Landtagswahl CDU triumphiert in Schleswig-Holstein – Fiasko für SPD

Von Wolfgang Schmidt und André Klohn, dpa

9.5.2022 - 05:00

Nach einer Serie von Wahlniederlagen in Bund und Ländern triumphiert die CDU in Schleswig-Holstein – insbesondere dank des Ministerpräsidenten. Mit wem wird Daniel Günther künftig regieren? Künftig reicht ihm ein einziger Partner.

DPA, Von Wolfgang Schmidt und André Klohn, dpa

Triumph für die Union, Fiasko für die SPD: Bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein hat die CDU von Ministerpräsident Daniel Günther haushoch gewonnen. Dem vorläufigen Ergebnis nach Auszählung aller Wahlkreise zufolge landeten die Christdemokraten am Sonntag mit mehr als 40 Prozent weit vor allen anderen Parteien. Günther kann sich aussuchen, mit wem er nach fünf Jahren Jamaika-Koalition weiterregieren wird. Künftig reicht ihm ein einziger Partner. Die Wahl fällt wohl zwischen den bisherigen Koalitionspartnern Grünen und FDP.

Die SPD stürzte auf ein für Schleswig-Holstein historisch schlechtes Ergebnis von unter 20 Prozent und bleibt in der Opposition. Sie verlor zudem den Platz als zweitstärkste Partei an die Grünen. Sicher im Landtag ist auch der Südschleswigsche Wählerverband (SSW), die Partei der dänischen Minderheit. Die AfD scheiterte dagegen an der Fünf-Prozent-Hürde und flog als erster Landesverband in Deutschland aus einem Landesparlament wieder hinaus.

Günther sprach vor jubelnden Anhängern von einem «enormen Vertrauensbeweis» und einer «enormen Unterstützung», «auch für mich persönlich». Der 48-Jährige kündigte an, in den nächsten Tagen Gespräche mit beiden bisherigen Koalitionspartnern zu führen. «Ich habe vor der Wahl gesagt, dass ich am liebsten in Jamaika weiterregiere. Und deswegen ist es für mich auch vollkommen klar, dass ich auch nach der Wahl jetzt klar sage, dass ich mit Grünen und der FDP Gespräche führen werde.»

Schleswig-Holstein, Kiel: Daniel Günther (CDU), Ministerpräsident von Schleswig-Holstein und Spitzenkandidat seiner Partei, steht bei der Wahlparty mit einem alkoholfreien Bier auf der Bühne. (8. Mai 2022)
Schleswig-Holstein, Kiel: Daniel Günther (CDU), Ministerpräsident von Schleswig-Holstein und Spitzenkandidat seiner Partei, steht bei der Wahlparty mit einem alkoholfreien Bier auf der Bühne. (8. Mai 2022)
Bild: Keystone/DPA/Christian Charisius

Alte Dreierkoalition unwahrscheinlich

Die Wiederauflage der alten Dreierkoalition gilt jedoch als unwahrscheinlich. Sowohl Grüne als auch FDP machten deutlich, dass sie auch für ein Zweierbündnis zur Verfügung stünden. Die Wahlbeteiligung lag den Angaben zufolge mit 60,4 Prozent etwas niedriger als 2017 mit 64,2 Prozent.

Die Wahl im nördlichsten Bundesland hat Strahlkraft weit über Schleswig-Holstein hinaus. Für die CDU bedeutete dies nach einer Serie von Niederlagen im Bund und mehreren Ländern – zuletzt im Saarland – erstmals wieder einen Erfolg. Wichtiger noch wird allerdings die Landtagswahl im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen am nächsten Sonntag. Die NRW-Wahl wird gern auch «kleine Bundestagswahl» genannt.

Dem vorläufigen Ergebnis nach Auszählung aller Wahlkreise zufolge kam die CDU auf 43,4 Prozent – ein riesiges Plus gegenüber der Wahl 2017 mit 32,0 Prozent. Ihre bisherigen Koalitionspartner Grüne und FDP lagen bei 18,3 (2017: 12,9) beziehungsweise 6,4 (2017: 11,5) Prozent. Die SPD unter dem wenig bekannten Spitzenkandidaten Thomas Losse-Müller musste mit nur noch 16,0 Prozent dramatische Verluste hinnehmen (2017: 27,3). Der SSW holte 5,7 Prozent (2017: 3,3). Die AfD landete bei 4,4 Prozent (2017: 5,9). Die Linke schnitt mit 1,7 noch deutlich schlechter ab.

Wahl-Drama der SPD

Im Landtag von Kiel wird die CDU künftig über 34 der 69 Mandate verfügen. Die Grünen kommen auf 14 Abgeordnete, die SPD auf 12, die FDP auf 5 und der SSW auf 4. Damit wären für die CDU theoretisch Zweierbündnisse mit allen anderen Parteien im Landtag möglich.

Das Wahl-Drama der SPD zeigte sich auch bei ihrer Landes- und Fraktionsvorsitzenden Serpil Midyatli, die eine bittere persönliche Niederlage hinnehmen musste. Die 46-jährige SPD-Bundesvize unterlag in ihrem Wahlkreis Kiel-Ost im Kampf um ein Direktmandat der landesweit unbekannten CDU-Politikerin Seyran Papo (34). Der Wahlkreis galt über Jahrzehnte als der landesweit sicherste für die SPD überhaupt. Auch Spitzenkandidat Losse-Müller hatte in Eckernförde das Nachsehen: Er verlor gegen Ministerpräsident Günther.

Für Günther ist das Ergebnis auch ein grosser persönlicher Erfolg. Er ist bundesweit schon länger einer der Ministerpräsidenten mit den höchsten Beliebtheitswerten. Mit dem jetzigen Triumph gehört er endgültig auch zu den Anwärtern auf die nächste Kanzlerkandidatur der Union. Ausgerechnet Günther, der in der Union nie eine grosse Unterstützung für Friedrich Merz war, bescherte dem neuen CDU-Bundesvorsitzenden nun den ersten Erfolg.

Stimmungstest für Kanzler

Die CDU hofft, dass ihr das Ergebnis aus Schleswig-Holstein Rückenwind für die NRW-Wahl verschafft. Dort liegt sie mit der SPD in den Umfragen in etwa gleichauf. Die Sozialdemokraten mit Spitzenkandidat Thomas Kutschaty hoffen darauf, CDU-Ministerpräsident Hendrik Wüst ablösen zu können. Siebeneinhalb Monate nach der Bundestagswahl gilt die Wahl auch als erster grosser Stimmungstest für den deutschen Kanzler Olaf Scholz (SPD).

Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) machte deutlich, dass die Grünen in seinem Heimatland in der Regierung bleiben wollen. «Die Leute wollen Daniel Günther als Ministerpräsident und die Grünen in der Regierung», sagte Habeck dem TV-Sender Welt. Schleswig-Holstein solle weiter ein modernes, weltoffenes und «ökologisches Vorreiter-Land» sein. Finanzminister Christian Lindner (FDP) verwies darauf, dass es in Kiel nun eine «bürgerliche Mehrheit der Mitte von Union und FDP» gebe. Er sprach von einer «Günther-Wahl» und fügte mit Blick auf die NRW-Wahl hinzu: «Hendrik Wüst ist nicht Daniel Günther, und deswegen kommt es umso mehr nächste Woche auf die FDP an.»

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sagte: «Nächste Woche steht Nordrhein-Westfalen an. Dort gibt es keinen beliebten Amtsinhaber, sondern ein komplett offenes Rennen zwischen CDU und SPD.» AfD-Bundessprecher Tino Chrupalla sagte der Deutschen Presse-Agentur, sicherlich hätte sich die Partei ein besseres Ergebnis gewünscht.