Gesetze Diese Änderungen treten heute in der Schweiz in Kraft

hanke, sda

1.7.2024 - 04:31

Heute treten in der Schweiz zahlreiche Gesetzes- und Verordnungsänderungen sowie weitere Neuerungen in Kraft. (Archivbild)
Heute treten in der Schweiz zahlreiche Gesetzes- und Verordnungsänderungen sowie weitere Neuerungen in Kraft. (Archivbild)
Keystone

«Nein heisst Nein», Kostenübernahme für Safer-Sex-Methode oder neue Regeln bei der Batterie-Entsorgung: Am heutigen Montag treten in der Schweiz zahlreiche Gesetzes- und Verordnungsänderungen sowie weitere Neuerungen in Kraft. Hier behalten Sie den Überblick.

hanke, sda

AUSBILDUNG: Bund und Kantone starten heute eine Ausbildungsoffensive im Pflegebereich: Erstens unterstützen die Kantone Spitäler, Pflegeheime und Spitexorganisationen, die praktische Ausbildungsplätze für diplomierte Pflegefachkräfte anbieten, finanziell. Zweitens können sie Personen, die eine Pflegeausbildung an einer Fachhochschule oder höheren Fachschule absolvieren, finanziell unterstützen. Auch erhalten die Schulen Zuschüsse. Mit der Offensive sollen die Arbeitsbedingungen im Pflegebereich verbessert und die Ausbildung gefördert werden. Beides waren Forderungen der 2021 von der Stimmbevölkerung angenommenen Pflegeinitiative. Insgesamt soll die Ausbildung während acht Jahren mit rund einer Milliarde Franken gefördert werden.

BATTERIERECYCLING: Händlerinnen und Händler können neu die Mehrkosten für die Entsorgung von stark beschädigten Batterien in Rechnung stellen. Zudem wird eine Bestimmung zur Rückerstattung der vorgezogenen Entsorgungsgebühr beim Export von Batterien eingeführt. Die Unternehmen erhalten mit der Revision der Verordnung zur Chemikalien-Risikoreduktion (ChemRRV) nach Ansicht des Bundesrats mehr Rechtssicherheit. Im Hinblick auf die zunehmende Menge an Batterien für Elektroautos soll eine einheitliche Umsetzung der Verordnung sichergestellt werden. In der Schweiz besteht eine gesetzliche Rückgabepflicht für alle Konsumentinnen und Konsumenten und eine Rücknahmepflicht für alle Verkäuferinnen und Verkäufer von Batterien.

BREITENSPORT: Neu werden Breitensport-Vereine bei der Unfallversicherung finanziell entlastet. Wer als Sportler oder Trainerin ein jährliches Einkommen von zwei Dritteln des Mindestbetrags der vollen jährlichen AHV-Altersrente (2023: 9800 Franken) nicht überschreitet, muss beim jeweiligen Verein nicht mehr obligatorisch gegen Unfälle versichert werden. Ein allfälliger Unfall wird neu von der Nichtberufsunfallversicherung des Hauptarbeitgebers oder via Unfalldeckung bei der Krankenkasse abgedeckt.

ENERGIE: Die wichtigsten Stromproduzenten und -Netzbetreiber müssen neu Minimalstandards für Cybersicherheit erfüllen. Die vom Bundesrat geänderte Verordnung soll den Schutz vor Cyberangriffen auf Stromversorgungsunternehmen stärken. Eine Änderung der Energieförderungsverordnung legt zudem neu einen Höchstbeitrag für Investitionsbeiträge auch für Biogasanlagen fest. Damit werden diese Anlagen gleich behandelt wie Holzkraftwerke oder Kehrichtverbrennungsanlagen. In der Kernenergieverordnung erhält das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) derweil den Auftrag, den Nachweis der Langzeitsicherheit der Tiefenlager für Atommüll in seinen Richtlinien zu regeln. Und gemäss der geänderten Niederspannungs-Installationsverordnung dürfen Montage-Elektriker neu zuhause Installationsarbeiten vornehmen, die bisher nur Fachpersonen ausführen durften.

GESAMTARBEITSVERTRAG: In der Uhren- und Mikrotechnikindustrie tritt ein neuer Gesamtarbeitsvertrag (GAV) in Kraft. Dieser betrifft fast 55'000 Beschäftigte in über 500 Uhren- und Mikrotechnik-Firmen in der Schweiz. Der GAV sichert den absoluten Arbeitsfrieden in dem Industriesektor bis Ende 2029, wie die Sozialpartner mitteilten. Damit sind Kampfmassnahmen wie Streiks von der Arbeitnehmerseite oder Aussperrungen durch die Arbeitgeber untersagt. Im neuen GAV verlängert sich etwa der Mutterschaftsurlaub von 17 auf 19 Wochen. Der Arbeitgeberbeitrag an die Krankenkassenprämie steigt ab 2025 auf 195 Franken und die AHV-Überbrückungsrente bei frühzeitiger Pensionierung auf 30'000 Franken. Der GAV für die Uhrenindustrie war vor 87 Jahren der erste in der Geschichte der Schweiz.

KRANKENKASSEN: Die Krankenkassen übernehmen für Personen mit erhöhtem Risiko neu die Kosten für die HIV-Präexpositionsprophylaxe. Letztere bezeichnet eine Safer-Sex-Methode vor einem möglichen HIV-Kontakt. HIV-Negative können dabei ein HIV-Medikament einnehmen, um sich bei einem Kontakt vor einer Ansteckung zu schützen. Die Anpassung erfolgt im Rahmen des vom Bundesrat verabschiedeten Programmes «Stopp HIV, Hepatitis-B-, Hepatitis-C-Virus und sexuell übertragene Infektionen (Naps)». Bis 2030 soll es in der Schweiz keine Ansteckungen mit dem Aids-Virus (HIV) und keine Infektionen mit Hepatitis B und C mehr geben.

LUFTVERKEHR: Die Fluggesellschaft Swiss reduziert ihren Verwaltungsrat auf drei von bisher fünf Mitgliedern. Dabei scheiden André Blattmann und Ashwin Bhat aus dem Gremium aus. Zudem wird der scheidende CEO Dieter Vranckx als Nachfolger von Remco Steenbergen neues Mitglied. Die Verkleinerung erfolgt laut der Lufthansa-Tochter im Zuge einer Restrukturierung. Als Konsequenz der Corona-Pandemie sei die Struktur der Fluggesellschaft überprüft worden. Die Verkleinerung sei eine Anpassung an die «neue Swiss» und von der Generalversammlung abgesegnet worden, hiess es. Im Verwaltungsrat verbleiben werden VR-Präsident Reto Francioni und Doris Russi Schurter. Dieter Vranckx wird als drittes Mitglied das Amt des Vizepräsidenten einnehmen.

MIGROS: Das Schweizer Detailhandelsunternehmen Migros setzt seine neue Struktur um. Im Zuge dessen will die Gesellschaft auch mehrere Fachmärkte und Tochtergesellschaften verkaufen, darunter den Elektronikfachhändler Melectronics. Das Unternehmen will im Zuge der Neuausrichtung rund 1500 Arbeitsplätze streichen. Eine erste Streichung von 150 Stellen gab die Migros Supermarkt AG Mitte Mai bekannt. Neben dem Stellenabbau kommt es bei der Migros Supermarkt AG zu diversen Sparmassnahmen. Eine davon betrifft das freiwillige Lebensmittel-Label Nutri-Score. Die Migros will den Nutri-Score schrittweise von seinen Produkten entfernen. Weiter wird die Verwaltung des Migros-Genossenschaftsbundes von 23 auf 13 Mitglieder verkleinert. Grund für die Verkleinerung der Verwaltung seien Massnahmen zur Steigerung der Effizienz, teilte das Unternehmen mit.

POST: Bei der Post-Tochter Postfinance tritt der neue CEO, Beat Röthlisberger, sein Amt an. Zuvor arbeitete er als stellvertretender CEO der Basellandschaftlichen Kantonalbank (BLKB). Sein Vorgänger als Postfinance-Chef, Hansruedi Köng, trat Ende Februar 2024 zurück. Köng arbeitete über zwei Jahrzehnte für Postfinance, seit Anfang 2012 als CEO. Mit Köng gehe eine Ära zu Ende, schrieb das Geldinstitut. Die Postfinance hatte während der Negativzinsära einen deutlichen Gewinnrückgang hinnehmen müssen. Aber auch mit der Zinswende konnte das Finanzinstitut bisher keine Gewinnverbesserung erzielen.

SEXUALSTRAFRECHT: Bei sexuellen Handlungen gilt mit dem Inkrafttreten des revidierten Sexualstrafrechts neu der Grundsatz «Nein heisst Nein». Eine Vergewaltigung, ein sexueller Übergriff oder eine sexuelle Nötigung liegen neu vor, wenn das Opfer mit Worten, Gesten oder durch Erstarren ausgedrückt hat, dass es mit der Handlung nicht einverstanden ist. Der Tatbestand der Vergewaltigung umfasst zudem neu nicht nur den Beischlaf gegen den Willen des Opfers, sondern auch «beischlafsähnliche Handlungen» die mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind. Strafbar wird auch das sogenannte Stealthing. Dieser Tatbestand liegt bei einvernehmlichem Sex vor, wenn eine beteiligte Person aber heimlich und ohne vorgängiges Einverständnis der anderen Person das Kondom abstreift oder von Anfang an keines benutzt.

SOZIALVERSICHERUNGEN: Nach der Geburt ihres Kindes können Parlamentarierinnen im Mutterschaftsurlaub neu ihre Parlamentstätigkeit ausüben, ohne den Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung zu verlieren. Dementsprechend soll die Teilnahme von im Mutterschaftsurlaub stehenden Müttern an Sitzungen von Parlamenten nicht mehr als Aufnahme der Erwerbstätigkeit gelten. Dasselbe gilt für die Teilnahme an Kommissionssitzungen. Die Gesetzesänderung geht auf Standesinitiativen mehrerer Kantone zurück. Die neue Regelung wird auf Gemeinde-, Kantons- und Bundesebene gelten.

UMSTRUKTURIERUNG: Innerhalb des Bundesamtes für Umwelt (Bafu) wird die Abteilung Klima zu einem eigenen Direktionsbereich. Daneben sind Biologische Vielfalt, Kreislaufwirtschaft und Immissionen, Naturgefahren und Wald sowie Politik weitere Direktionsbereiche. Mit der Neuorganisation will das Bafu laut eigenen Angaben seine Aufgaben besser steuern und politische Aufträge effizienter erfüllen. In den vergangenen zehn Jahren hätten sich die Anforderungen an das Bundesamt stark verändert.

VERSICHERUNGEN: Bei der Schweizerischen Rückversicherungs-Gesellschaft Swiss Re kommt es mit dem Amtsantritt des neuen CEO, Andreas Berger, zur Wachablösung an der Spitze des Unternehmens. Der langjährige Konzernchef Christian Mumenthaler tritt ab. Mumenthaler arbeitete seit 1999 für Swiss Re und amtete während acht Jahren als CEO. Die Helvetia-Versicherung passt gleichzeitig ihre Konzernstruktur an. Die Markteinheiten Deutschland, Italien und Österreich werden zu einem Segment zusammengefasst. Spanien – als zweitgrösster Markt von Helvetia – werde neu ein eigenes Segment und Teil der Konzernleitung. Schweiz und «Specialty Markets» bleiben als separate Segmente bestehen. Auch kommt es in der Konzernleitung zu einem Generationenwechsel.

VIZEKANZLERIN: Die neue Vizekanzlerin, Rachel Salzmann, tritt ihre neue Funktion an. Salzmann trägt in Abstimmung mit dem Bundeskanzler und dem weiteren Vizekanzler und Bundesratssprecher die Verantwortung für die Erledigung aller Aufgaben im Rahmen der Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der Bundesratssitzungen. Auch leitet Salzmann sieben Organisationseinheiten mit rund 130 Mitarbeitenden in strategischer, operativer, personeller und finanzieller Hinsicht, die unter anderem für die Veröffentlichung der Amtlichen Publikationen oder die Sprachdienstleistungen der Bundeskanzlei zuständig sind. Salzmann tritt damit die Nachfolge von Jörg de Bernardi an.