Nord Stream 2Deutschland und USA sind sich im Streit über Gaspipeline offenbar einig
dpa
21.7.2021 - 06:02
Knapp eine Woche nach dem Besuch Angela Merkels in Washington scheint eine Lösung greifbar. Insbesondere die Ukraine soll konkrete Hilfen erhalten, wie aus Kongresskreisen verlautet. Details sollen bei einer offiziellen Bekanntgabe vielleicht schon am Mittwoch folgen.
dpa
21.07.2021, 06:02
21.07.2021, 08:14
dpa/dor
Deutschland und die USA sind in dem Streit über die Ostsee-Pipeline für russisches Erdgas offenbar einer vorläufigen Vereinbarung nahegekommen. Kongressmitarbeiter in Washington sagten am Dienstag, der Deal werde die Fertigstellung von Nord Stream 2 erlauben, ohne dass Deutschland und Russland mit Sanktionen belegt werden.
Das US-Aussenministerium hatte bereits am Montag angekündigt, dass ein Diplomat noch diese Woche nach Polen und in die Ukraine reisen werde, um über Nord Stream 2 zu sprechen. Der Aussenministeriumsberater Derek Chollet soll am Dienstag und Mittwoch Kiew und Warschau besuchen. Die polnische Regierung und die ukrainische Regierung lehnen die sie umgehende Pipeline vehement ab, ebenso viele Mitglieder des US-Kongresses sowohl von den Demokraten als auch den Republikanern.
Über Details der Vereinbarung wurde noch nichts mitgeteilt, eine offizielle Mitteilung dazu könnte aber bereits am Mittwoch kommen, hiess es. Der Aussenministeriumssprecher Ned Price bestätigte nicht, dass es ein Abkommen gebe. «Die Deutschen haben nützliche Vorschläge eingereicht und es ist uns gelungen, Fortschritte bei Massnahmen zu machen, um dieses gemeinsame Ziel zu erreichen», sagte Price. Dabei gehe es darum, «dafür zu sorgen, dass Russland Energieflüsse nicht als Waffe einsetzen kann».
Die US-Regierung sei «weiterhin gegen die Nord-Stream-2-Pipeline», sagte Price. «Wir betrachten sie als geopolitisches Projekt des Kremls, das dazu dient, den Einfluss Russlands auf die Energieressourcen Europas auszuweiten und die Ukraine zu umgehen.»
In Washington befürchten Politiker beider Parteien, dass Nord Stream 2 Polen und die Ukraine von der Erdgasversorgung abschneiden könnte und Moskau zu viel Macht über die europäische Gasversorgung geben könnte. Aber die Pipeline ist fast fertig und die Regierung von US-Präsident Joe Biden scheint entschlossen, die in der Amtszeit von dessen Vorgänger Donald Trump beschädigten Beziehungen zu Berlin zu reparieren.
Die Pipeline war ein Thema beim Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel vergangene Woche. Merkel ist für die Pipeline und Biden hat angedeutet, dass eine Bestrafung Deutschlands deswegen kontraproduktiv für breitere US-Interessen sein könnte.
Biden hat Sanktionen gegen die in Zug ansässige Firma Nord Stream 2 AG, die die Pipeline baut, weggelassen. Es wird erwartet, dass in der deutsch-amerikanischen Vereinbarung zu Nord Stream 2 festgeschrieben wird, dass die Ukraine einen Kredit über umgerechnet rund 46 Millionen Franken für «grüne Technologie» bekommt, eine Garantie für den Ersatz von Transiteinnahmen für russisches Erdgas bis 2024 und eine Zusage von Berlin und Washington, dass Sanktionen gegen Russland wieder in Erwägung gezogen werden, sollte Moskau Gas als eine politische Waffe einsetzen, wie aus Kongresskreisen verlautete.
Bei der Nord Stream 2 AG ist der russische Konzern Gazprom formal einziger Anteilseigner. Dazu kommen aber als «Unterstützer» die deutschen Konzerne Wintershall Dea – ein Gemeinschaftsunternehmen von BASF und LetterOne – und Uniper (eine Abspaltung von Eon) sowie die niederländisch-britische Shell, Engie (einst GDF Suez) aus Frankreich und OMV aus Österreich. Nord-Stream-Aufsichtsratschef ist Deutschlands Altkanzler Gerhard Schröder, bei Nord Stream 2 ist er Verwaltungsratspräsident.