Showdown im US-SenatWas Sie über das Impeachment gegen Trump wissen müssen
Von Can Merey, dpa/SDA/uri
9.2.2021 - 00:00
Knapp drei Wochen nach seinem Auszug aus dem Weissen Haus beginnt das zweite Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump. Droht ihm nun eine lebenslange Ämtersperre?
Wie kontrovers Donald Trumps Präsidentschaft war, lässt sich an der Liste der Amtsenthebungsverfahren in den USA ablesen: Erst vier solche Verhandlungen wurden seit dem Jahr 1868 vom Repräsentantenhaus gegen Präsidenten eröffnet, zwei davon gegen Trump – schon alleine dafür geht der 45. Präsident der USA in die Geschichtsbücher ein.
Etwas mehr als ein Jahr nach dem Freispruch in seinem ersten Verfahren – und 20 Tage nach seinem Ausscheiden aus dem Amt – nimmt der Senat an diesem Dienstag die Verhandlungen gegen den Republikaner auf. Das Ergebnis scheint nach jetzigem Stand schon klar – ganz unabhängig von der Schuldfrage.
Die Anklage
In der Anklage des Repräsentantenhauses, die von den Demokraten und zehn Republikanern in der Kammer verabschiedet wurde, wird Trump «Anstiftung zum Aufruhr» vorgeworfen. Hintergrund ist die Erstürmung des Kapitols durch Anhänger des damaligen Präsidenten am 6. Januar. Die Krawalle sandten Schockwellen durch Amerika und die Welt.
Unmittelbar vor dem Angriff auf den Kongress, der zu dem Zeitpunkt den Sieg des Demokraten Joe Biden offiziell machen wollte, hatte Trump bei einer Kundgebung seine unbelegten Behauptungen wiederholt, dass ihm der Sieg durch Wahlbetrug «gestohlen» wurde – und er hatte seine Unterstützer unmissverständlich zum Kampf aufgerufen.
Gewalt in Washington: Trumps Mob stürmt das Kapitol
In Washington spielen sich am 6. Januar 2021 beispiellose Szenen ab. Nach einer Wutrede von Donald Trump, in der der Präsident seine Lüge von einem Wahlbetrug wiederholte, ziehen Hunderte seiner Anhänger vor das Kapitol.
Bild: Anadolu Agency/Getty Images
Und sie belassen es nicht beim Protest: Hier dringt der Mob durch eine Tür gewaltsam ins Innere des Kapitolgebäudes ein. (6. Januar 2021)
Bild: AFP/Getty Images
Auch Absperrungen und Sicherheitskräfte können die Meute nicht aufhalten. (6. Januar 2021)
Bild: AP Photo/John Minchillo
Beim Sturm aufs Kapitol kommt es zu tumultartigen Szenen. Ein Mitglied des Kongresses wird hier in Sicherheit gebracht. (6. Januar 2021)
Bild: Getty Images
Politiker und Angestellte des Parlaments suchen Schutz vor den aufgebrachten Angreifern. (6. Januar 2021)
Bild: Keystone/AP Photo/Andrew Harnik
Abgeordnete werden von Sicherheitskräften auf der Tribüne des Repräsentantenhauses in Sicherheit gebracht. Einige tragen Gasmasken, da auch Reizgas eingesetzt wird. (6. Januar 2021)
Bild: Andrew Harnik/AP/dpa
Ein Polizist des United States Capitol Police Department versucht einen durch ein eingeworfenes Fenster eindringenden Mann mit Pfefferspray zurückzudrängen. (6. Januar 2021)
Bild: Keystone/EPA/Kevin Dietsch/Pool
Mitglieder der Capitol Police bewachen mit gezogener Waffe einen verbarrikadierten Eingang. (6. Januar 2021)
Bild: Andrew Harnik/AP
Die Anhänger des abgewählten Präsidenten posieren nach ihrem gewaltsamen Eindringen neben der Tür zu den Senatskammern. (6. Januar 2021)
Bild: Keystone/EPA/Jim Lo Scalzo
Das Bild geht um die Welt: Ein Randalierer macht sich im Büro von Nancy Pelosi, der demokratischen Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses, breit. (6. Januar 2021)
Bild: Keystone/EPA/Jim Lo Scalzo
Dieser Mann führt die in den USA schon lange umstrittene Südstaatenflagge mit sich. (6. Januar 2021)
Bild: Keystone/EPA/Jim Lo Scalzo
Die Flagge gilt bis heute als Symbol für Sklaverei und Rassismus. (6. Januar 2021)
Bild: Keystone/EPA/Jim Lo Scalzo
Ein Jahr später ist die Aufarbeitung der Vorgänge noch immer im Gange. Im Repräsentantenhaus, der grossen Parlamentskammer, ermittelt eine Untersuchungskommission. (14. Dezember 2021)
Bild: Keystone
Im Zentrum steht die Frage: Wie eng waren der damalige US-Präsident Donald Trump und sein Umfeld in die Planung und Durchführung des Sturms involviert?
Bild: Evan Vucci/AP/dpa
Trumps Stabschef Mark Meadows (rechts) kam wohl eine Schlüsselrolle zu: So schrieb ihm unter anderem der Präsidentensohn Donald Trump Jr., sein Vater müsse der Gewalt Einhalt gebieten. (2. Oktober 2021)
Bild: EPA/Oliver Contreras / POOL
Derweil wird vielen der Eindringlinge der Prozess gemacht. Der dank seines Schamanen-Looks bekannt gewordene Jacob Chansley beispielsweise wurde zu 41 Monaten Haft verurteilt. (6. Januar 2021)
Bild: AP Photo/Manuel Balce Ceneta
Gewalt in Washington: Trumps Mob stürmt das Kapitol
In Washington spielen sich am 6. Januar 2021 beispiellose Szenen ab. Nach einer Wutrede von Donald Trump, in der der Präsident seine Lüge von einem Wahlbetrug wiederholte, ziehen Hunderte seiner Anhänger vor das Kapitol.
Bild: Anadolu Agency/Getty Images
Und sie belassen es nicht beim Protest: Hier dringt der Mob durch eine Tür gewaltsam ins Innere des Kapitolgebäudes ein. (6. Januar 2021)
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Auch Absperrungen und Sicherheitskräfte können die Meute nicht aufhalten. (6. Januar 2021)
Bild: AP Photo/John Minchillo
Beim Sturm aufs Kapitol kommt es zu tumultartigen Szenen. Ein Mitglied des Kongresses wird hier in Sicherheit gebracht. (6. Januar 2021)
Bild: Getty Images
Politiker und Angestellte des Parlaments suchen Schutz vor den aufgebrachten Angreifern. (6. Januar 2021)
Bild: Keystone/AP Photo/Andrew Harnik
Abgeordnete werden von Sicherheitskräften auf der Tribüne des Repräsentantenhauses in Sicherheit gebracht. Einige tragen Gasmasken, da auch Reizgas eingesetzt wird. (6. Januar 2021)
Bild: Andrew Harnik/AP/dpa
Ein Polizist des United States Capitol Police Department versucht einen durch ein eingeworfenes Fenster eindringenden Mann mit Pfefferspray zurückzudrängen. (6. Januar 2021)
Bild: Keystone/EPA/Kevin Dietsch/Pool
Mitglieder der Capitol Police bewachen mit gezogener Waffe einen verbarrikadierten Eingang. (6. Januar 2021)
Bild: Andrew Harnik/AP
Die Anhänger des abgewählten Präsidenten posieren nach ihrem gewaltsamen Eindringen neben der Tür zu den Senatskammern. (6. Januar 2021)
Bild: Keystone/EPA/Jim Lo Scalzo
Das Bild geht um die Welt: Ein Randalierer macht sich im Büro von Nancy Pelosi, der demokratischen Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses, breit. (6. Januar 2021)
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Dieser Mann führt die in den USA schon lange umstrittene Südstaatenflagge mit sich. (6. Januar 2021)
Bild: Keystone/EPA/Jim Lo Scalzo
Die Flagge gilt bis heute als Symbol für Sklaverei und Rassismus. (6. Januar 2021)
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Ein Jahr später ist die Aufarbeitung der Vorgänge noch immer im Gange. Im Repräsentantenhaus, der grossen Parlamentskammer, ermittelt eine Untersuchungskommission. (14. Dezember 2021)
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Im Zentrum steht die Frage: Wie eng waren der damalige US-Präsident Donald Trump und sein Umfeld in die Planung und Durchführung des Sturms involviert?
Bild: Evan Vucci/AP/dpa
Trumps Stabschef Mark Meadows (rechts) kam wohl eine Schlüsselrolle zu: So schrieb ihm unter anderem der Präsidentensohn Donald Trump Jr., sein Vater müsse der Gewalt Einhalt gebieten. (2. Oktober 2021)
Bild: EPA/Oliver Contreras / POOL
Derweil wird vielen der Eindringlinge der Prozess gemacht. Der dank seines Schamanen-Looks bekannt gewordene Jacob Chansley beispielsweise wurde zu 41 Monaten Haft verurteilt. (6. Januar 2021)
Bild: AP Photo/Manuel Balce Ceneta
Aus Sicht der Demokraten ist die Sache klar: Trump sei eine Bedrohung für die Nationale Sicherheit, die Demokratie und die Verfassung, heisst es in der Anklageschrift. Deswegen müsse er nicht nur vom Senat verurteilt, sondern künftig für alle Ämter auf Bundesebene gesperrt werden – eine etwaige Kandidatur bei der Präsidentenwahl 2024 würde ihm damit verwehrt.
Die Republikaner fanden sich in einer heiklen Situation wieder: Führende Parteivertreter im Kongress haben Trump zwar eine Mitverantwortung für den Angriff gegeben, den sie am eigenen Leibe erlebt haben. Sie schrecken aber davor zurück, sich offen gegen Trump zu stellen – weil das seine vielen Anhänger verprellen und die eigenen Wiederwahlchancen schmälern dürfte.
Der Balanceakt für Republikaner
Viele republikanische Senatoren setzen nun auf einen Balanceakt: Die allermeisten von ihnen argumentieren, dass das Verfahren an sich nicht zulässig sei, weil Trump gar nicht mehr im Amt ist. Sie dürften darauf hoffen, eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Vorwürfen vermeiden zu können.
45 der 50 Republikaner im Senat unterstützten kürzlich einen Antrag aus den eigenen Reihen, mit dem das Verfahren für verfassungswidrig erklärt werden sollte. Das reichte zwar nicht dafür, dessen Fortgang zu verhindern. Das Stimmverhalten machte aber deutlich, dass die für eine Verurteilung notwendige Zweidrittelmehrheit im Senat nicht absehbar ist – dafür müssten 17 Republikaner mit den 50 Demokraten im Senat votieren.
Tatsächlich ist unter Juristen umstritten, ob das Verfahren gegen einen Ex-Präsidenten im Einklang mit der Verfassung steht. Der Wissenschaftliche Dienst des Kongresses kommt allerdings zu dem Schluss, dass die meisten Gelehrten es für zulässig halten.
Nicht zuletzt gibt es einen Präzedenzfall: US-Kriegsminister William Belknap trat 1876 unmittelbar vor der Abstimmung über die Eröffnung eines Amtsenthebungsverfahrens im Repräsentantenhaus zurück, um dem Prozess zu entgehen. Der Senat nahm das Verfahren trotzdem auf.
Die Ankläger des Repräsentantenhauses argumentieren jetzt, dass es nicht im Sinne der Urheber der Verfassung gewesen sein könne, die Nation «gegen den Verrat eines Präsidenten in seinen letzten Tagen» wehrlos zu lassen.
«Ein Präsident muss sich umfassend für sein Verhalten im Amt von seinem ersten bis zu seinem letzten Tag im Amt verantworten», heisst es in ihrer 80-seitigen Stellungnahme. Die Anklagevertreter verweisen auch darauf, dass die Eröffnung des Verfahrens beschlossen wurde, als Trump noch im Amt war.
Die Verteidigung
Trumps Verteidiger in dem Verfahren stehen erst seit vorvergangenem Sonntag fest. Der Sender CNN berichtete, das ursprünglich vorgesehene Team habe hingeschmissen, weil Trump verlangt habe, dass die Anwälte sich auf seine unbelegten Wahlbetrugsvorwürfe konzentrieren – statt die Rechtmässigkeit des Verfahrens infrage zu stellen.
Die Zeit für die Stellungnahme der neuen Verteidiger Bruce Castor und David Schoen war also knapp bemessen, worauf auch ein Rechtschreibfehler («Unites States Senate») gleich zu Beginn der 14 Seiten hindeuten mag. Castor und Schoen argumentieren ebenfalls, dass das Verfahren gegen einen Ex-Präsidenten – und damit gegen eine Privatperson – verfassungswidrig sei. Sie stellen aber zudem in Abrede, dass Trump den Mob überhaupt aufgestachelt habe, was im Widerspruch zu Aussagen führender Republikaner steht.
Trump hatte bei der Kundgebung unter anderem gesagt: «Wenn Ihr nicht wie der Teufel kämpft, werdet Ihr kein Land mehr haben.» Die Anwälte argumentieren nun, Trump habe damit nur die Notwendigkeit betont, «für die Sicherheit von Wahlen generell» zu kämpfen. Sie sehen Trumps Ansprache ausserdem durch das in der Verfassung verankerte Recht auf Redefreiheit gedeckt.
Trumps Wahlbetrugsvorwürfe haben nun ebenfalls Eingang in die Verteidigung seiner neuen Anwälte gefunden, auch wenn sie sich diese nicht zu eigen machen. «Es gibt nicht genügend Beweise, aus denen ein vernünftiger Jurist schliessen könnte, dass die Aussagen des 45. Präsidenten richtig waren oder nicht, und er bestreitet daher, dass sie falsch waren», schreiben sie in ihrer Stellungnahme. Das Online-Magazin Slate nennt das die «verrückteste Verteidigung: Trump denkt, dass er gewonnen hat, also ist er unschuldig».
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