Krise in BelarusErneut rund 600 Festnahmen nach Protesten
SDA/jka
27.10.2020 - 13:11
Bei Dauereinsätzen gegen die Gegner von Machthaber Alexander Lukaschenko hat die Polizei in Belarus weitere rund 600 Menschen in Gewahrsam genommen. Trotzdem ziehen Tausende wieder durch die Strassen in Minsk.
In der weissrussischen Hauptstadt Minsk hatten am Montag vor allem Senioren und Studierende für einen Rücktritt von Präsident Alexander Lukaschenkos demonstriert. Bei den nicht genehmigten Kundgebungen habe es 581 Festnahmen gegeben, davon allein 486 in Minsk, teilte das Innenministerium mit.
Auch am Dienstag gab es wieder Proteste und Festnahmen. Lukaschenko sagte, dass die Proteste «terroristische Züge» annähmen.
«Wir fangen an, es mit terroristischen Bedrohungen zu tun zu bekommen», sagte der 66-Jährige der Staatsagentur Belta zufolge bei einer Sitzung in Minsk. Er warf seinen Gegnern vor, sich zunehmend zu radikalisieren und «rote Linien» zu überschreiten. Konkret bezog er sich auf angebliche gezielte Störungen des Eisenbahnnetzes in Belarus. «Das sind Handlungen organisierter Verbrecherbanden mit dem Anzeichen des Terrorismus.»
Das auch in Belarus verbreitete russische Staatsfernsehen unterlegte einen Bericht über die angebliche Radikalisierung der Demonstranten mit Bildern aus dem Kriegsgebiet Berg-Karabach im Südkaukasus. Dagegen betonen die Gegner Lukaschenkos immer den friedlichen Charakter der Proteste.
Mit Blick auf die Studentenproteste sagte Lukaschenko, dass die jungen Männer und Frauen das Recht auf Ausbildung verwirkt hätten. «Schickt sie bitte zum Militär, oder setzt sie einfach auf die Strasse», sagte der 66-Jährige, der von Kritikern als «letzter Diktator Europas» bezeichnet wird.
Seit der umstrittenen Präsidentenwahl am 9. August kommt es in der Ex-Sowjetrepublik zu Protesten, weil sich Lukaschenko nach 26 Jahren an der Macht mit rund 80 Prozent der Stimmen zum Sieger erklären liess. Die Demokratiebewegung beansprucht den Sieg für die Bürgerrechtlerin Swetlana Tichanowskaja. Die EU unterstützt Lukaschenkos Gegner und erkennt ihn nicht mehr als Präsidenten an. Unterstützung erhält Lukaschenko hingegen aus Russland.