Trump auf der AnklagebankDiese US-Präsidenten haben das Gesetz gebrochen
Von Jan-Niklas Jäger
5.4.2023
Donald Trumps Anklage stellt das erste strafrechtliche Verfahren gegen einen ehemaligen US-Präsidenten dar. Doch er ist nicht der erste, der gegen das Gesetz verstossen hat.
Von Jan-Niklas Jäger
05.04.2023, 06:55
05.04.2023, 07:00
Von Jan-Niklas Jäger
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Donald Trump ist der erste ehemalige US-Präsident, gegen den eine strafrechtliche Anklage erhoben wird, doch auch andere Präsidenten sind mit dem Gesetz in Konflikt geraten.
Die Vergehen von Trumps Amtsvorgängern reichen von zu schnellem Kutschieren bis zu Korruption.
Donald Trump hat Geschichte geschrieben: Er ist der erste ehemalige US-Präsident, gegen den eine strafrechtliche Anklage erhoben wird. Doch er ist nicht der erste Staatschef der USA, der gegen das Gesetz verstossen hat. Diese Präsidenten sind ebenfalls in juristische Schwierigkeiten geraten.
George W. Bush
Der Republikaner George W. Bush hatte das höchste Amt des Landes von 2001 bis 2009 inne. Das schwerste Erbe seiner Administration ist der Irakkrieg. Da der Angriff auf das damals von Diktator Saddam Hussein regierte Land auf fragwürdigen, veralteten und sogar teilweise gefälschten Geheimdienstinformationen basierte, laut denen der Diktator Massenvernichtungswaffen besässe, argumentieren Kritiker*innen Bushs noch heute, Bush und sein Mitstreiter Tony Blair seien Kriegsverbrecher.
Doch die Irak-Kontroverse ist nicht die Grundlage für Bushs Berücksichtigung auf dieser Liste. Bevor der Präsident – wie Ronald Reagan vor und Donald Trump nach ihm ein Liebling der Evangelikalen und anderer fundamentalistischer Christen – in den 1980er-Jahren zu einem frommen Christen wurde, schlug er gern über die Strenge – vor allem, was den Alkoholkonsum anging.
Am 4. September 1976 wurde Bush wegen Trunkenheit am Steuer verhaftet. Der künftige Präsident sah seine Schuld ein, musste seinen Führerschein für eine beschränkte Zeit abgeben und 150 Dollar Strafe zahlen. Laut eigener Aussage war er das letzte Mal an seinem 40. Geburtstag im Jahr 1986 betrunken und hat seitdem «keinen einzigen Tropfen» Alkohol mehr angerührt.
Bill Clinton
George W. Bushs Vorgänger Bill Clinton und Donald Trump haben etwas gemeinsam: Sie wurden – in Trumps Fall: unter anderem – mit Vorwürfen von sexueller Gewalt konfrontiert. Der Demokrat Clinton wurde im Mai 1994 von Paula Jones, einer ehemaligen Staatsangestellten des US-Bundesstaats Arkansas – wegen sexueller Belästigung angezeigt. Jones warf Clinton vor, er habe sich 1991 ohne ihre Zustimmung vor ihr in einem Hotelzimmer entblösst. Zu diesem Zeitpunkt war der Demokrat der Gouverneur von Arkansas und damit Jones' höchster Vorgesetzter.
Der Prozess hatte weitreichende Konsequenzen, nicht nur für den Präsidenten. Zum einen führte er zu einer Präzedenzentscheidung des Obersten Gerichtshofs, der urteilte, dass ein US-Präsident während seiner Amtszeit für Straftaten verklagt werden kann, die vor Beginn seiner Amtszeit stattgefunden haben sollen.
Zum anderen brachte die aus dem Fall resultierende Aufmerksamkeit einige weitere sexuelle Fehltritte Clintons ans Licht – der bekannteste davon dürfte die etwa zwei Jahre dauernde Affäre mit der ehemaligen Praktikantin im Weissen Haus, Monica Lewinsky, sein. Zwar war Clinton von Jones' Vorwürfen freigesprochen worden, doch der Lewinsky-Skandal leitete einen zweiten Teil der Auseinandersetzung ein.
Weil Clinton unter Eid gelogen hatte, keine sexuelle Beziehung zu Lewinsky gehabt zu haben – eine Behauptung, die mithilfe von DNA auf einem Kleid Lewinskys widerlegt wurde –, liess Jones die ursprüngliche Entscheidung anfechten. Der unter grossem politischen Druck stehende Präsident zahlte Jones in einer aussergerichtlichen Einigung daraufhin 850'000 Dollar Schmerzensgeld.
Clinton ist also nicht Teil dieser Liste, weil er ein überführter sexueller Straftäter wäre, wohl aber, weil er unter Eid gelogen hat. Jones besteht noch heute auf ihren Vorwürfen, Clinton streitet sie weiterhin ab.
Richard Nixon
Richard Nixons Regierung dürfte, gemessen an den Zahlen der Verhaftungen von Regierungsvertretern, die kriminellste der US-Geschichte gewesen sein. Im Zuge des Watergate-Skandals wurden 69 Menschen angezeigt und 48 verurteilt. Viele der Verurteilten waren ranghohe Beamte der Nixon-Administration. Mehrere Berater Nixons mussten ins Gefängnis, darunter der damalige Anwalt des Weissen Hauses und der Justizminister. Der Republikaner ist der einzige Präsident der US-Geschichte, der freiwillig von seinem Amt zurückgetreten ist. Damit kam er einem Impeachment-Verfahren zuvor.
Während der Kampagne für Nixons Wiederwahl im Jahr 1972 waren Mitglieder des Wahlkampf-Teams des Präsidenten in das Hauptquartier der Demokraten, dem Watergate-Bürokomplex, eingebrochen. Sie stahlen Dokumente und installierten Abhörgeräte. Die jedoch funktionierten nicht, weswegen fünf der Einbrecher zurückkehrten – und erwischt wurden.
Nixon tat sein Bestes, um seine Rolle in der Sache zu verschleiern. Das wurde durch Audioaufnahmen bewiesen, die 1974 auftauchten und zu Nixons Rücktritt führten. Das Verteidigungsministerium beharrte zwar darauf, dass ein amtierender Präsident nicht strafrechtlich angeklagt werden könnte, doch diese Garantie erlosch mit seiner Amtsabgabe. Dass Nixon nie verurteilt wurde, hat er seinem Vize zu verdanken: Gerald Ford, nach Nixons Rücktritt automatisch zum Präsidenten befördert, begnadigte seinen ehemaligen Chef postwendend.
Warren G. Harding
Kein anderer US-Präsident ist mit mehr Skandalen behaftet als Warren G. Harding – zumindest vor Donald Trump. Harding war Präsident von 1921 bis 1923. Zu dieser Zeit war Alkohol in den USA verboten – ein Verbot, an das der Präsident selbst sich nicht hielt. Er hatte ausserdem sieben Affären und zeugte ein uneheliches Kind – was erst 2015 durch einen DNA-Test bestätigt wurde. «Es ist gut, dass ich keine Frau bin», hatte Harding einmal der Presse gesagt. «Ich wäre dauernd schwanger. Ich kann nicht nein sagen.»
Diese Skandale drangen jedoch nicht zu Hardings Lebzeiten an die Öffentlichkeit. Eine der Frauen, mit denen der Republikaner seine Frau betrogen hatte, erpresste ihn erfolgreich mit der Drohung, die Affäre publik zu machen.
Obwohl diese Affären gerade zu dieser Zeit politisch explosives Potenzial hatten, stellen sie keine Verbrechen dar. Die Korruption seiner Administration jedoch schon. Harding besetzte viele Positionen in seiner Regierung mit Politikern, deren Korruption ein offenes Geheimnis war. So unterstellte er zwei der grössten Öl-Reserven der USA dem Innenministerium. Innenminister Albert Fall erlaubte dann privaten Firmen, in diesen dem Staat unterstehenden Ölreserven Öl zu produzieren – und liess sich dafür entlohnen.
Viele Mitglieder aus Hardings Regierung mussten wegen Vergehen, die sie während ihrer Zeit als Regierungsmitglieder begangen hatten, ins Gefängnis. Harding selbst gehörte nicht zu ihnen: Er starb 1923 noch im Amt an einer Herzattacke. Zu diesem Zeitpunkt war er einer der populärsten US-Präsidenten aller Zeiten. Doch sein Ansehen wurde im Nachhinein so sehr beschädigt, dass er als einer der schlechtesten amerikanischen Staatschefs überhaupt gilt.
Ulysses S. Grant
Der Republikaner Ulysses S. Grant war ein Held des Amerikanischen Bürgerkriegs. Unter Abraham Lincoln kämpfte er als General gegen die abtrünnigen Südstaaten und für die Befreiung der Sklaven. Als Grant einmal einen Sklaven geschenkt bekam, befreite er den Mann umgehend.
Durch diesen Hintergrund wird Grants Zusammenstoss mit dem Gesetz noch einen Hauch bemerkenswerter: Denn es war ein ehemaliger Sklave namens William West – nach dem Ende der Sklaverei einer von nur zwei schwarzen Polizisten in Washington D.C. –, der den amtierenden Präsidenten 1872 anhielt, weil der mit seiner Pferdekutsche die Geschwindigkeitsbegrenzung missachtet hatte.
Als West den Präsidenten erkannt hatte, liess er ihn zunächst mit einer Warnung davonkommen. Doch Grant hatte diese offenbar in den Wind geschlagen, als er bereits am nächsten Tag erneut von Hill wegen zu schnellen Fahrens gestoppt wurde. «Es tut mir sehr leid, Mr. President», soll West gesagt haben, «aber Pflicht ist Pflicht, Sir, und ich werde sie verhaften müssen.»
Grant kam nach einer Bewährungszahlung von 20 Dollar (heute etwa 500 Dollar) frei. Sein Umgang mit dem Vorfall entsprach seinem guten Ruf: Er zahlte die Strafe sofort und sprach West seinen höchsten Respekt dafür aus, seine Pflicht so ernst zu nehmen, dass er den Präsidenten der Vereinigten Staaten höchstpersönlich verhaftete.