Immer mehr Tote in Haft Trumps Abschiebebehörde gerät ausser Kontrolle

Jan-Niklas Jäger

18.10.2025

Der Migrationspolizei ICE wird ihr aggressives Vorgehen zum Vorwurf gemacht.
Der Migrationspolizei ICE wird ihr aggressives Vorgehen zum Vorwurf gemacht.
Bild: Keystone/Anthony Vazquez/Chicago Sun-Times via AP

15 Menschen sind seit Donald Trumps Amtsantritt im Gewahrsam der Einwanderungsbehörden gestorben, Berichte über unverhältnismässig brutale Einsätze häufen sich. Dahinter steckt politisches Kalkül.

Jan-Niklas Jäger

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Die Einsätze der US-Migrationspolizei ICE werden immer brutaler.
  • Das Heimatschutzministerium streitet das ab.
  • Expert*innen und ehemalige Mitarbeiter*innen der Behörde glauben an politisches Kalkül seitens Donald Trumps.
  • Der US-Präsident hat eine hohe Anzahl an Abschiebungen versprochen.
  • Es wird davon ausgegangen, dass das brutalere Vorgehen der Migrationspolizei mit diesem Ziel in Verbindung steht.

Immer mehr Berichten zufolge häufen sich in den USA brutale Einsätze der von Donald Trump eingesetzten Migrationspolizei ICE (Immigration and Customs Enforcement). In den letzten Monaten verbreiteten sich in den Sozialen Medien Videos unter anderem von maskierten Offizieren, die Verdächtige in Zivilfahrzeuge zwingen.

Ein neueres Video zeigt, wie ein Offizier einer Frau namens Monica Moreta-Galarza an den Haaren zieht, die sich an ihren Mann klammert, der gerade verhaftet werden soll. «Adios, adios», sagt er ihr auf Spanisch, ehe er sie packt, wegzieht und gegen eine Wand klatscht. Schliesslich stösst er sie auf den Boden. Die weinenden Kinder des Paares werden Zeugen des Vorfalls.

Von CNN mit den Vorfällen konfrontiert, spricht das Heimatschutzministerium von einer «Schmierkampagne». Eine Brutalisierung in der Arbeit der ihm unterstehenden Behörden wird abgestritten.

Ministerium: Gehen gegen «Schlimmste der Schlimmen» vor

ICE-Offiziere würden trainiert, «gefährliche Situationen mit dem niedrigstmöglichem Ausmass an Gewalt» aufzulösen und «die Sicherheit der Öffentlichkeit sowie ihre eigene» zu priorisieren, heisst es in einem Statement. Ziel der Inhaftierungen seien ohnehin «die Schlimmsten der Schlimmen», was sich auch im Anstieg von Attacken gegen die Behörde äussern würde.

Einer dieser «Schlimmsten der Schlimmen» war Ismael Ayala-Uribe, ein 39-jähriger Angestellter bei einer Autowaschanlage, der im Alter von vier mit seiner Familie aus Mexiko in die USA gekommen war. Er hatte einen vorzeitigen Anerkennungsstatus, wie er Kindern zusteht, erhalten, diesen aber 2016 verloren, nachdem er wegen Trunkenheit am Steuer verhaftet worden war.

Wie Sky News berichtet, wurde Ayala-Uribe im August ohne Vorwarnung während eines Arbeitstages verhaftet. Er wurde in einer privat geführten Abschiebehaftanstalt verwahrt – einem Ort, der genutzt wird, um mit Migrantenschicksalen Profit zu machen.

Mindestens 15 Menschen in Gewahrsam gestorben

Fünf Wochen nach seiner Verhaftung ist Ayala-Uribe tot. Seine Gesundheit verschlechterte sich drastisch, eine angesetzte OP erlebte er nicht mehr. Laut seiner Familie war die Gesundheit des 39-Jährigen vor seiner Verhaftung unauffällig. In dem Fall ist eine Ermittlung eingeleitet worden. Ayala-Uribe ist eine von mindestens 15 Menschen, die seit Trumps Amtsantritt in Abschiebehaft gestorben sind.

An einen Zusammenhang zwischen dem brutalen Vorgehen der Offiziere, den schlechten Bedingungen in den Abschiebegefängnissen und der Migrationspolitik von Donald Trump glauben nicht nur Expert*innen in migrationspolitischen Fragen, sondern auch ehemalige Angestellte des Heimatschutzministeriums.

Trump hat sich hohe Abschiebezahlen als Ziel gesteckt und politisch einiges zu verlieren, wenn er dieses Versprechen gegenüber dem rechten Flügel der Republikaner nicht einhalten kann. Das heisst auch: Nur gegen «die Schlimmsten der Schlimmen» vorzugehen, kann sich der Präsident gar nicht leisten.

Gewalt dient nicht dem Kampf gegen Kriminalität

Auch innerhalb der Behörden soll es laut CNN wegen der Vorgehensweise der Einwanderungsbehörde zu Spannungen gekommen sein. Der ehemalige geschäftsführende ICE-Direktor John Sandweg ist überzeugt, dass die Gewaltanwendung der Behörde nicht mehr dazu dient, Kriminalität zu bekämpfen, sondern um die Anzahl der Verhaftungen in die Höhe zu treiben.

Obwohl das Heimatschutzministerium sich offensiv gegen Vorwürfe einer strukturellen Brutalisierung wehrt, ist es nicht gegen öffentlichen Druck immun. Der Offizier, der Moreta-Galarza so brutal vor den Augen ihrer Kinder behandelt hatte, ist von seinen «aktuellen Pflichten entbunden» worden, weil sein Verhalten «inakzeptabel und den Männern und Frauen der ICE nicht würdig» sei.

Ob der Mann immer noch bei der Einwanderungsbehörde eingestellt ist, ist nicht bekannt.