie brutal die Freiheiten und Menschenrechte der Bewohner von Hongkong verraten wurden», sagte Alt. Es sei bitter zu sehen, wie die einst demokratisch regierte, lebendige Stadt jetzt unter autoritärer Kontrolle aus Peking ersticke. Pro-demokratischen Aktivisten müsse Asyl in der EU angeboten werden, forderte Alt.
Perfekt in Xi Jinpings Bild eines stabilen Hongkong passt John Lee, den er am Freitag als neuen Regierungschef vereidigte. Der ehemalige Sicherheitschef der Stadt gilt als treuer Gefolgsmann Pekings. Das Sicherheitsgesetz sowie «Verbesserungen» im Wahlsystem hätten Hongkong «vom Chaos zum Wohlstand» gebracht, sagte Lee in seiner Antrittsrede. Er gelobte, die Integration der Stadt mit Festlandchina weiter voranzubringen.
Düster ist die Stimmung nicht nur bei Hongkongs Demokratie-Bewegung. Auch für viele Unternehmen ist die Metropole nicht mehr das, was sie einmal war. So klagen ausländische Handelskammern über die Corona-Massnahmen, die ähnlich strikt sind wie auf dem chinesischen Festland.
Ohne langwierige Hotel-Quarantäne sind Reisen in die einst freiste Wirtschaftsmetropole der Welt nicht mehr möglich. Auch kommen Hongkonger nicht ohne Quarantäne auf das chinesische Festland. Zumindest für Präsident Xi Jinping galten diese Regeln nicht. Um ihn und seine Frau Peng Liyuan während der Feierlichkeiten vor dem Virus zu schützen, mussten sich stattdessen die rund 3000 Hongkonger Gäste vorher isolieren.
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