DeutschlandDeutsche Politiker werfen Trump Angriff auf die Demokratie vor
SDA
4.11.2020 - 14:17
Die Reaktion von Präsident Donald Trump auf das knappe Zwischenergebnis bei der US-Wahl hat in Deutschland für Empörung gesorgt. Politiker aus Koalition und Opposition warfen Trump am Mittwoch einen Angriff auf die Demokratie vor. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) nannte die unklare Situation am Mittwoch im ZDF «sehr explosiv» und sprach von einer «Schlacht um die Legitimität des Ergebnisses». Die AfD verzichtete auf harsche Kritik an Trump.
Trump hatte sich vor Auszählung aller Stimmen zum Sieger erklärt und angekündigt, eine weitere Auszählung vom Obersten US-Gericht stoppen lassen zu wollen. Die Bundesregierung als Ganzes wollte das am Mittwoch mit Hinweis auf das noch fehlende Endergebnis der Wahl nicht kommentieren. «Solange das so ist, verfolgt die Bundesregierung alles aufmerksam, aber sie kommentiert den Stand der Dinge nicht», sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.
Besonders von SPD, Linken, Grünen und FDP kam dagegen heftige Kritik an Trump. «Ein Kandidat, auch wenn er der amtierende Präsident ist, der dazu aufruft, Briefwahlstimmen nicht weiter auszuzählen, handelt antidemokratisch», sagte SPD-Chefin Saskia Esken der «Rheinischen Post» dazu. Linken-Chef Bernd Riexinger sprach von einem «erneuten Angriff auf die Demokratie», der Grünen-Europapolitiker Reinhard Bütikofer sogar von einem «beispiellosen Angriff». Etwas Vergleichbares habe es seit der Gründung der Vereinigten Staaten vor mehr als 230 Jahren nicht gegeben.
FDP-Chef Christian Lindner sagte im ZDF eine «dramatische Konfliktsituation» voraus. Das könne unabsehbare Folgen für die USA, aber auch für die restliche Welt haben. «Es entsteht natürlich eine Situation, in der gegebenenfalls die Vereinigten Staaten auf der internationalen Ebene überhaupt nicht handlungsfähig sind. Die beschäftigen sich dann nur mit sich selbst.»
Der Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, Peter Beyer, befürchtet sogar, dass es bei einer längeren Hängepartie zu gewalttätigen Ausschreitungen kommen könnte. «Wenn es dauert, bis es eine rechtskräftige Entscheidung über den Wahlsieger gibt, ist zu befürchten, dass es auch auf den Strassen zu Konfrontationen zwischen beiden Lagern kommt», sagte der CDU-Politiker der dpa. Er fügte aber hinzu: «Das Szenario eines Bürgerkriegs halte ich für völlig übertrieben.»
Die AfD reagierte als einzige der im Bundestag vertretenen Parteien zurückhaltend auf die vorzeitige Siegeserklärung Trumps. «Das ist vielleicht eher der Aufregung des Wahlgeschehens geschuldet», sagte Parteichef Jörg Meuthen der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Man müsse sich deshalb keine Sorgen um das Funktionieren der Demokratie in den USA machen.
In Deutschland hatten viele auf eine eindeutige Mehrheit Bidens gehofft. In Umfragen vor der Wahl hatte sich eine grosse Mehrheit den Herausforderer von der Demokratischen Partei als US-Präsidenten gewünscht, nur etwa jeder Zehnte war für Trump.
Das deutsch-amerikanische Verhältnis ist unter dem 74 jährigen auf einen Tiefpunkt abgesackt. Er hat Deutschland vier Jahre lang in erster Linie als Kontrahenten und nicht als Verbündeten betrachtet und sogar mit Sanktionen unter Druck gesetzt. Eine Wiederwahl würde die Bundesregierung kalt erwischen, meint der CDU-Aussenpolitiker Norbert Röttgen.
«Wir sind darauf nicht vorbereitet», sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag in der ARD. Sollte Trump für vier weitere Jahre Präsident bleiben, würde es eine Steigerung all dessen geben, was man in der ersten Amtszeit erlebt habe. «Es macht einen Unterschied, ob man vier Jahre die Nato überraschend in Zweifel zieht oder ob das acht Jahre lang passiert.»
Beyer betonte aber, dass sich Deutschland auch bei einem Wahlsieg Trumps um eine konstruktive Zusammenarbeit mit den USA bemühen müsse. «Es wäre geradezu unverantwortlich, wenn wir uns trotzig in die Schmollecke zurückziehen würden, wenn Trump gewinnt», sagte er.
Bundesaussenminister Heiko Maas (SPD) hatte vor der Wahl angekündigt, unabhängig vom Ausgang mit Vorschlägen für einen Neustart in den transatlantischen Beziehungen auf die USA zugehen zu wollen. Er sprach dabei von einem «New Deal».
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