Popcorn-Verbot in den Kinos Corona-Bekämpfung auf Französisch

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2.1.2022 - 13:58

Eine Frau sondiert das Programm eines Pariser Kinos.
Eine Frau sondiert das Programm eines Pariser Kinos.
Thibault Camus/AP/dpa

Ein Kinobesuch ohne Griff in den Popcorn-Becher? Auf Filmfans in Frankreich kommen wegen eines Verzehrverbots bis auf weiteres harte Zeiten zu. Mancher Kinobesitzer rechnet sich deshalb aber auch Chancen aus.

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Kein genussvolles Mampfen mehr in französischen Kinos, kein Schlürfen und kein geräuschvoller Griff in den Popcorn-Becher: Im verzweifelten Kampf gegen einen drastischen Anstieg der Corona-Infektionszahlen darf künftig in den Kinos nicht mehr gegessen oder getrunken werden. Und das zu einem Zeitpunkt, da die Filmtheater erste Zeichen einer wirtschaftlichen Erholung von den pandemiebedingten Lockdowns vergangener Monate zeigten.

Die neuen Bestimmungen treten am Montag in Kraft, nach den Feiern zum neuen Jahr. Popcorn-Maschinen bleiben damit gezwungenermassen ausser Betrieb, der Verkauf von Eiscreme wird bis auf weiteres eingestellt. Das zunächst für mindestens drei Wochen geltende Verzehrverbot betrifft auch Theater, Sportstätten und öffentliche Verkehrsmittel.

Für Kinobesitzer, die gehofft hatten, Filmfreunde mit Süssigkeiten und Softdrinks vom heimischen Bildschirm wieder vor die grosse Leinwand locken zu können, ist das ein herber Rückschlag. In den acht Monaten seit ihrer Wiedereröffnung 2021 verkauften Kinos in Frankreich 96 Millionen Karten, ein Plus von 47 Prozent gegenüber 2020. Aber die Zahl der verkauften Karten liegt noch immer um 55 Prozent niedriger als 2019, vor der Pandemie, wie das Nationale Zentrum für Film und Bewegtbilder am Donnerstag bekanntgab.

Notbremse im Hochgeschwindigkeitszug

Das Unternehmen Benoit Ciné Distribution, das 70 Prozent der französischen Kinos mit Popcorn, Süssigkeiten und Getränken beliefert, wurde für das letzte Wochenende vor dem Verbot sowohl mit Auftragsverschiebungen als auch Lieferanfragen von Kinos überhäuft. Viele Lichtspielhäuser hatten sich angesichts von Blockbustern wie «Spider-Man: No Way Home» oder «Matrix Resurrections» gute Umsätze ausgerechnet. «Es ist, als ob man im Hochgeschwindigkeitszug die Notbremse ziehen soll», sagte Vincent Meyer, ein Direktor von Benoit.

Die Regierung hofft, dass ihre jüngsten Massnahmen auch die hochansteckende Omikron-Variante des Coronavirus ausbremsen, ohne die wirtschaftliche Erholung des Landes aufs Spiel zu setzen. Schliesslich stehen im April Präsidentschaftswahlen an, und Amtsinhaber Emmanuel Macron möchte wiedergewählt werden.



123'000 Corona-Tote

Zu den verhängten Massnahmen zählt auch eine neuerliche Begrenzung von Versammlungen an öffentlichen Orten auf nicht mehr als 2000 Menschen in Innenräumen und 5000 im Freien. Für Wahlkampfveranstaltungen gilt das allerdings nicht, was manche Musiker erzürnt, die nicht mehr vor stehendem Publikum auftreten dürfen. Manche schlugen – nur halb im Scherz – deshalb vor, ihre Konzerte als politische Kundgebung umzudeklarieren.

In Frankreich sind bereits mehr als 123'000 Menschen in Verbindung mit dem Coronavirus gestorben. Die Zahl der Neuinfektionen war zuletzt höher als je zuvor, und die Krankenhäuser sind erneut mit schwerkranken Patienten überlastet. Viele Gesundheitsexperten hatten strengere Massnahmen als die nun verhängten gefordert, wie etwa die erneute Schliessung von Schulen und Geschäften. Am Donnerstag meldeten die Behörden weitere 206'243 Corona-Infektionen, nur knapp unter der Rekordzahl vom Mittwoch mit 208'000 Fällen.

Michel Enten, Manager des Kinos Le Fontenelle in Marly-le-Roi westlich von Paris, war erleichtert, dass sein Haus zumindest geöffnet bleiben darf, auch wenn er nun keine Zuckerwatte, kein Popcorn oder andere Leckereien verkaufen darf. Er habe während der Pandemie etwa die Hälfte seiner Kundschaft verloren, sagt er. Das Verzehrverbot treffe grosse Kinos vermutlich besonders hart und könnte kleineren Arthäusern wie dem seinen vielleicht sogar helfen, Filmfans wieder anzuziehen, vermutet er.

Popcorn-Hasser als Neukunden?

«Es gibt eine Menge Leute, die das Geräusch von Popcorn im Kinosaal hassen», sagt Enten. «Vielleicht können wir neue Kinofans für uns einnehmen, Leute, die Netflix geschaut haben und sich sagen: «Jetzt gibt es kein Popcorn mehr, lass uns ins Kino eilen».»

Kinogänger haben Verständnis für die neuen Massnahmen geäussert. Manche sehen allerdings keine Logik darin, solange Restaurants weiterhin Essen und Getränke servieren dürfen. «Es wird merkwürdig sein, ins Kino zu gehen und auf all diese kleinen Momente zu verzichten», sagt Vincent Bourdais, während er in Marly-le-Roi für eine Karte für «Spiderman» ansteht. «Wenn man ans Kino denkt, denkt man oft an den Saal, die schönen Plakate, das Popcorn, die Gerüche.»