Sieben Fragen und Antworten Die US-Zwischenwahlen – worum es geht und wie gewählt wird

SDA/phi

6.11.2018

Die US-Zwischenwahlen haben nicht nur für Uncle Sam, sondern potenziell für die ganze Welt Folgen: Wie abgestimmt wird, wie derzeit die Lage ist und was Experten vorhersagen, klären wir hier.

Zur Amtshalbzeit von Donald Trump wird der US-Kongress neu gewählt. Für den weiteren Verlauf seiner Präsidentschaft sind die Wahlen am Dienstag von fundamentaler Bedeutung.

Wer und was wird gewählt?

Alle 435 Sitze im Repräsentantenhaus werden neu besetzt sowie 35 der 100 Sitze im Senat. Bislang beherrscht Trumps Republikanische Partei beide Kammern, die zusammen den Kongress der Vereinigten Staaten bilden. Der Kongress wird alle zwei Jahre gewählt: Fällt der Urnengang auf die Hälfte der Amtszeit des Präsidenten, spricht man von Zwischenwahlen, also «midterm elections», bei denen die Partei des Amtsinhabers im Weissen Haus in der Regel Stimmen verliert. Der Kongress gibt bundesweite Gesetze vor, kontrolliert den Präsidenten und vor allem das Staatsbudget.

Das Kapitol beherbergt den Kongress – genauer gesagt das Repräsentantenhaus auf der linken und den Senat auf der rechten Seite.
Das Kapitol beherbergt den Kongress – genauer gesagt das Repräsentantenhaus auf der linken und den Senat auf der rechten Seite.
Bild: Keystone

Wie ist die aktuelle Lage im Repräsentantenhaus?

Bei den Zwischenwahlen werden alle 435 Abgeordneten neu gewählt. Im Repräsentantenhaus haben die Republikaner derzeit 236 Mandate, die oppositionellen Demokraten 193. Sieben Sitze sind wegen sechs Rücktritten und eines Todesfalls unbesetzt. Einer der vakanten Plätze ist den Demokraten bereits sicher. Ihre Kandidatin Rashida Tlaib aus dem Bundesstaat Michigan hat keinen republikanischen Konkurrenten und wird als erste muslimische Frau in den Kongress einziehen. Die Demokraten müssen unter dem Strich also noch 24 zusätzliche Mandate für eine Mehrheit gewinnen.

Stolz wie Anton: Rashida Tlaib zieht für Michigan in den Senat ein.
Stolz wie Anton: Rashida Tlaib zieht für Michigan in den Senat ein.
Bild: Keystone

Wie ist die aktuelle Lage im Senat?

Senatoren werden auf sechs Jahre gewählt. Bei den Zwischenzahlen wird also ein Drittel der 100 Sitze neu verteilt. Die Republikaner haben hier nur eine hauchdünne Mehrheit von 51 Sitzen. Von den 35 zur Wahl stehenden Mandaten gehören 26 bislang der Opposition. Um die Mehrheit zu erringen, muss sie diese Sitze möglichst allesamt verteidigen und den Republikanern mindestens zwei Mandate abnehmen.

Der Senat kann in seinen Ausschüssen Politik prägen – wie etwa im Justizausschuss bei der Bestätigung des umstrittenen Brett Kavanaugh als obersten Richter.
Der Senat kann in seinen Ausschüssen Politik prägen – wie etwa im Justizausschuss bei der Bestätigung des umstrittenen Brett Kavanaugh als obersten Richter.
Bild: Keystone

Welche Rolle spielt der Präsident?

Die Wahl dürfte in hohem Masse zur Abstimmung über Trump werden, der die US-Bevölkerung polarisiert wie selten zuvor ein Präsident. Die Hoffnungen der Demokraten werden durch Trumps relativ schwache Popularitätswerte beflügelt. In der jüngsten Gallup-Umfrage sackte die Zustimmung zu seiner Amtsführung von 44 auf 40 Prozent ab. Diese Erhebung fand teilweise noch an jenen Tagen statt, an denen die Briefbomben an prominente Trump-Gegner auftauchten und der tödliche Anschlag auf die Synagoge in Pittsburgh verübt wurde. Sie deutet also darauf hin, dass die Eskalation der politischen Gewalt und die Diskussion um Trumps Verantwortung für das vergiftete politische Klima sich möglicherweise negativ für seine Partei auswirken könnten. Wie scharf die Rhetorik des Präsidenten ist, zeigte nicht zuletzt sein Umgang mit der Mgranten-Karawanne, die allerdings noch Monate bräuchte, die US-Grenze zu erreichen.

Donald Trump bei einem Wahlkampfauftritt in Chattanooga, Tennessee, am 4. November.
Donald Trump bei einem Wahlkampfauftritt in Chattanooga, Tennessee, am 4. November.
Bild: Keystone

Was prognostizieren Experten fürs Repräsentantenhaus?

Die Umfragen und Analysen geben den Demokraten bereits seit Monaten gute Chancen, zumindest das Repräsentantenhaus zu erobern. Laut aktuellem Befund der Website realclearpolitics.com besteht bei 43 der bisherigen republikanischen Sitze eine grössere Chance, dass sie von den Demokraten gewonnen werden. Umgekehrt sind demnach nur fünf bisher demokratische Sitze in grösserer Gefahr.

Die Demokraten haben Oberwasser: Ex-Präsident Barack Obama beim Wahlkampf in Gary, Indiana, am 4. November.  
Die Demokraten haben Oberwasser: Ex-Präsident Barack Obama beim Wahlkampf in Gary, Indiana, am 4. November.  
Bild: Keystone

Was prognostizieren Experten für den Senat?

Die Eroberung des Senats ist eine wesentlich schwierigere Aufgabe für die Demokraten. Es ist nicht einmal gesichert, das sie ihre bisherigen Mandate allesamt verteidigen können. Diese werden teilweise in konservativ geprägten Bundesstaaten vergeben, die Trump vor zwei Jahren deutlich gewann. Der auf Wahlanalysen spezialisierte «Cook Political Report» sieht vier der bisherigen demokratischen Senatssitze akut auf der Kippe. Andererseits haben sie zugleich konkrete Chancen auf vier bisher von Republikanern gehaltene Mandate. Zu diesen gefährdeten Sitzen zählt die Website auch weiterhin jenen des republikanischen Ex-Präsidentschaftsbewerbers Ted Cruz aus Texas. Allerdings ist dessen Vorsprung gegenüber dem zum demokratischen Hoffnungsträger avancierten Konkurrenten Beto O'Rourke zuletzt in den Umfragen gestiegen und liegt derzeit bei rund sieben Prozent.

Oben: Trump über Parteikollege Ted Cruz im Februar 2016. Der untere Tweet vom August 2018 zeigt, dass sich seine Meinung um 180 Grad gedreht hat.

Welche Folgen könnte die Wahl haben?

Schon mit der Eroberung des Repräsentantenhauses könnten die Demokraten Trump das Regieren massiv erschweren. Für Gesetze wird die Zustimmung beider Häuser benötigt. Die Demokraten könnten also viele Vorhaben der Republikaner und des Präsidenten blockieren. Ihre Macht könnten sie zudem nutzen, um die parlamentarischen Untersuchungen zur Russland-Affäre – also zu möglichen Kungeleien zwischen Trumps Wahlkampfteam und Moskau – zu verschärfen. Sogar ein Amtsenthebungsverfahren («Impeachment») gegen Trump wäre nicht mehr völlig unrealistisch. Für dessen Einleitung genügt die einfache Mehrheit im Repräsentantenhaus. Um den Präsidenten am Ende abzusetzen, ist allerdings eine Zweidrittelmehrheit im Senat nötig. Trump nutzt dieses mögliche Szenario für seine Zwecke: Er setzt darauf, dass ihm ein drohendes Amtsenthebungsverfahren hilft, seine Basis zu mobilisieren.

Das untere CBS-Video erklärt, in welchen Staaten die wichtigsten Wahl-Entscheidungen fallen:

Quelle: YouTube

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