Olympia Schleppender Kampf gegen Corona: In Japan wächst die Ungeduld

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8.5.2021

Die Olympischen Spiele rücken näher, doch Japan bekommt die Pandemie nicht in den Griff. Immer mehr Menschen lehnen das sportliche Grossereignis in der Krise ab.

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Züge voller Pendler, die nach einer einwöchigen Feiertagspause zur Arbeit zurückkehren; Frustrierte junge Leute, die wegen geschlossener Bars auf der Strasse trinken; Proteste gegen einen möglichen Besuch des IOC-Präsidenten: In Japan brechen sich derzeit Unzufriedenheit und Ungeduld Bahn. Elf Wochen vor den Olympischen Spielen in Tokio gehört Japan zu den Industriestaaten mit den wenigsten Impfungen weltweit, während sich das Coronavirus weiter ausbreitet.

Die Regierung bemüht sich, der besorgten Bevölkerung zu demonstrieren, dass sie die Lage unter Kontrolle hat. Am Freitag gab sie bekannt, den Ausnahmezustand in Tokio und anderen Gebieten, der eigentlich am Dienstag enden sollte, auf zwei weitere Präfekturen auszuweiten und bis Ende Mai zu verlängern.



Für Ministerpräsident Yoshihide Suga ist die Entscheidung nicht nur eine Massnahme im Kampf gegen das Virus, sondern auch ein politischer Drahtseilakt. Denn in der Bevölkerung wächst der Widerstand gegen die Ausrichtung der Olympischen Spiele inmitten der Pandemie. Viele Japaner werfen der Regierung vor, um jeden Preis an dem sportlichen Grossereignis festhalten zu wollen.

Deutlicher Anstieg der Corona-Zahlen in Tokio

Das Land hat bisher auf einen harten Lockdown zur Eindämmung der Infektionen verzichtet. Notstandsverordnungen erwiesen sich in der Vergangenheit allerdings als wenig wirksam, da sie nicht bindend waren für Privatpersonen und Unternehmen, sondern nur auffordernden Charakter hatten. Im Februar verschärfte die Regierung schliesslich die Massnahmen.

Seitdem müssen nicht-systemrelevante Unternehmen schliessen oder ihre Öffnungszeiten verkürzen: Wer sich daran hält, bekommt eine Entschädigung, andernfalls drohen Bussgelder. Allerdings kommt die Verschärfung zu einer Zeit, in der die Menschen sich zunehmend ungeduldig und weniger kooperationsbereit zeigen. Daher steht der Effekt weiter in Frage.

Am Freitag – zwei Tage nach Ende der Feiertage der «Goldenen Woche» – meldete die Hauptstadt 907 neue Corona-Infektionen. Das war ein deutlicher Anstieg von den 635 Fällen zu Beginn des jüngsten Notstands im April und lag deutlich über dem empfohlenen Ziel von 100. Nach Ansicht von Experten sind zudem während der Feiertage womöglich viel weniger Menschen getestet worden, da zahlreiche Testzentren und Krankenhäuser geschlossen waren. Daher bildeten die Zahlen während und kurz nach den Feiertagen eventuell nicht die Realität ab.

Tokio steht diesen Sommer im Zeichen der fünf Ringe – doch die Unzufriedenheit der Einheimischen wächst.
Tokio steht diesen Sommer im Zeichen der fünf Ringe – doch die Unzufriedenheit der Einheimischen wächst.
Bild: Keystone/AP Photo/Koji Sasahara

Sind sichere Olympische Spiele überhaupt möglich?

In der «Goldenen Woche» waren an Touristenorten in Kyoto und Nara trotz der Aufforderung, zu Hause zu bleiben, deutlich mehr Menschen zu sehen als im vergangenen Jahr. Im Zentrum von Tokio versammelten sich junge Leute mit Dosenbier und Snacks in Parks, da die Bars geschlossen waren. Nach Ende der Ferien ignorierten viele die Bitte, im Homeoffice zu arbeiten, und kehrten stattdessen in überfüllten Zügen ins Büro zurück.

Nun wird also der Notstand ausgeweitet und verlängert, auch mit Blick auf die Olympischen Sommerspiele, die nach der Absage im vergangenen Jahr am 23. Juli bis 8. August stattfinden sollen. Am 17. Mai soll ein Besuch des Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Thomas Bach, geplant sein.

Doch kann Japan überhaupt sichere Sommerspiele abhalten? Ministerpräsident Suga gibt sich bisher noch zuversichtlich. Er war wegen des Vorwurfs, zu spät Massnahmen gegen die Pandemie ergriffen zu haben, immer wieder in die Kritik geraten. Dennoch zögerte er, der durch die Krise ohnehin schon angeschlagenen Wirtschaft weiteren Schaden zuzufügen, und versprach, den Notstand «kurz und intensiv» zu halten. Experten warnen allerdings, dass eine Dauer von nur knapp über zwei Wochen nicht ausreichen werde, um die Infektionen effektiv zu bremsen.

Regierung wegen Impfkampagne unter Druck

Japan hat seit Beginn der Pandemie bislang etwa 616'000 Corona-Fälle verzeichnet, rund 10'500 Menschen starben. Am schwersten betroffen ist Osaka. Dort starbten einige Patienten zuletzt zu Hause, nachdem sich ihr Zustand verschlechtert hatte, während sie auf ein freies Bett im Krankenhaus warten mussten.



Auch wenn der Notstand verlängert wird, für die Wirtschaft werden die Beschränkungen wieder leicht gelockert. Bars, Karaoke-Studios und andere Freizeiteinrichtungen müssen zwar bis Ende Mai geschlossen bleiben. Aber Geschäfte dürfen verkürzt öffnen, und Stadien und Konzerthallen dürfen bis zu 5000 Besucher bzw. die Hälfte ihrer Kapazität einlassen. Zum Tragen von Masken, zum Zuhausebleiben und anderen Massnahmen für die Allgemeinheit wird weiterhin nur unverbindlich aufgerufen.

Auch wegen ihrer nur im Schneckentempo angelaufenen Impfkampagne steht die Regierung in der Kritik: Seit Beginn Mitte Februar wurde erst weniger als ein Prozent der Bevölkerung voll geimpft.