Vorlage für kultige MI6-Sekretärin Das war die echte Moneypenny

Von Samuel Walder

24.9.2024

Die Schauspielerin Lois Maxwell spielte die Rolle der Moneypenney in sechs Jamens-Bond-Filmen.
Die Schauspielerin Lois Maxwell spielte die Rolle der Moneypenney in sechs Jamens-Bond-Filmen.
Bild: imago stock&people

Jahrzehntelang blieb die Arbeit und ihr Name in den Geschichtsbüchern des MI6 verborgen. Kathleen Pettigrew war die echte Moneypenny. Eine Neuveröffentlichung bringt Licht ins Dunkel.

Samuel Walder

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  • Kathleen Pettigrew, eine hochrangige MI6-Sekretärin, spielte eine zentrale Rolle in wichtigen Spionageoperationen.
  • Im ersten James-Bond-Buch von Ian Fleming basiert Moneypenny auf der Person von Pettigrew.
  • Pettigrew hatte mehr Macht als die fiktive Miss Moneypenny, da sie an geheimen Kriegsbesprechungen teilnahm und wichtige Kommunikationswege überwachte.
  • Ihr Beitrag zum MI6 wurde durch neu veröffentlichte Dokumente bestätigt, die zeigen, dass sie während einer 37-jährigen Karriere massgeblich an Operationen beteiligt war.

Den MI6, den britischen Geheimdienst, kennt man hauptsächlich durch die Bond-Filme und Büchern von Ian Fleming. Dieser liess sich nicht nur von den Spionen inspirieren, die später als James Bond über die Leinwand liefen, sondern auch von den Frauen, die im MI6 eine wichtige Rolle spielten, wie «The Guardian» schreibt. 

Eine der Frauen, Kathleen Pettigrew, war die ranghöchste Sekretärin des MI6 und diente unter fünf MI6-Chefs. Dort lernte sie Ian Fleming kennen, der Miss Moneypenny in seinem ersten Entwurf von Casino Royale «Miss ‹Petty› Pettaval» nannte. Bis jetzt war nur wenig über ihre Arbeit und Rolle, die sie bei einigen der grössten Spionageoperationen der britischen Geschichte gespielt hat, bekannt.

Dr. Claire Hubbard-Hall, Autorin des in Kürze erscheinenden Buches «Her Secret Service: Die vergessenen Frauen des britischen Geheimdienstes», hat bisher geheime Beweise entdeckt, die darauf hindeuten, dass Pettigrew an der Übermittlung von Nachrichten von und nach Hut 3 in Bletchley Park beteiligt war. Einschliesslich der Nachrichten, die Alan Turing und sein Team mithilfe der Enigma-Maschine entschlüsselten.

Pettigrew hatte mehr Macht als Moneypenny

Sie überwachte den Funkverkehr zwischen Blethley Park und den MI6-Agenten, die im Zweiten Weltkrieg in Übersee operierten und begleitete Stewart Menzies, den Chef des MI6, zu streng geheimen Kriegstreffen mit Winston Churchill. Für ihre Arbeit erhielt 1946 Pettigrew einen MBE, (Member of the Order of the British Empire). Sie habe in ihrer Rolle weit mehr Macht und Autorität ausgeübt als die fiktive Miss Moneypenny, so Hubbard-Hall.

«Als bescheidene Frau – eine Sekretärin – zu gelten, war die perfekte Tarnung. Sie tat viel mehr», sagte Hubbard-Hall. «Sie war vielleicht die einzige Person in Whitehall, die jedes einzelne Geheimnis kannte. In Bezug auf den Geheimdienst wäre alles über ihren Schreibtisch gelaufen.»

Die Autorin konnte die 37-jährige Karriere Pettigews dank neu veröffentlichten Dokumenten des MI6 nachvollziehen. Denn Pettigrew notierte ihre Initialen jeweils in den linken oberen Ecken der Geheimdokumente, die sie verfasste. Diese sind im National Archiv in England nun gezeigt worden. 

Offizielles Armeedokument aus dem Zweiten Weltkrieg mit der Aufschrift «On his Majesty's service» auf der Vorderseite.
Offizielles Armeedokument aus dem Zweiten Weltkrieg mit der Aufschrift «On his Majesty's service» auf der Vorderseite.
Bild: IMAGO/Pond5 Images

Aus diesen Dokumenten geht hervor, dass sie ihre Karriere in der Sonderabteilung während des Ersten Weltkriegs begann, als sie bei Polizeiverhören von verdeckten deutschen Spionen dabei war, darunter auch Mata Hari, eine berüchtigte «‹femme fatale›, die Männer ins Bett brachte, um deren Geheimnisse zu erfahren, und die schliesslich gefasst und durch ein Erschiessungskommando hingerichtet wurde», so Hubbard-Hall.

Bettigrew wurde 1898 in Bermondsey, in Südosten Londons geboren und war eine Tochter eines Kaufmanns. Bisher war wenig über die Spionin bekannt. Sie war weder verheiratet noch hatte sie Kinder.

Nachdem sie sich zur Ruhe gesetzt hatte, fragte sie ein Verwandter scherzhaft, ob sie wie Miss Moneypenny gewesen sei. Er erzählte Hubbard-Hall, dass Pettigrew ohne zu zögern geantwortet habe: «Ich war Miss Moneypenny. Aber mit mehr Macht.»

Spionage-Fieber in den 1940er Jahren

Zu den anderen Frauen, deren historischer Beitrag zum britischen Geheimdienst in dem Buch vorgestellt wird, gehören Agnes Blake, die 1909 als erste Agentin zum MI6 kam. Auch Winifred «Winnie» Spink, die erste nach Russland entsandte Agentin, die die bolschewistische Revolution 1917 miterlebte, leistete einen wichtigen Beitrag zum britischen Geheimdienst. 

In dieser Zeit machten sich Romanautoren den Spionagealltag zum Thema für ihre Bücher und in Europa brach ein regelrechtes Spionen-Fieber aus. Aber nicht nur in Romanen investierten Nationen in den Geheimdienst. Auch in der Realität schleuste Deutschland immer mehr Spione nach England und in andere Länder. So wurde in Grossbritannien das Secret Service Bureau gegründet. Ian Fleming bediente sich zu dieser Zeit an den Abenteuern der echten MI6-Spione und so entstand die Romanreihe des wohl berühmtesten Spionen des Planeten.