Räumung LützerathsDemonstranten und Polizei werfen sich gegenseitig Gewalt vor
Christopher Schmitt
15.1.2023
Proteste in Lützerath: Viele Polizisten und Demonstranten verletzt
Proteste in Lützerath: Viele Polizisten und Demonstranten verletzt
15.01.2023
Die Räumung des deutschen Örtchens Lützerath wurde begleitet von Gewaltvorwürfen: Klimaaktivisten beschuldigen die Polizei, die wiederum gibt vor allem den Demonstranten die Schuld an der Eskalation.
Christopher Schmitt
15.01.2023, 19:41
15.01.2023, 21:29
Christopher Schmitt
Die Räumung des mit viel Symbolik aufgeladenen deutschen Örtchens Lützerath für den Braunkohleaabau ist laut Polizeiangaben inzwischen beendet - die Diskussionen um den umstrittenen Polizeieinsatz hingegen noch lange nicht. Nach Zusammenstössen zwischen Demonstranten und Polizeibeamten am Samstag werfen sich beide Seiten gegenseitig Gewalt vor.
Eine Sprecherin des Sanitäterdienstes der Demonstranten erklärte der "tagesschau", es sei «eine hohe zweistellige bis dreistellige Zahl von Teilnehmern verletzt worden». Darunter befänden sich viele Schwerverletzte, einige Klimaaktivisten seien gar lebensgefährlich verletzt worden. Dafür verantwortlich seien Pfefferspray-Einsatz sowie Schlagstock- und Faustangriffe der Polizisten. Besonders oft handele es sich um Kopfverletzungen.
Haben Polizisten «systematisch auf den Kopf geschlagen»?
«Die Polizei hat also nicht nur in Einzelfällen, sondern systematisch auf den Kopf von Aktivistinnen und Aktivisten geschlagen», so die Sprecherin. Die Polizei widerspricht den Schilderungen. Von Seiten der Beamten heisst es, von lebensgefährlich verletzten Demonstranten sei ihnen nichts bekannt. Ein Sprecher der Polizei erklärte lediglich, am Samstag sei ein Demonstrationsteilnehmer bewusstlos geworden. Die Person sei umgehend versorgt und in einem Rettungswagen abtransportiert worden; Lebensgefahr sei ausgeschlossen worden.
Nach Polizeiangaben wisse man von zehn Fahrten von Rettungswagen, die im Zusammenhang mit verletzten Demo-Teilnehmern stehen. Einen Rettungshubschrauber-Einsatz könne man nicht bestätigen.
Vorwürfe der Polizeigewalt wurden bereits zuvor zurückgewiesen. So erklärte Andreas Müller, Sprecher der Polizei, gegenüber dem Westdeutschen Rundfunk (WDR): Wenn Polizeiketten durchbrochen und Anweisungen nicht Folge geleistet werde, müsse man unterstellen, Auseinandersetzungen mit der Polizei bewusst gesucht zu haben. Das Vorgehen der Beamten werde erst nach dem Einsatz analysiert und ausgewertet.
70 verletzte Beamte - nur teilweise durch Demonstranten
Auf Seiten der Behörden ist von über 70 verletzten Polizisten die Rede, laut eines Polizeisprechers erlitten die meisten die Verletzungen am Samstag. Wichtig hierbei: Die Blessuren gingen nur teilweise auf Gewalt durch Demonstranten zurück. Manche Einsatzkräfte seien etwa im Schlamm umgeknickt.
TW Polizeigewalt Was wir heute und die letzten Tage erleben ist pure #Polizeigewalt. Wir sind erschrocken, wie die Polizei vorgeht und verurteilen dieses Verhalten. Wir bleiben standhaft, denn wir wissen, wofür wir kämpfen: #Klimagerechtigkeit! (🧵1/4) pic.twitter.com/scQCZaZ4ly
— Lützerath bleibt! - Tag X seit 3.1. (@LuetziBleibt) January 14, 2023
Bereits am Mittwoch begann die Räumung. Seitdem seien rund 150 Strafverfahren eingeleitet worden - Gründe waren Widerstand gegen Polizisten, Körperverletzung sowie Landfriedensbruch. Einem Polizeisprecher zufolge hätten am Samstag einzelne Demonstranten Einsatzwägen attackiert sowie mit Pyrotechnik geworfen. Beim Energiekonzern RWE zeigte man sich «entsetzt über die Aggressionen und die Gewalt».
Die Demonstration im Nachbarort verlief am Samstag grösstenteils friedlich. Während die Polizei von 15.000 Teilnehmenden sprach, zählte Fridays for Future mindestens 35.000. Nach Angaben der Polizei versuchten am Rande der Demo etwa 1'000 vermummte «Störer» sich Zugang zum abgesperrten Gelände von Lützerath zu verschaffen.