Erster Todestag Masha Aminis Den Mullahs schlottern die Knie

tjnj/AFP

16.9.2023

Nach dem Tod der Kurdin Masha Amini nach einer Verhaftung durch die iranische Sittenpolizei brachen im Iran heftige Demonstrationen aus. Sie hielten Monate lang an. (Archivbild)
Nach dem Tod der Kurdin Masha Amini nach einer Verhaftung durch die iranische Sittenpolizei brachen im Iran heftige Demonstrationen aus. Sie hielten Monate lang an. (Archivbild)
Bild: Uncredited/AP/dpa

Heute jährt sich zum ersten Mal der Tod von Masha Amini nach ihrer Verhaftung durch die iranische Sittenpolizei. Die Regierung in Teheran fürchtet nun ein erneutes Aufflammen der Proteste.

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  • Heute ist der erste Todestag von Masha Amini.
  • Die 22-jährige iranische Kurdin starb am 16. September 2022 nach ihrer Verhaftung durch die Sittenpolizei wegen angeblichen Verstosses gegen die strengen Bekleidungsregeln für Frauen im Iran.
  • Anlässlich des Jahrestages fürchtet sich die politische Führung in Teheran vor einem Wiederaufflammen der Massenproteste, die Aminis Tod ausgelöst hatte.
  • Das Regime droht der Bevölkerung im Fernsehen und lässt die Betreiber*innen regimekritischer Websites verhaften, weil diese «Krawalle» geplant hätten.

Vor dem ersten Todestag der 22-jährigen Mahsa Amini setzt die iranische Regierung auf Härte, um ein Wiederaufflammen der landesweiten Proteste aus dem Herbst 2022 zu verhindern.

Auf den ersten Blick scheint vor dem Jahrestag am heutigen Samstag, der im Iran auch ein religiöser Feiertag ist, alles ruhig im Grossraum der Hauptstadt Teheran. Gedenkveranstaltungen wurden nicht öffentlich angekündigt. Doch Bewohner*innen sprechen von einer grösseren Polizeipräsenz in den Hauptstrassen und einer deutlichen Verlangsamung ihrer Internetverbindungen in den vergangenen Tagen.

Die iranische Kurdin Amini starb am 16. September des vergangenen Jahres nach ihrer Festnahme durch die Sittenpolizei in Teheran wegen eines mutmasslichen Verstosses gegen die strengen Bekleidungsregeln für Frauen im Iran.

Monatelange Demonstrationen im vergangenen Jahr

Ihr Tod löste monatelange Demonstrationen im ganzen Land unter dem Slogan «Frau, Leben, Freiheit» aus. Nach Angaben von Nichtregierungsorganisationen wurden hunderte Menschen getötet, darunter auch Sicherheitskräfte. Sieben Männer wurden hingerichtet.

Präsident Ebrahim Raisi sprach am vergangenen Dienstag in einem Fernsehinterview eine Warnung aus: «Diejenigen, die vorhaben, Mahsa Aminis Namen zu missbrauchen, ein Agent von Ausländern zu sein, Instabilität im Land zu schaffen - wir wissen, was mit ihnen geschehen wird.»

Die Sicherheits- und Geheimdienste «beobachten wachsam» mögliche Protestaktionen in Zusammenhang mit dem Jahrestag, erklärte kürzlich der stellvertretende Justizchef Sadek Rahimi.

Verhaftungen im Vorfeld des Jahrestags

In der vergangenen Woche legten die iranischen Behörden mindesten fünf Internetseiten still und verhafteten die Betreiber*innen wegen Vorwürfen, zum Jahrestag «Krawalle zu organisieren».

Die Protestwelle des vergangenen Jahres stellte Teheran vor eine grosse Herausforderung. Mit westlichen Ländern steht das Land zudem wegen seines Atomprogramms über Kreuz, der Iran ist mit Sanktionen belegt.

«Kein Vorfall in der Geschichte der Islamischen Republik hat einen solchen Keil zwischen das System und das Volk getrieben wie der Tod von Mahsa Amini», sagt Fajjas Sahed, Professor für zeitgenössische Geschichte. Er glaube, dass die Regierung in Teheran sich zur Eindämmung «nicht allein auf Sicherheits- und repressive Massnahmen verlassen kann».

Immer mehr Frauen missachten Kleidungsvorschriften

Viele Menschen «sind immer noch von den Ereignissen des vergangenen Jahres traumatisiert», sagt der reformorientierte Aktivist Mohammed Sadegh Dschawadi-Hessar aus der Stadt Maschhad im Nordosten des Iran. Bei den Demonstrationen wurden tausende Menschen festgenommen.

Im Februar erklärte das geistliche Oberhaupt des Iran, Ayatollah Ali Chamenei, die Unruhen für beendet sowie die Niederlage des vom «Feind» angezettelten «Komplotts». Damit bezog er sich auf die westlichen Regierungen und iranischen Oppositionsgruppen im Exil, die die Demonstrationen unterstützten.

Die Regel, nach der Frauen im Iran ihre Haare und ihren Hals bedecken müssen, besteht seit der Zeit kurz nach der islamischen Revolution im Jahr 1979. Doch mögen die Proteste von 2022 auch abgekühlt sein - viele Iranerinnen, besonders in Teheran, missachten die strenge Bekleidungsordnung zusehends. Dafür gelten seit vergangenem August strengere Strafen.

«Der bemerkenswerteste Effekt der Bewegung Mahsa Amini ist, dass die iranische Gesellschaft bunter und lebhafter geworden ist», sagt Sahed. Die Kleidung der Frauen habe sich stark verändert und sei auch farbiger geworden.

Medienpreis für iranische Frauenbewegung

Die iranische Frauenrechtsbewegung «Frau, Leben, Freiheit» ist indes für ihren Mut im Protest gegen Unterdrückung mit dem europäischen Medienpreis M100 ausgezeichnet worden.

Die im belgischen Exil lebende iranische Aktivistin Shima Babaei nahm den Preis am Donnerstag in Potsdam stellvertretend für die Bewegung entgegen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verneigte sich bei der Preisverleihung vor dem «zutiefst beeindruckenden» Mut der iranischen Frauen.

Mit dem Preis würden «die unzähligen iranischen Frauen und Männer» geehrt, «die täglich ihr Leben riskieren für Gerechtigkeit, Freiheit und Demokratie», sagte von der Leyen. Der Mut der Bewegung wirke über die Landesgrenzen des Iran hinaus und «inspiriert Frauen weltweit».