Armee, Hacker, Diffamierungen Donald Trump und die Angst vor seinen letzten Tagen

tafi

22.12.2020

Donald Trump will nicht ausziehen: In den letzten Wochen seiner Amtszeit sollen ihm dubiose Berater helfen, im Weissen Haus bleiben zu dürfen.
Donald Trump will nicht ausziehen: In den letzten Wochen seiner Amtszeit sollen ihm dubiose Berater helfen, im Weissen Haus bleiben zu dürfen.
KEYSTONE/AP Photo/Patrick Semansky

Donald Trump holt in seinen letzten Tagen im Weissen Haus eine zwielichtige Schar von Beratern zurück. Seine offiziellen Mitarbeiter fürchten sich nun vor den Schäden, die die Trump-Flüsterer anrichten.

Donald Trump holt die Geschassten zurück: Knapp einen Monat vor dem Ende seiner Amtszeit als US-Präsident verschafft er offenbar wieder Stimmen im Weissen Gehör, die längst aus lautlos gestellt worden waren. Wie CNN berichtet, haben Leute wie die umstrittene Juristin Sidney Powell und der wegen seiner Verstrickungen in die Russland-Affäre verurteilte ehemalige Nationale Sicherheitsberater Michael Flynn wieder Zugang zum Präsidenten, der sich noch immer mit grösstmöglicher Bockigkeit weigert, seine Wahlniederlage einzugestehen. Auch Ex-Wahlkampfmanager Steve Bannon gehört zu Trumps letzten Verbündeten und ist sich sicher: «Er wird keinen Rückzieher machen. Er wird niemals nachgeben.»

Weil sich Trump zunehmend auf diese zwielichtige Schar verlässt, geht im offiziellen Beraterstab die Angst um. «Niemand weiss, wohin das alles noch führt», befürchtet man im Weissen Haus das Schlimmste. «Er ist noch für einen Monat der Präsident.» Genug Zeit, um grossen Schaden anzurichten. Die nicht näher genannte CNN-Quelle berichtet, dass Trump seinen offiziellen Beraterstab weitgehend ignoriert und mit zunehmender Verzweiflung und zweifelhaften Taktiken die Machtübergabe an Wahlsieger Joe Biden doch noch verhindern will.



Besonders Trumps Plan, Weihnachten auf seinem Ressort in Mar-a-Lago, Florida zu verbringen, beunruhigt die Beamten. Dort könnte sich Trump abseits der offiziellen Kanäle mit seinen dubiosen Einflüsterern und Anhängern treffen, die ihm neues Futter für seine immer abstruser werdenden Wahlbetrugsfantasien liefern.

Die «New York Times» hatte bereits am Wochenende von einem – teils hitzigen – Treffen Trumps mit Beratern im Oval Office berichtet. Dort habe Trump unter anderem diskutiert, Sidney Powell als Sonderermittlerin der Regierung für angeblichen Wahlbetrug einzusetzen.

Fragwürdige Pläne einer umstrittenen Anwältin

Ihr geplantes Comeback wird, vorsichtig ausgedrückt, von den offiziellen Juristen mit Sorge betrachtet. Niemand kann zurzeit einschätzen, wozu Powell den amtierenden Präsidenten überreden kann. Powell hatte zuletzt Schlagzeilen gemacht mit der Verschwörungstheorie, dass Venezuelas Führung Software zur Stimmenauszählung manipuliert habe, um den Wahlausgang in den USA zu beeinflussen. Sie war daraufhin erst vor drei Wochen aus dem Anwaltsteam der Trump-Kampagne gefeuert worden, ist aber am Wochenende und auch am Montag im Weissen Haus gewesen.



Sie warb dort offenbar für einen präsidialen Erlass, um Wahlmaschinen zu beschlagnahmen und zu untersuchen. Dieser Plan liege allerdings ausserhalb ihrer Zuständigkeit, wie leitende Beamte, darunter der amtierende Heimatschutzminister Chad Wolf warnten.

Nichtsdestotrotz warb auch Steve Bannon dafür Sonderermittler einzusetzen, wie er am Wochenende in einem Livestream mit konservativen Pfarrern sagte. Ein weiterer Sonderermittler solle sich um Joe Bidens Sohn Hunter kümmern, dessen Geschäftstätigkeit immer wieder Zielscheibe von Angriffen des Trump-Teams ist. Bannons Einmischung deutet laut CNN darauf hin, dass der ehemalige Chefstratege des Weissen Hauses wieder als Berater für Donald Trump agiert – obwohl er unter Anklage der Bundesbehörden steht.

Sidney Powell wurde vor drei Wochen wegen wilder Verschwörungstheorien aus Trumps Anwaltsteam gefeuert. Nun soll sie offenbar Sonderermittlerin für Wahlbetrugsvorwürfe werden. Da staunt selbst Rudy Giuliani.
Sidney Powell wurde vor drei Wochen wegen wilder Verschwörungstheorien aus Trumps Anwaltsteam gefeuert. Nun soll sie offenbar Sonderermittlerin für Wahlbetrugsvorwürfe werden. Da staunt selbst Rudy Giuliani.
KEYSTONE/AP Photo/Jacquelyn Martin

Flynn will Neuwahlen mit Militär durchsetzen

Michael Flynn wiederum, erst vor wenigen Wochen von Trump begnadigt, hatte in einem TV-Interview den Einsatz des Militärs ins Spiel gebracht, um in einigen Bundesstaaten Neuwahlen durchzusetzen. Auch diese Idee sei bei dem Treffen am Freitag erörtert worden.



Um das Tagesgeschäft der Regierung kümmere sich Trump derweil nicht mehr, schreibt CNN. Bei einer Kabinettssitzung in der vergangenen Woche soll er sich die meiste Zeit über den angeblichen und nicht belegten Wahlbetrug beschwert haben. Am Montag habe Trump dann in einem vom konservativen Aktivisten Charlie Kirk öffentlich übertragenen Telefonat einmal mehr über seinem Wahlsieg schwadroniert und gefordert, dass seine Partei endlich für ihn kämpfe. «Wir brauchen Rückendeckung, etwa aus dem Justizministerium. Auch andere Leute müssen endlich vortreten.»

Von Trump kurz vor dessen Ende der Amtszeit begnadigt: Der ehemalige Nationale Sicherheitsberater Michael Flynn will Neuwahlen in einigen Staaten mit dem Militär durchsetzen.
Von Trump kurz vor dessen Ende der Amtszeit begnadigt: Der ehemalige Nationale Sicherheitsberater Michael Flynn will Neuwahlen in einigen Staaten mit dem Militär durchsetzen.
Manuel Balce Ceneta/AP/dpa

Hacker für den Präsidenten

Einige «grossartige Kongressabgeordnete» stünden bereits auf seiner Seite. Mit ihnen will Trump nun offenbar die offizielle Ratifizierung des Wahlergebnisses am 6. Januar 2021 verhindern. Unterstützung bei seinen verbissenen Versuchen, sich an die Macht zu klammern, bekommt Trump auch von Patrick Byrne, einem Geschäftsmann, der wegen einer Beziehung mit einer russischen Spionin ins Visier der Behörden geriet.



Mit einem Team von «Hackern und Cyber-Schnüfflern» will er Beweise für die Betrugsvorwürfe Trumps sammeln. Der stünde schliesslich bis zur Hüfte in einer «Schlangengrube voller verlogener Mittelmässigkeit», wie Byrne gegen den Beraterstab und die Trump-Administration austeilte.

Justizminister unbeeindruckt

Davon unbeeindruckt hat sich der scheidende Justizminister William Barr bei seinem letzten öffentlichen Auftritt als Mitglied der US-Regierung mehrfach gegen Präsident Donald Trump positioniert. Er sehe «keinen Grund» für die Ernennung eines Sonderermittlers für eine Untersuchung gegen den Sohn des künftigen Präsidenten Joe Biden, sagte Barr. Er habe nicht vor, einen Sonderermittler für Ermittlungen gegen Hunter Biden zu beauftragen, teilte er am Montag in seiner letzten Pressekonferenz als Minister mit.



Die Untersuchung zu den finanziellen Geschäften von Hunter Biden werde «verantwortungsvoll und professionell behandelt». Barr stellte sich auch dagegen, einen Sonderermittler für die Wahlbetrugsvorwürfe von US-Präsident Donald Trump zu ernennen.

Barr galt lange als einer der vehementesten Verfechter von Trumps Agenda. Zuletzt gab es aber wegen der Wahlbetrugsvorwürfe Spannungen. Vergangene Woche reichte Barr seinen Rücktritt ein. Das Amt übernimmt am Mittwoch kommissarisch Jeffrey Rosen. Barrs Äusserungen dürften es Rosen erleichtern, Druck aus dem Weissen Haus bezüglich Sonderermittlungen zu widerstehen.

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