Gemeinsam etwas uneinig Das bleibt nach dem zweitägigen Ukraine-Gipfel auf dem Bürgenstock

SDA/DPA/AFP/pfi

16.6.2024 - 20:37

Ukraine-Konferenz: 83 Teilnehmer unterstützen Abschlusserklärung

Ukraine-Konferenz: 83 Teilnehmer unterstützen Abschlusserklärung

Bei der Ukraine-Friedenskonferenz in der Schweiz haben 83 Länder und Organisationen am Sonntag die gemeinsame Abschlusserklärung unterstützt. Österreich ist unter den zustimmenden Staaten, auch Deutschland und die USA.

16.06.2024

Eine gemeinsame Erklärung eines Grossteils der teilnehmenden Staaten, kein Zeitpunkt und Ort für einen nächsten Gipfel, ein grosser Friedenswille und klare Kommentare von Russland: Was bleibt nach der Ukraine-Konferenz auf dem Bürgenstock?

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Über 90 Länder haben bei der Ukraine-Konferenz in der Schweiz Grundlinien für mögliche Friedensgespräche zwischen Kiew und Moskau aufgezeigt.
  • Die grosse Mehrheit der Teilnehmer forderte am Sonntag die Beteiligung «aller Parteien» an einem Friedensprozess und betonte zugleich die Bedeutung der Souveränität der Ukraine und die Unverletzlichkeit ihrer Grenzen.
  • Keine Unterstützung gab es von den Brics-Staaten wie Indien, Brasilien und Südafrika.

84 von rund 100 teilnehmenden Staaten und Organisationen der Ukraine-Friedenskonferenz auf dem Bürgenstock NW haben sich am Sonntag auf eine Abschlusserklärung einigen können. Keine Unterstützung gab es von den Brics-Staaten wie Indien, Brasilien und Südafrika.

Ins Gewicht fällt unter anderem die fehlende Unterstützung der Brics-Staaten, zu denen neben Russland auch Brasilien, Indien, China und Südafrika gehören. China und Russland waren nicht auf den Bürgenstock gereist. Brasilien, Indien und Südafrika waren da, kamen aber nicht mit ihren Staats- oder Regierungschefs.

WAS KANN ALS ERFOLG VERBUCHT WERDEN?

Die Beteiligung an der Konferenz war gross. Rund 160 Länder und Organisationen wurden eingeladen, etwa hundert kamen in die Innerschweiz – darunter gewichtige Player der Weltpolitik wie die G7-Staaten. Der Friedenswille war in den dutzenden Statements der Staatsgäste hör- und spürbar.

84 von rund 100 teilnehmenden Staaten und Organisationen haben sich auf dem Bürgenstock NW auf eine Abschlusserklärung einigen können. Nicht dabei sind die Brics-Staaten Brasilien, Indien und Südafrika.
84 von rund 100 teilnehmenden Staaten und Organisationen haben sich auf dem Bürgenstock NW auf eine Abschlusserklärung einigen können. Nicht dabei sind die Brics-Staaten Brasilien, Indien und Südafrika.
Bild: Keystone

Während des zweitägigen Treffens gab es kaum Zwischenfälle. Störaktionen, Sabotageversuche und Hackerangriffe blieben weitgehend unbemerkt. Eine der grössten Sicherheitsoperationen der jüngeren Schweizer Vergangenheit klappte weitgehend reibungslos.

WAS WURDE NICHT ERREICHT?

Die teilnehmenden Staaten konnten sich nicht einstimmig auf eine Abschlusserklärung einigen. Immerhin unterstützten über 80 von rund 90 teilnehmenden Staaten eine gemeinsame Erklärung. In dem nur gut zweiseitigen Dokument wird unter anderem die Drohung mit Atomwaffen verurteilt, die Rückkehr von nach Russland verschleppten Kindern gefordert und der ungehinderte Getreideexport aus der Ukraine verlangt. Wichtige Staaten wie Brasilien, Indien und Saudi-Arabien schlossen sich jedoch nicht an. Zudem fehlte mit China ein wichtiger Player gänzlich auf dem Bürgenstock.

Zu einer Nachfolgekonferenz findet sich in der Erklärung keine klare Aussage. Die Unterzeichner sprechen sich aber dafür aus, Russland an künftigen Beratungen zu beteiligen: «Wir glauben, dass die Einbeziehung und der Dialog zwischen allen Parteien notwendig ist, um Frieden zu schaffen», heisst es darin.

WELCHES FAZIT ZIEHT DIE GASTGEBERIN SCHWEIZ?

Bundespräsidentin Viola Amherd sprach von einem «guten Resultat». Sie habe von vielen Staaten ein «positives Feedback» erhalten. Sie stellte in Abrede, dass die Ukraine-Konferenz gescheitert sei. Aussenminister Ignazio Cassis sagte, dass die Konferenz nicht in Vergessenheit geraten werde.

WAS SAGT DIE UKRAINE ZU DEN ERGEBNISSEN?

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wertete es als Erfolg, dass die territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine von allen Konferenzteilnehmenden unterstrichen worden sei. Einige Staaten hätten zudem bereits ihre Bereitschaft signalisiert, Gastgeber eines zweiten Gipfels zu sein.

WIE KOMMENTIERT RUSSLAND DIE KONFERENZ?

Der russische Präsident Wladimir Putin sendete im Vorfeld der Konferenz und auch während dieser klare Signale, dass er mit dem initiierten Friedensprozess nichts anfangen könne. So nannte er seine Bedingungen für Verhandlungen, darunter der vollständige Verzicht der Ukraine auf die Gebiete Donezk, Luhansk, Cherson, Saporischschja und die Schwarzmeer-Halbinsel Krim – etwas mehr als ein Fünftel des ukrainischen Staatsgebietes. Aussenminister Ignazio Cassis kommentierte dies als «totalen Kontrast zum Weg, den die anderen Länder gehen wollen». Es macht den Eindruck, als ob eine Friedenslösung weit entfernt ist.

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WIE GEHT ES WEITER?

Das ist weitgehend unklar. Es existieren offensichtlich verschiedene Vorstellungen über den weiteren Friedensprozess. Trotzdem zeigte sich Aussenminister Ignazio Cassis optimistisch, dass bald eine zweite Konferenz stattfinden wird, bei der auch Russland dabei sein soll. Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zeigte sich offen für einen Dialog mit Russlands Machthaber Wladimir Putin – jedoch unter klaren Bedingungen: Russland müsse die in der Ukraine eroberten Gebiete verlassen. Dies scheint angesichts der aktuellen Situation im Kriegsgebiet illusorisch. Zunächst sind nun Arbeitstreffen mit zahlreichen Ländern auf verschiedenen Kontinenten geplant, um einen Friedensplan zu konkretisieren. Dies geschieht auf der Ebene der Sicherheitsberater.

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WELCHE ROLLE SPIELT DIE SCHWEIZ IM WEITEREN PROZESS?

Laut Aussenminister Ignazio Cassis will der Bundesrat die Ergebnisse der Konferenz «in Ruhe diskutieren» – auch mit Russland. Vor der Konferenz begonnene Gespräche mit zahlreichen Ländern sollen fortgesetzt werden. Das sei ein langwieriger Prozess. Die momentane Dynamik müsse aber beibehalten werden. «Als internationale Gemeinschaft können wir dazu beitragen, das Terrain für direkte Gespräche zwischen den Kriegsparteien vorzubereiten», sagte Bundespräsidentin Viola Amherd.

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