Verwirrung um InterviewBloggerin aus Spital in Mariupol bestreitet russischen Luftangriff
dpa
3.4.2022 - 13:16
Marianna Wischegirskaja war eine der Schwangeren, die bei dem Luftangriff auf die Geburtsklinik in Mariupol dabei waren. In einem neuen Interview sagt sie nun, es habe keinen Luftangriff gegeben.
03.04.2022, 13:16
03.04.2022, 13:51
dpa/uri
Ein ukrainische Beauty-Bloggerin ist in einem neuem Video mit Fehlinformationen über den Angriff auf die zerbombte Geburtsklinik in Mariupol aufgetaucht. Ein mit der russischen Regierung verbundener Twitter-Account teilte am Freitag ein Interview mit Marianna Wischegirskaja, die Mitte März von Russland beschuldigt wurde, eine Krisendarstellerin zu sein. Zuvor hatte Wischegirskaja Reportern der Nachrichtenagentur AP in dem Spital ein Interview gegeben.
In dem neuen Video sagt die frischgebackene Mutter, dass das Spital nicht von einem Luftangriff getroffen worden sei und dass sie den AP-Journalisten gesagt habe, sie wolle nicht gefilmt werden. Die Berichterstattung der AP und die Aufnahmen der Interaktionen von ihr mit den Reportern widersprechen dieser Behauptung.
Das Interview wurde von dem russischen Blogger Denis Seleznew geführt und von Kristina Melnikowa gefilmt. Wischegirskaja wurde darin gebeten, die Ereignisse in dem Spital am 9. März, dem Tag des Bombenanschlags zu beschreiben. Diejenigen, die nach dem Angriff im Keller der Klinik zusammengekauert waren, hätten geglaubt, die Explosionen seien durch Beschuss und nicht durch einen Luftangriff verursacht worden, weil niemand Geräusche hörte, die auf einen Bombenabwurf hindeuteten, sagte sie daraufhin.
Augenzeugenberichte und Videoaufnahmen von AP-Journalisten in Mariupol deuten jedoch auf einen Luftangriff hin, darunter das Geräusch eines Flugzeugs vor der Explosion, ein Krater vor dem Spital, der mindestens zwei Stockwerke tief war, und Interviews mit einem Polizisten und einem Soldaten am Tatort, die beide den Angriff als «Luftangriff» bezeichneten.
Es war nicht klar, wo sich Wischegirskaja befand und unter welchen Bedingungen das neue Interview geführt wurde. Russland hat wiederholt versucht, den Angriff in Mariupol, einem wichtigen militärischen Ziel Moskaus, in Zweifel zu ziehen, seit die Bilder weltweit zu sehen waren und ein Licht auf Russlands Angriffe auf Zivilisten in der Ukraine warfen.
Mariupol: «Hier kann ich nirgendwo leben»
Die 70-jährige Valentina aus Mariupol zeigt Journalisten ihre Wohnung. Oder das, was davon noch übrig ist, nachdem russische Geschosse hier eine Schneise der Verwüstung hinterlassen haben. In den Tagen und Nächten zuvor hatte sich Valentina in einem Keller versteckt. Angesichts der grossen Zerstörung um sie herum ist sie nur noch verzweifelt: «Ich habe hier seit meiner Geburt gelebt, mein Mann auch. Wir haben hier geheiratet und Kinder bekommen. Und jetzt? Was bleibt für uns? Ich möchte nicht aus Mariupol weggehen, aber hier kann ich nirgendwo leben.» Seit dem Beginn der Belagerung der Stadt sind einem Sprecher des Bürgermeisters zufolge 5000 Menschen ums Leben gekommen. Wie die Zahl berechnet wurde, wird nicht mitgeteilt. Alexander ist noch am Leben. Und berichtet von dramatischen Momenten: «Wir hatten Glück. Die Unerfahrenen rannten in den Keller. Ich bin in meine Wohnung gerannt – meine Fenster dort sind von Kugeln und Granatsplittern zerbrochen. Ich rannte hin und zurück, je nachdem, wohin sie schossen. Es war ein grosses Durcheinander. Aber wir haben überlebt, sehen Sie, überlebt. Gott sei Dank. Lebendig. Auch für meine Tochter – dein Vater lebt.» Trotz dieser Bilder gab es am Montag auch einige Berichte über Erfolge der ukrainischen Armee. Nach Aussage eines Sprechers des US-Verteidigungsministeriums sollen ukrainische Truppen den Ort Trostjanets südlich von Sumy zurückerobert haben. Und die Stadt Irpin bei Kiew ist ihrem Bürgermeister zufolge wieder komplett in ukrainischer Hand. Diese Angaben können nicht von unabhängiger Seite überprüft werden.
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