Mamdani (noch) aussen vor«Die Demokraten haben ganz klar nicht die Leader, die sie brauchen»
Philipp Dahm
4.11.2025
Zohran Mamdani hält letzte Wahlkampf-Rede
In New York steht eine Wahl mit Signalwirkung bevor: Der linke Shootingstar Zohran Mamdani könnte das politische Establishment der Stadt erschüttern. Die Nervosität in der Finanzwelt ist riesig.
27.10.2025
Während sich Zohran Mamdani anschickt, die Bürgermeister-Wahl in New York zu gewinnen, hält seine Partei Abstand. Die Führung der Demokraten versagt dabei, sich als echte Opposition zu Donald Trump zu positionieren, monieren Kritiker: Ihnen fehle eine «kohärente Vision».
«Hier ist eine kontroverse Meinung: Ich mag die Wochenenden», sagt Charlamagne Tha God in der «Daily Show». «Denn zuletzt standen Wochenenden für Spass, Familie und dafür, ‹F*** dich› zu Faschisten zu sagen.»
Der Comedian und Moderator spricht natürlich die No-Kings-Proteste in den USA an, die in ihrer letzten Ausgabe sieben Millionen Amerikanerinnen und Amerikaner auf die Strasse gebracht haben. «Ich bin 90 Jahre alt, und ich habe das Land noch nie in so einer Verfassung gehen», sagt eine Frau in dem eingespielten News-Clip.
Donald Never Trump has lost his f👀king mind. He kicked off his PA rally, in the birth city of Arnold Palmer, and decided he'd honor the man...
«Wow, 90 Jahre alt, und das ist das Schlimmste, was sie in unserem Land gesehen hat?», wundert sich Tha God. «Sie hat die Weltwirtschaftskrise erlebt, einen Weltkrieg, Polio – aber sie so: ‹Wenigstens musste ich früher nichts über Arnold Palmers Schw*** hören.›» Der Hintergrund: Donald Trump hat das Gemächt des Golfers des Öfteren öffentlich gepriesen.
«Die Leute schreien nach Veränderung»
Sieben Millionen Protestierende? «Ich dachte, Weisse kommen nur so in Fahrt, wenn es eine neue La-Croix-Geschmacksrichtung gibt», lästert der 47-Jährige – und wird ernst: «Die Leute sind eindeutig wütend. Die Leute schreien nach Veränderung. Demokraten, schauen wir mal, wie ihr die Energie nutzt.»
Kohlensäurehaltige Getränke: Das sind La-Croix-Produkte.
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Auftritt Chuck Schumer. Der 74-jährige Demokrat steht wie ein Lehrer an einer Tafel. «Lasst und die Fakten ansehen: Das sogenannte Big Beautiful Bill, das tatsächlich in grosser, hässlicher Betrug ist, kürzt eine Billion Dollar bei der Gesundheitsversorgung. Die Krankenversicherungsprämien werden um 93 Prozent steigen.»
Wie der Oberlehrer: Chuck Schumer versucht an einer Tafel, Opposition zu machen.
Bild:YouTube/The Daily Show
«Nein, nein, nein», schüttelt Tha God den Kopf, «Wir wollen, dass ihr gleich viel Energie [wie die Protestierenden] habt! Versucht es nochmal!» Es folgt ein Clip der Demokratin Debbie Wasserman Schultz: «Können Sie mich sehen?», fragt sie im Video, in dem sie im Dunkeln steht. «Nun, natürlich können Sie das nicht, denn die Republikaner haben das Licht ausgemacht.»
Wann erneuern sich die Demokraten?
Der Moderator schüttelt bloss den Kopf, bevor der dritte Einspieler kommt: Diesmal spricht Hakeem Jeffries. «Diese Republikaner sind nicht die Partei von Gesetz und Ordnung», sagt der Anführer der demokratischen Minderheit im Repräsentantenhaus. «Sie sind die Partei der Gesetzlosigkeit und der Unordnung.»
Hakeem Jeffries says " these Republicans, they are not the party of law and order; they're the party of lawlessness and disorder." pic.twitter.com/NVPQpnZdGZ
— Ken Klippenstein (NSPM-7 Compliant) (@kenklippenstein) October 21, 2025
«Kommt schon», nervt sich Tha God. «Die Leute sind wütend: Warum redet Hakeem Jeffries wie der [Barack] Obama von [der Fastfoodkette] Chuck E. Cheese? Was tun wir? Die Demokraten haben ganz klar nicht die Leader, die sie brauchen, um dem Moment gerecht zu werden.»
Man kenne die Situation vom Sport: Da müsse man manchmal ein Team neu aufbauen und junge Talente entwickeln. «Und irgendwann kommt der Punkt, an dem die alten Typen in Pension gehen müssen.» Auch die Demokraten sollten nun «aufregende neue Kandidaten» auswählen. «Was habt Ihr?»
«Ihr könnt doch einfach Mamdani unterstützen?»
Der nächste Clip ist natürlich ernüchternd: Da berichtet eine Nachrichten-Sprecherin, dass Janet Mills, die demokratische Gouverneurin von Maine, in den Senat einziehen wolle. Schumer habe die 77-Jährige dazu überredet, die – falls sie gewinnt – älteste Neue im Senat in der US-Geschichte wäre.
Charlamagne Tha God reicht es: «Schaut auf Zohran Mamdani, okay? Er ist jung, es gibt viel Aufregung um seine Kampagne, er hat die Vorwahl mit überwältigender Mehrheit gewonnen – Ihr könnt doch einfach ihn unterstützen?»
Nein, das wollen sie nicht, besagt der nächste Einspieler: «Viele Demokraten in Washington zögern immer noch oder sind dagegen, Zohran Mamdani zu unterstützen», heisst es auf CNN. Dann ist Chuck Schumer zu sehen: «Alles, was ich ihnen erzählen kann, ist, dass ich weiter mit ihm reden werde», sagt er über den Parteikollegen.
«Das ist nicht die Führung, die wir brauchen»
«Worauf warten Sie noch?», fragt CNN-Frau Dana Bash. Schumer macht eine Pause. «Ich muss weiter mit ihm reden. Und das ist es, was ich tun werde.» Hat er Angst, er gerate ins Kreuzfeuer, wenn er einen Sozialisten unterstützt? «Ich werde weiter mit ihm reden, Dana. Sie können mich nochmal fragen.»
Am Gesicht von Dana Bash lässt sich ablesen, wie befriedigend die Antwort von Chuck Schumer ist.
Bild:YouTube/The Daily Show
«Kann jemand Chuck Schumer bitte neu starten?», ätzt Tha God. «Der Mann ist eindeutig allergisch gegen Allergie. Das ist nicht die Führung, die wir brauchen. Das sind dieselben demokratischen Anführer, die uns ihre besch******* Kandidaten in den Rachen stopfen und sagen, wir müssen sie unterstützen, weil es heisst: Wählt blau – egal wen.»
CHUCK SCHUMER: We sent him [Trump] a very strong letter just the other day.
— Ken Klippenstein (NSPM-7 Compliant) (@kenklippenstein) April 27, 2025
Auch nach Joe Bidens katastrophalen TV-Duell mit Trump hätten die Demokraten gebetsmühlenartig wiederholt, sie stünden zu ihrem Kandidaten. «Das bringt mich zu dem wahren Problem: Demokratische Anführer unterstützen nie Kandidaten, die vielleicht das kapitalistische System stören. Aber wisst Ihr was? Das System funktioniert nicht.»
«Niemand kümmert es»
Amerika wolle dieses System verändern – so «wie Trump den Ostflügel [des Weissen Hauses]», weiss Tha God. «Demokraten glauben, sie bekommen einen Keks, weil sie die rationalsten im Raum sind.» Aber: «Niemand kümmert es. Demokraten unterschätzen, wie bereit die Wählenden sind, zu handeln.»
Hakeem Jeffries says Zohran Mamdani is not the future of the Democratic Party.
Das zeige der Fall der Absetzung von Late-Night-Host Jimmy Kimmel: «Die Leute wurden so schnell mobilisiert: Disney hat in weniger als eine Woche einen Rückzieher gemacht. Die Leute haben eine Veränderung bewirkt. Und das ist der Punkt: Wenn man diese Energie in eine kollektive Aktion verwandelt, bekommst du Sch***** geregelt.»
Me seeing Adams in the club vs me seeing Mamdani in the club
Die USA seien derzeit wie «ein fetter A***» und die Demokraten wüssten nicht, «wie man ihn richtig schlagen kann»: Schumer und Jeffries müssten an der Spitze der Partei Platz für Neues machen. Ins selbe Horn stösst Late-Night-Legende Jon Stewart, der dem «New Yorker» Rede und Antwort steht.
Die Demokraten «brauchen eine kohärente Vision»
Er habe das Publikum der «Daily Show noch nie «so durstig nach Führung» erlebt. Die Demokraten seien reif für einen Wahlsieg wie der von Donald Trump im Jahr 2016, glaubt der 62-Jährige. «Hoffentlich wird es jemand sein, der diese Kraft für Gutes nutzt und nicht für Selbsterhöhung.»
CNN: Hakeem Jeffries was asked this morning if you're the future of the democratic party. He said no.
ZOHRAN MAMDANI: Good to know.
CNN: Do you have a response?
MAMDANI: No. I'm focused on the next two days.
Die Demokraten müssten den Wählenden mehr anbieten als den «Nicht-Trump». Die Partei brauche mehr als bloss das Negative. «Sie brauchen eine kohärente Vision. Man kann über Donald Trump denken, was man will: Er präsentiert seinem Publikum eine kohärente Vision.»
Apropos: Für den US-Präsidenten ist Zohran Mamdani ein «Kommunist» – auch wenn der Mitvorsitzende der Kommunistischen Partei ihn als «demokratischen Sozialist» betitelt – siehe obiges Video. Trump kündigt in einem CBS-Interview an, dass es Folgen haben werde, wenn Mamdani gewinne.
Obama unterstützt Mamdani
«Für mich als Präsident würde es hart sein, New York viel Geld zu geben», sagt Trump. «Wenn ein Kommunist New York regiert, verschwendet man das Geld, dass man dort hinschickt.» Er würde «einen schlechten Demokraten» einem «Kommunisten» vorziehen, sagt der 79-Jährige.
President Trump makes it clear on 60 Minutes that he won’t hesitate to withhold federal funds from soon-to-be New York City Mayor Zohran Mamdani.
«Manche Leute haben ihn mit einer linken Version von Ihnen verglichen, charismatisch, die alte Regeln brechend. Was halten Sie davon?», wird Trump noch gefragt. Seine Antwort: «Nun, ich denke, ich sehe viel besser aus als er, oder?»
Could New York’s mayoral front-runner be the saviour of the Democratic Party?
In the New York City mayoral race, some believe that the future of the Democratic Party may lie with the 34-year-old who is expected to cruise to victory. Zohran Mamdani, a self-professed democratic socialist, has…
Wie dem auch sei: Mamdani schickt sich an, die heutige Wahl für sich zu entscheiden. Die jüngste Umfrage verortet den 34-Jährigen sechs Prozentpunkte vor dem Zweitplatzierten. Andrew Cuomo kommt nur auf 34 Prozent.
Der unabhängige Senator Bernie Sanders und die demokratsiche Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez haben Mamdanis Wahlkampf unterstützt.
Bild:Keystone
Und während die Führung seiner Partei Abstand zu dem aussichtsreichen Kandidaten hält – aus Angst vor Attacken der Republikaner –, trauen sich einige Mitglieder doch noch, sich hinter den wohl künftigen Bürgermeister von New York zu stellen. So hat sich neben Kamala Harris und der New Yorker Gouverneurin Kathy Hochul auch Ex-Präsident Barack Obama für Mamdani ausgesprochen.
Gerrymandering erklärt: Wie sich die US-Politik mit Wahlkreis-Mauscheleien ins eigene Fleisch schneidet
Als Gerrymandering bezeichnen die Amerikaner die Verschiebung von Wahlkreisen, um politisch daraus Vorteile zu ziehen. Sowohl Republikaner als auch Demokraten haben es getan – oder wollen es tun. Die Politiker vergessen dabei jedoch etwa, veranschaulicht das blue-News-Video.