12-Punkte-Plan «China sieht sich selber als Weltmacht, will sich aber aus allem raushalten»

Von Alex Rudolf

24.2.2023

Steinmeier: Konstruktive Rolle Chinas für Ende des Ukraine-Kriegs «fraglich»

Steinmeier: Konstruktive Rolle Chinas für Ende des Ukraine-Kriegs «fraglich»

Steinmeier: Konstruktive Rolle Chinas für Ende des Ukraine-Kriegs «fraglich»

24.02.2023

China unterbreitet einen 12-Punkte-Plan, der zu Frieden in der Ukraine führen soll. China-Experte Sven Hauberg sagt, das Dokument habe nichts mit einem Plan zu tun.

Von Alex Rudolf

24.2.2023

Während das chinesische Aussenministerium einen vermeintlichen Friedensplan für den Angriffskrieg in der Ukraine unterbreitet, machen Gerüchte die Runde, wonach China Russland mit Kamikaze-Drohnen versorgen soll. Was ist da dran? blue News fragt China-Experte Sven Hauberg.

Herr Hauberg, bislang vermied es China tunlichst, klare Positionen für oder gegen eine Kriegspartei zu beziehen. Hat sich das mit dem Friedensplan geändert?
Da hat sich nichts geändert. Sämtliche Positionen, die in diesem 12-Punkte-Plan vertreten sind, vertritt China schon seit zwölf Monaten – manche sogar seit Jahrzehnten. Beispielsweise, dass die Souveränität aller Länder respektiert werden muss. Dabei handelt es sich um ein Grundprinzip der chinesischen Aussenpolitik. Der Begriff «Friedensplan» ist irreführend.

Warum?
Es ist kein Plan, nur eine Aufzählung von Positionen, die China vertritt. Ein Plan würde Schritte aufzeigen, die es zu tun gilt, um an ein Ziel zu gelangen. Dem Plan Chinas fehlen aber konkrete Handlungsanweisungen.

Auch dass Russland der Aggressor ist, geht daraus nicht hervor.
Genau. Die Vereinten Nationen verabschiedeten am Donnerstag eine Resolution, in der steht, dass sich Russland sofort und bedingungslos aus der Ukraine zurückziehen solle. China enthielt sich dabei und verweist im 12-Punkte-Plan darauf, dass beide Seiten Feindseligkeiten einstellen sollen. China unterscheidet nicht zwischen Aggressor und Angegriffenem.

Zur Person

Sven Hauberg ist Sinologe und Journalist. Er schreibt für IPPEN.MEDIA (u.a. Frankfurter Rundschau und Münchner Merkur) über Politik und Wirtschaft Chinas.

Was beabsichtigt China mit diesem Plan?
Peking will sich als verantwortungsvoller Akteur präsentieren. Bis 2049 – zum 100-jährigen Bestehen der Volksrepublik – hat es sich China zum Ziel gemacht, zur Weltmacht aufzusteigen. Seitdem Putins Truppen die Ukraine angreifen, wird aber eine Diskrepanz ersichtlich. China sieht sich selber als Weltmacht, will sich aber aus allem raushalten. China muss verstehen: Mit zunehmender Macht geht eine grössere Verantwortung einher.

Welche Rolle spielt der Krieg in der Ukraine innenpolitisch?
In China wird immer wieder betont, dass die Ukraine weit weg ist – das stimmt ja auch. Das Positionen-Papier lässt sich gegen innen sehr gut verkaufen. China stellt sich als vermittelnde, vernünftige Grossmacht dar, während die USA und die Nato-Länder vermeintlich Öl ins Feuer giessen, weil sie Waffen an die Ukraine liefern.

Wie schätzen Sie das Gerücht ein, wonach China Russland mit Kamikaze-Drohnen beliefern soll?
Ganz schwer zu sagen. Dass die Vorwürfe aus der Luft gegriffen sind, denke ich nicht. Noch müssen die USA aber Beweise für die von Aussenminister Anthony Blinken gemachten Anschuldigungen liefern, dass China «tödliche Unterstützung» für Russland in Erwägung zieht. Dass die obersten Stellen Chinas Russland aktiv Angebote gemacht haben, ist aber schwer vorstellbar. Viel eher würde die chinesische Regierung solche Geschäfte tolerieren, als sie zu forcieren.

China und die USA geraten immer wieder aneinander. Pelosis Taiwan-Besuch beispielsweise wurde scharf kritisiert. Gibt es einen Zusammenhang?
China betont immer wieder, dass es zwischen dem Krieg in der Ukraine und den Spannungen mit Taiwan keinen Zusammenhang gibt. Es handle sich um ein westliches Konstrukt, dass da geschaffen werde. Und tatsächlich fehlen faktische Verbindungen, es handelt sich um zwei gänzlich unterschiedliche Konflikte. Fakt ist aber auch: Im vergangenen Jahr hat der Westen gesehen, dass es 2022 noch immer möglich ist, dass ein Land ein anderes überfällt – der seit Jahrzehnten schwelende Konflikt mit Taiwan geriet daher in den Fokus der Öffentlichkeit. Und China hat mehrfach deutlich gemacht, dass es nie auf die Anwendung von Gewalt verzichten würde, um Taiwan mit der Volksrepublik zu vereinen.