Late Night USA «Die EU? Kanada? Haben wir noch irgendwelche Freunde?»

Philipp Dahm

4.2.2025

Jon Stewart zieht in der «Daily Show» Bilanz nach zwei Wochen Donald Trump: Der neue Präsident nimmt nicht nur Transmenschen und DEI ins Visier, sondern auch Verbündete, die stets an Uncle Sams Seite standen.

Philipp Dahm

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Jon Stewart zieht in der «Daily Show» Bilanz nach zwei Wochen Donald Trump.
  • Stewart kritisiert, dass sich die Regierung auf die Bekämpfung von Transsexuellen und DEI-Vorschriften fixiert.
  • «Was passiert hier?» Trump greife ohne Not Verbündete wie Kanada und die EU an.
  • Stewart moniert die schwache Antwort der Demokraten auf Trumps Gebaren.
  • Die Republikaner würden die «Grundeinstellung für Kompetenz» aus «Weisser Typ» stellen, obwohl viele von ihnen ihre Jobs nicht ausüben dürften, wenn es wirklich nach Leistung ginge.

Immer am Montagabend übernimmt Jon Stewart die Moderation der «Daily Show». Und nachdem Donald Trump seit zwei Wochen an der Spitze der USA steht, ist das weltweite Interesse an dem, was die Late-Night-Legende zu sagen hat, enorm: In gut 5 Stunden wird sein Monolog auf YouTube eine Million mal angesehen.

Nach diesen zwei Wochen zeige sich, welche «bösen kraftvollen Kräfte» am Werk sind, vor denen Trump die USA retten will. Im Newsclip ab Minute 1:38 erfährt der Zuschauer, dass US-Behörden auf ihren Websites die Referenzen auf Transmenschen tilgen: Statt LGBT heisst es nur noch LGB, also Lesben, Schwule und Bisexuelle.

Das Studiopublikum buht. «Sie haben keine Ahnung, welchen Schaden das T in unserer Nation angerichtet hat» kommentiert Stewart und erntet Gelächter. «Konsonanten», zürnt er. «Ich denke, ihr werdet alle zustimmen, wenn ich sage: Es gibt kein T in USA.» Stewart macht eine Kunstpause. «Gut, wenn man es ausschreibt, gibt es ein Problem.»

«Die EU? Kanada? Haben wir noch irgendwelche Freunde?»

Welche anderen Dinge machen die USA «great again»? In offiziellen Mails und Internetadressen dürfen keine Pronomen mehr vorkommen. «Keine Pronomen mehr in Mailsignaturen: Viel Glück beim Unterschreiben der E-Mails, Präsident Xi», kalauert der Moderator, weil der Name von Chinas starken Mann wie das Wort «she» klingt.

Präsident Xi muss einen Namen ändern, wenn es nach Trumps Administration geht.
Präsident Xi muss einen Namen ändern, wenn es nach Trumps Administration geht.

Trump beweise damit, dass er «immer noch eine Art A****» sei. «Aber glaubt mir: Er hat seinen Blick nicht von Amerikas wahren Staatsfeinden abgewendet», sagt der 62-Jährige. Im Video ab Minute 3:25 folgen die News, die die Welt ins Schwitzen bringen: Panama, Grönland, Dänemark im Krisenmodus. «Es ist die Achse von ‹Wo sind die?›», feixt Stewart.

Es gebe aber noch schlimmere Finger, die viel näher seien als gedacht: Zölle für Kanada, Mexiko und bald auch die EU sollen folgen. «Was passiert hier?», flüstert Stewart. «Die EU? Kanada? Haben wir noch irgendwelche Freunde? Ich meine: Mexiko verstehe ich. Trump hasst Mexiko eigentlich seit [seinem Wahlsieg 2016]. Das ist die Wahrheit. Aber Kanada?»

Mehr für die Welt? «Wir sind ein schrecklicher Freund»

Der New Yorker ist einigermassen fassungslos: «Wir zetteln eine Schlägerei mit unserem zuverlässigsten und angenehmsten Freund an, dem [Golden Retriever] der Verbündeten?»

«Wir sind ein schrecklicher Freund»: Kanada kann ein Lied davon singen.
«Wir sind ein schrecklicher Freund»: Kanada kann ein Lied davon singen.

Das müsse wohl der neue, harte Trump sein: «Du musst auf den Gefängnishof gehen und direkt auf den einen Typen zu – der wirklich überhaupt kein Problem zu sein scheint –», Gelächter im Publikum, «und», Stewart imitiert einen Messerstich», «nimm das, bester Freund, der bereitwillig bei jedem lächerlichen Krieg mitgekämpft hat, in dem wir je waren. Das soll dem Rest der Welt eine Lektion sein: Wir sind ein schrecklicher Freund.»

Zumindest erkläre Trump, warum er so ein Problem mit dem Nachbarn hat, verteidigt ihn Stewart – zu sehen ab Minute 6:25: «Ich habe mir einige der Deals angeguckt, die gemacht wurden. Ich sagte: Wer zur Hölle hat diese Deals gemacht, die so schlecht sind?» «Ladys und Gentlemen», grinst John Stewart und im Studio lachen die Leute bereits. «Nicht vorgreifen», stimmt Stewart ein.

«Könnt ihr bitte aufhören, Schumer antraben zu lassen?»

Jeden ist klar, was nun kommt – im Rückblick auf das Jahr 2018: Trump selbst unterschreibt im folgenden Newsclip ein neues Handelsabkommen, das NAFTA ersetzt. «Das beste Handelsabkommen, das je geschlossen wurde», lobt sich der damalige und jetzige Präsident nach der Unterzeichnung noch selbst. «Doh», kommentiert Stewart im Stil des Zeichentrick-Zampano Homer Simpson.

Und die Demokraten? Schicken ausgerechnet Chuck Schumer vor, der im Clip am Minute 7:36 keine gute Figur macht. Der zeigt, was Trumps Zölle alles teurer machen. Er sagt: «Sie werden sich auf ihre ‹Guac› auswirken. Denn woraus ist Guacamole gemacht? Avocados.»

John Stewarts Gesicht spricht Bände: «Deine Antwort auf den Handelskrieg ist, uns verdammt nochmal zu erzählen, dass Guacamole aus Avocados gemacht ist?»
John Stewarts Gesicht spricht Bände: «Deine Antwort auf den Handelskrieg ist, uns verdammt nochmal zu erzählen, dass Guacamole aus Avocados gemacht ist?»

Stewart wendet sich in die zweite Kamera: «Demokraten», sagt er vertraulich, «könnt ihr bitte aufhören, Schumer antraben zu lassen? Immer, wenn Trump ins Unwirkliche abdriftet, ist er nicht gut dabei. ‹Hey, wenn sollen wir bringen, um einen der gerissensten präsidialen Medien-Manipulatoren der Geschichte zu bekämpfen?› ‹Keine Ahnung. Wie wär's mit Schumer? Er ist uninteressant, aber wenigstens ist er monoton.›»

«Kanada, du bist es. Du weisst, warum»

Und dann noch Schumers Stunt mit seiner Brille, über die er immer altväterlich herüberschaut: «Ehrlich: Chuck Schumer beim Reden zuzuhören – bei fast jedem Thema –, bringt mich dazu, Kanada bombardieren zu wollen.»

Mexiko hat den Handelskrieg zunächst abwenden können – mit dem Versprechen, 10'000 Soldaten an die Grenze zu entsenden, um Drogenschmuggel und Migration einzudämmen. Was kann Kanada Trump anbieten? Der sagt: «Ich würde gerne sehen, dass Kanada unser 51. Bundesstaat wird.»

Jon Stwart will sich nicht mit Kanada anlegen, weil er «vielleicht bald ein Apartment», dort mieten müsse.
Jon Stwart will sich nicht mit Kanada anlegen, weil er «vielleicht bald ein Apartment», dort mieten müsse.

«Mexiko, ihr schickt ein paar Truppen an die Grenze», imitiert Stewart den Präsidenten, «aber Kanada: Wenn du als unabhängige Einheit aufhören könntest, zu existieren,... Fair? Was war das, Mexiko? Oh, nein, es gibt nur 51 Staaten, es gibt keinen 52. – sorry! Washington D.C.? Go, f*** yourself. Was war das, Puerto Rico? Nein. Kanada, du bist es. Du weisst, warum.»

Grundeinstellung für Kompetenz auf «weisser Typ» gesetzt

Gut, inzwischen sei auch das überholt, weil auch diese Zölle ausgesetzt seien. Trumps Kreuzzug gegen DEI – Vielfalt, Fairness, Einbindung – hält aber an: Zuletzt hat das Weisse Haus den fatalen Flugzeug-Crash in Washington D. C. damit in Verbindung gebracht – zu sehen ab Minute 12:19.

Late Night USA – Amerika verstehen
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50 Staaten, 330 Millionen Menschen und noch mehr Meinungen: Wie soll man «Amerika verstehen»? Wer den Überblick behalten will, ohne dabei aufzulaufen, braucht einen Leuchtturm. Die Late-Night-Stars bieten eine der besten Navigationshilfen: Sie sind die perfekten Lotsen, die unbarmherzig Untiefen bei Land und Leuten benennen, und dienen unserem Autor Philipp Dahm als Komik-Kompass für die Befindlichkeit der amerikanischen Seele.

«Diese Typen wollen euch glaube machen, dass das Hauptproblem ist, dass Anforderungen irgendwie gesenkt wurden, um sicherzustellen, dass eine schwarze Person oder eine schwule Person die Chance bekommt, dein Flugzeug zu landen», sagt Stewart. Dabei würden gar keine Regeln geändert: «Was sie versuchen, zu tun, ist, die Grundeinstellung für Kompetenz in Amerika auf ‹weisser Typ› zu setzen.»

Und ein Pete Hegseth sei nur Verteidigungsminister geworden, weil er es verdient habe, lästert Stewart und lässt ab Minute 13:47 einen Clip einspielen: «In diesen Vereinigten Staaten von Amerika, kommen wir durch Leistung und nur durch Leistung voran.»  «Ja, durch Leistung und Leistung allein, sagt die Vorsitzende des [Republican National Committee] Lara Trump.» 

Leute wie Pete Hegseth und Lara Trump schimpfen über DEI, obwohl sie eigentlich diejenigen sind, die nicht wegen Ihrer Kompetenzen auf ihren Posten sitzen, so Stewart. Aber: «Sie können Ä**** küssen.» Zu sehen im Clip ab Minute 14:33, in dem Verkehrsminister Sean Duffy und Hegseth Trump für seine «Führung» danken.