Hitzige Feuilleton-Diskussion Darf man mit Trump reden?

Philipp Dahm

24.4.2025

Bill Maher ist links gross und rechts klein zu sehen, als er am 31. März mit Kid Rock und weiteren Gästen mit Donald Trump zu Abend isst.
Bill Maher ist links gross und rechts klein zu sehen, als er am 31. März mit Kid Rock und weiteren Gästen mit Donald Trump zu Abend isst.
YouTube/Real Time with Bill Maher

Late-Night-Host und Demokrat Bill Maher hat sich von Donald Trump zum Essen einladen lassen – und in seiner Show darüber gesprochen. Nun ist eine hitzige Diskussion über das Treffen entbrannt, die ein Hitler-Vergleich weiter anheizt.

Philipp Dahm

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Moderator Bill Maher, der als Demokrat gilt, hat am 31. März Donald Trump zum Abendessen getroffen.
  • Am 11. April thematisiert Maher das Gespräch in seiner Show, und redet positiv wie negativ über Trump.
  • Das Treffen stösst bei der Linken auf Kritik und hat eine Diskussion darüber ausgelöst, wie man mit politischen Gegnern umgeht.
  • Ein Hitler-Vergleich von Comedian Larry David in der «New York Times» heizt den Streit weiter an.

«Ich bin im Prinzip immer noch der Old-School-Liberale, der ich immer war», sagt Bill Maher im Podcast des Journalisten Chris Cuomo. Der Titel des Gesprächs – «Bill Maher erklärt, warum, er mit Donald Trump zu Abend essen wird» – zeigt jedoch, dass der 69-Jährige kein klassischer Linker ist.

Seine Ankündigung, dass ausgerechnet der schillernde Musiker Kid Rock ein Treffen mit dem US-Präsidenten arrangiert hat, macht in den USA Schlagzeilen: «Niemand war härter gegenüber Trump. Ich habe das Gefühl, ich habe die Legitimation. Aber sie respektieren mich auch, weil ich ehrlich bin, was die Woke-Bahn nach Crazy-Town angeht.»

Das ist tatsächlich ein Markenzeichen Mahers: Einerseits kritisiert er die «Woke-Revolution» scharf. Auf der anderen Seite zeigt er mit dem Finger auf die Republikaner, die Trump «den A**** küssen». «Zunächst mal ist es eine Ehre, ins Weisse Haus eingeladen zu werden», erklärt Maher und räumt ein, dass ihn das beeindruckt.

Die «Struktur dieses Abendessens» sei: «Lass uns von Angesicht zu Angesicht reden». Dabei werde er wahrscheinlich wenig erreichen. «Aber man muss es versuchen.» Am 31. März ist es dann so weit – und am 11. April erzählt der Moderator erzählt in seiner Show «Real Time with Bill Maher» von seinem Abendessen mit dem Präsidenten.

«Ich habe ihn noch nie öffentlich lachen sehen»

Er stehe für die Leute in der politischen Mitte, die eine Alternative dazu suchen würden, einander bloss dauernd zu hassen. «Man trifft sich persönlich. Vielleicht wird es anders sein. Spoiler-Alarm: So war es.» Und er höre schon seine Gegner sagen: «Oh mein Gott, Bill! Wirst du etwas Nettes über ihn sagen?» 

«Low life»: Mahers Team hat 60 Beleidigungen herausgesucht, die Trump über seinen Boss gebracht hat. Die Liste hat der US-Präsident beim Treffen unterschrieben.
«Low life»: Mahers Team hat 60 Beleidigungen herausgesucht, die Trump über seinen Boss gebracht hat. Die Liste hat der US-Präsident beim Treffen unterschrieben.
YouTube/Real Time with Bill Maher

Noch am Vorabend habe Trump auf Truth Social geschrieben, dass er die Idee eines Treffens mit Maher nicht so gut fände, doch am nächsten Tag habe er einen anderen Präsidenten vorgefunden, berichtet der Late-Night-Host. «Er lacht. Ich habe ihn noch nie öffentlich lachen sehen, aber er tut es», sagt Maher. «Auch über sich selbst.»

Zugänglich sei Trump gewesen. Bei einer Tour durchs «erstaunliche» Weisse Haus habe er im Zusammenhang mit der Wahl 2020 sogar von «verloren» gesprochen. «Er ist viel bewusster, als er in der Öffentlichkeit zeigt.» Der private Trump sei anders als der Politiker Trump: «Alles, was ich an ihm nicht gemocht habe, war an diesem Abend nicht da.»

«Ich weiss: Das haut sie um. Mich auch»

Oft habe der 78-Jährige gefragt: «Was denken Sie darüber?» Maher kommentiert: «Ich weiss: Das haut sie um. Mich auch.» Der Moderator habe beim Essen gescherzt, widersprochen und kritisiert – alles kein Problem. Und es gebe Punkte, in denen Maher Trump zustimme.

«Amazing»: Bill Maher war vom Weissen Haus beeindruckt.
«Amazing»: Bill Maher war vom Weissen Haus beeindruckt.
YouTube/Real Time with Bill Maher

«Die Botschaft in Israel nach Jerusalem verlegen? Hab's geliebt», zählt Maher auf. «Die Grenze brauchte Kontrolle. Ich bin froh, dass die Polizei wieder ein gutes Betriebsklima bekommt. [Diversität] ist zu weit gegangen. Biologische Männer sollten nicht am Frauen-Sport teilnehmen.»

Maher fährt fort: «Europa sollte für seine Verteidigung bezahlen. Und es macht natürlich Sinn, dass arabische Länder arabische Geflüchtete aufnimmt – wie die Millionen von Syrer, die in Deutschland landen, während Saudi-Arabien keinen genommen hat.»

«Es war nicht so besch****, wie ich angenommen habe»

Trump habe zum letzten Punkt gesagt: «Richtig, sie haben keinen genommen.» Maher habe geantwortet: «Nun, sie sollten ihren boyfriend  in Saudi-Arabien daran erinnern, wenn Sie ihn das nächste Mal sehen.» Und Trump? Habe gelacht.

«Ich hatte nie das Gefühl, dass ich in seiner Anwesenheit auf Eierschalen laufen müsste», sagt Maher. Er habe für Hillary Clinton und Baracke Obama gestimmt, könne sich aber nicht vorstellen, ihnen gegenüber ebenso entspannt sein zu können wie beim jetzigen Präsidenten.

Kaum zu Hause, habe er Trump im TV gesehen, der dann wieder ein ganz anderer gewesen sei. «Ein Verrückter wohnt nicht im Weissen Haus. Eine Person, die oft einen Verrückten im Fernsehen spielt, wohnt im Weissen, was besch***** ist. Aber es war nicht so besch****, wie ich angenommen habe.»

«Bill Maher fällt auf Trumps Charmeoffensive herein»

Das Abendessen löst ein grosses Echo aus: «Bill Maher ging nach Washington. Er wurde vera*****», kommentiert die linke «Washington Post». «Bill Maher fällt auf Trumps Charmeoffensive herein», meint «The Advocate».

«Liberale kritisieren Bill Mahers Monolog über das positive Treffen mit Trump», hält die rechte «New York Post» dagegen. «Fox News» weiss: «Bill Maher schlägt nach dem Treffen mit Trump auf seine Kritiker zurück und sagt, es sei nicht schlimm, dass er den Präsidenten nicht ‹hasse›»

Am meisten Aufsehen erregt jedoch ein Gast-Kommentar in der «New York Times», der weder Trump noch Maher erwähnt. Geschrieben hat ihn Larry David, der «Seinfeld» miterfunden hat und aus «Curb Your Enthusiasm» und «Saturday Night Live» bekannt ist. Der Titel: ...

... «Mein Abendessen mit Hitler».

Darin beschreibt David eine imaginäre Einladung in die Reichskanzlei 1939: «Niemand, den ich kannte, ermutigte mich zu gehen», heisst es da. «‹Er ist Hitler. Er ist ein Monster.› Aber schliesslich kam ich zu dem Schluss, dass Hass uns nicht weiterbringt. Ich wusste, dass ich seine Ansichten nicht ändern konnte, aber wir müssen mit der anderen Seite reden.»

«Mein Abendessen mit Hitler»: Larry Davids Kommentar schlägt Wellen.
«Mein Abendessen mit Hitler»: Larry Davids Kommentar schlägt Wellen.
Bild: Keystone

Oder: «Mir wurde klar, dass ich ihn noch nie lachen gesehen hatte. Plötzlich wirkte er so menschlich. Ich war darauf vorbereitet, Hitler zu treffen, den, den ich gesehen und gehört hatte – den öffentlichen Hitler. Aber dieser private Hitler war ein ganz anderes Tier.»

Die Anlehnungen an Mahers Bericht sind offensichtlich: «Es war nicht nur eine Einbahnstrasse, in der der Führer das Gespräch dominierte. Er war sehr neugierig und stellte mir viele Fragen.» David schreibt auch: «Auch wenn wir in vielen Fragen anderer Meinung sind, heisst das nicht, dass wir uns hassen müssen.»

«Das ist die moderne Linke»

Mit dem Hitler-Vergleich erreicht das Thema die europäischen Medien: Nun berichten auch der britische «Guardian» und der deutsche «Spiegel» über die Diskussion darum, ob man mit Donald Trump reden darf. Auch bei CNN wird der Fall heiss diskutiert.

«Wenn man Hitler ins Spiel bringt, hat man die Diskussion verloren», verteidigt der Medienunternehmer Dan Abrams Bill Maher. Die Leute würden dann einfach abschalten. Man müsse auch mit jenen reden, mit denen man nicht übereinstimme.

«Das ist die moderne Linke», schimpft der konservative CNN-Kommentator Scott Jennings über Larry David. «Es ist ein Versuch, Leute einzuschüchtern, so etwas nicht wieder zu tun. Bringe dich selbst zum Schweigen, sonst tun wir es für dich. Neera Tanden ist die liberale Stimme: Sie erinnert daran, dass es wichtiger sei, was Politiker tun als das, was sie privat sagen.


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