Wie macht er das? Der Herr der Krisen – was Donald Trump schon alles überlebte

tafi

14.9.2020

Dass Donald Trump in seiner Amstszeit als US-Präsident von einer Krise in die nächste stolpert(e), scheint ihm nichts auszumachen.
Dass Donald Trump in seiner Amstszeit als US-Präsident von einer Krise in die nächste stolpert(e), scheint ihm nichts auszumachen.
Keystone/AP/Chris Carlson

Seit seinem Amtsantritt als US-Präsident stolpert Donald Trump von einer Krise in die nächste. Bislang hat sie der 74-jährige Republikaner alle überlebt. Selbst die schwersten Kaliber. 

Zuerst waren sich seine Kritiker sicher, dass Donald Trump nicht zum US-Präsidenten gewählt würde. Dann setzten sie darauf, dass er seine erste Amtszeit nicht durchstehen würde. Doch der sendungsbewusste Rechtspopulist im Weissen Haus hat sich als politischer Überlebenskünstler entpuppt – und hofft nun auf seine Wiederwahl.



Die Demokraten um Präsidentschaftskandidat Joe Biden (77) hoffen trotzdem, dass von den zahlreichen Affären und Verfehlungen genug bei den Wählenden hängengeblieben ist, um eine zweite Amtszeit Trumps zu verhindern. Sicher ist das nicht, erst recht nicht bei einem Mann wie Donald Trump, der selbst die schwersten Krisen einfach wütend weggetwittert. Ein Überblick über eine turbulente Amtszeit.

Die Corona-Pandemie

Trumps Nationaler Sicherheitsberater Robert O'Brien sagte Ende Januar mit Blick auf das Coronavirus: «Das wird die grösste Bedrohung der Nationalen Sicherheit in Ihrer Präsidentschaft.» So zitiert der Investigativjournalist Bob Woodward O'Brien in seinem neuen Buch «Rage» («Wut»), und tatsächlich entwickelte sich die Pandemie zur schwersten Krise in Trumps Amtszeit. Noch ist zwar nicht ausgemacht, ob das Virus ihn das Amt kosten wird. Trumps Chancen auf eine Wiederwahl hat die anhaltende Pandemie aber sicher nicht verbessert.

Das gilt besonders, seitdem Aussagen Trumps vom März in Interviews mit Woodward für dessen Buch bekannt geworden sind. Darin sagt Trump offen, dass er die Coronavirus-Risiken bewusst heruntergespielt habe. Trumps Verteidigung: Er habe keine Panik verbreiten wollen. Herausforderer Joe Biden von den Demokraten wirft dem Republikaner vor, für den Tod Zehntausender US-Bürger verantwortlich zu sein.



In einer Umfrage des Senders ABC nach Bekanntwerden der Woodward-Interviews gaben 68 Prozent an, Aussagen des Präsidenten zur Pandemie nicht zu vertrauen. Seit Monaten stellt eine grosse Mehrheit der Amerikaner Trumps Krisenmanagement ein schlechtes Zeugnis aus. Die Pandemie hat den Präsidenten nicht nur Glaubwürdigkeit gekostet, sondern ihm auch sein bis dahin wichtigstes Wiederwahl-Argument geraubt. Der bis dato positiven wirtschaftlichen Entwicklung setzte das Virus nämlich ein jähes Ende. Millionen Amerikaner wurden arbeitslos.

Der Tod von George Floyd

Der Afroamerikaner George Floyd wurde Ende Mai bei einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis getötet. Gerufen worden waren die Polizisten wegen des Verdachts, dass der 46-Jährige in einem Laden mit einem gefälschten 20-Dollar-Schein bezahlt haben soll. Floyds letzte Worte «I can't breathe» («Ich kann nicht atmen») wurden zum Kampfruf bei den anschliessenden monatelangen Protesten gegen Rassismus und Polizeigewalt im ganzen Land, die bis heute immer wieder aufflammen.



Trump verurteilte Floyds Tod zwar. Ihm wurde aber vorgeworfen, sich nicht klar gegen Rassismus zu positionieren und zu wenig Verständnis für den Zorn über Diskriminierung und Ungerechtigkeit zu zeigen. Trump-Nichte Mary Trump, die ein Enthüllungsbuch über ihre Familie veröffentlichte, wirft ihrem Onkel vor, ein Rassist zu sein.

Sich selbst präsentiert sich Trump seit Floyds Tod als Präsident für Recht und Ordnung. Im Wahlkampf erweckt er immer wieder den Eindruck, dass die überwiegend friedlichen Proteste gegen Rassismus von Gewalt dominiert würden. Trump macht für Unruhen Linksradikale und «die Antifa» verantwortlich – und er schürt Angst. In einer SMS seines Wahlkampfteams hiess es kürzlich unter der Überschrift «Antifa-Alarm»: «Sie werden Eure Häuser angreifen, falls Joe (Biden) gewählt wird.»

Ukraine-Affäre und Impeachment

Am Morgen des 25. Juli 2019 kam es zu einem Telefonat zwischen Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, das weitreichende Folgen haben sollte. Die Beschwerde eines Whistleblowers über das Gespräch erreichte im September den US-Kongress, unter wachsendem Druck liess Trump eine Mitschrift veröffentlichen. Nach Deutung der Demokraten hielt Trump Militärhilfe für die Ukraine zurück, um Selenskyj zu Ermittlungen gegen Biden zu drängen – und um die US-Wahl zu seinen Gunsten zu beeinflussen.



Über Monate dominierten der Schlagabtausch zwischen Trump und den Demokraten die Schlagzeilen. Mit ihrer Mehrheit im Repräsentantenhaus – einer von zwei Kammern im Kongress – leiteten die Demokraten ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump ein. Die Vorwürfe: Machtmissbrauch und Behinderung der Ermittlungen im Kongress.

Im Februar wurde Trump in beiden Punkten im Senat freigesprochen – dort haben seine Republikaner die Mehrheit. Ein Makel aber bleibt: Trump war erst der dritte Präsident in der Geschichte der USA, der sich einem Impeachment-Verfahren unterziehen musste.

Die Russland-Ermittlungen

Wie ein Damoklesschwert schwebten die Russland-Ermittlungen der Bundespolizei FBI fast zwei Jahre lang über Donald Trumps Präsidentschaft. FBI-Sonderermittler Robert Mueller untersuchte, ob es geheime Absprachen mit Trumps Wahlkampflager und Moskau vor der Wahl 2016 gab und ob Trump mit der Entlassung von FBI-Chef James Comey im Mai 2017 die Justiz behinderte.



Trump sprach immer wieder von einer «Hexenjagd». Im März vergangenen Jahres legte Mueller seinen Abschlussbericht vor: 448 Seiten, die später in Teilen geschwärzt veröffentlicht wurden. Mueller fand keine Belege dafür, dass es vor der Wahl 2016 Geheimabsprachen zwischen dem Trump-Wahlkampfteam und Vertretern Russlands gegeben habe.



Eine Behinderung der Ermittlungen der Justiz durch Trump schloss Mueller in seinem Bericht nicht aus. Das machte Mueller auch bei seiner Aussage im Kongress am 24. Juli vergangenen Jahres deutlich – einen Tag vor dem verhängnisvollen Telefonat Trumps mit Selinskyj, das zur Ukraine-Affäre führen sollte. Trump sah sich durch Muellers Bericht dennoch vollständig entlastet.

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