Italien bekommt neue Regierung Draghi nimmt Amt des Ministerpräsidenten an

dpa/tgab

12.2.2021 - 20:03

Der frühere Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi. (Archivbild)
Der frühere Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi. (Archivbild)
KEYSTONE/Andrew Medichini

Der frühere Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, soll neuer Ministerpräsident Italiens werden. Das teilte ein Sprecher des Präsidentenpalastes am Freitagabend in Rom mit. Draghi solle am Samstagmittag in seinem neuen Amt vereidigt werden.

Der 73-jährige Ökonom trat nach der Ankündigung vor die Presse und stellte seine Ministerliste mit Politikern und Experten vor. Luigi Di Maio soll weiter Aussenminister bleiben und Roberto Speranza Gesundheitsminister, wie Draghi am Freitagabend vor der Presse im Präsidentenpalast in Rom mitteilte. Damit bleiben einige wichtige Minister aus dem bisherigen Regierungskabinett von Giuseppe Conte in ihrem Amt.

Mit Marta Cartabia wird nach Draghis Plan eine Expertin den Posten der Justizministerin besetzen. Cartabia war bis September 2020 Präsidentin des Verfassungsgerichts. Das zuvor viel diskutierte Ministerium für den ökologischen Umbau soll mit dem Physiker Roberto Cingolani ebenfalls ein Experte besetzen. Insgesamt stehen auf Draghis Ministerliste mehr Politiker als Experten.

Intensive Sondierungsrunden

Zuvor hatte Draghi in Rom intensive Sondierungsrunden mit Parteienvertretern geführt. Er erhielt dabei sowohl aus der gescheiterten Mitte-Links-Koalition von Giuseppe Conte als auch aus der rechts-konservativen Opposition überraschend viel Unterstützung. Die Regierungskrise mitten in der Pandemie-Zeit dauerte schon seit Mitte Januar.

Draghi benötigt für die Bestätigung seiner geplanten Regierung nach der Ernennung auch eine Mehrheit im Zwei-Kammern-Parlament. Dafür und für seine Kabinettsliste hatte er in vielen persönlichen Treffen und bei Telefonaten die Chancen ausgelotet. Laut Verfassung muss sich eine Regierung innerhalb von zehn Tagen nach der Bildung in beiden Parlamentskammern vorstellen, um das Vertrauen zu erhalten.



Nur die ultrarechten Fratelli d'Italia hatten von Anfang an angekündigt, gegen Draghi zu stimmen. Das Verhalten der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung als stärkste Kraft im Parlament war allerdings lange unklar. Gründer Beppe Grillo warb dafür, den Ökonomen mit zu tragen. Dabei galt auch die Übernahme von Ministerposten als Ziel.

Bei einem Online-Votum stimmte die Partei dann am Donnerstag mehrheitlich mit Ja. Das wurde als wichtiges Signal für Draghi bewertet. Ein Parteiflügel, der als anti-elitär gilt, lehnt diesen Weg aber weiter ab. Die Fünf-Sterne-Bewegung kam bei der Wahl 2018 auf rund 30 Prozent und regierte bisher mit. Deren sozialdemokratischer Koalitionspartner, die PD, stellte sich früh an Draghis Seite. Einige PD-Politiker fremdeln aber mit der Idee, rechten Kräften zu nahe zu kommen.

Matteo Salvini von der rechten Lega, der im Laufe der Regierungskrise wiederholt vorgezogene Wahlen gefordert hatte, änderte seine Position. Er lobte Draghi und versprach eine «bedingungslose» Unterstützung. Die Beteiligung von Ministern seiner Lega, die zuletzt in der Opposition war, bezeichnete er als möglich. Auch Silvio Berlusconis konservative Forza Italia will Draghi das Vertrauen aussprechen.

Unterstützung von Staatspräsident Matalla

Staatspräsident Sergio Mattarella hatte dem 73-Jährigen, der in Rom kein politisches Amt hat, nach dem Rücktritt Contes am 3. Februar ein Mandat zur Bildung eines Kabinetts angeboten. Draghi hatte den Auftrag zunächst nur unter Vorbehalt angenommen. Der Staatschef sprach von einer Regierung «mit hohem Profil», die zusammengestellt werden müsse, um Italien aus der Pandemie-Krise zu führen.

Draghi ist international als «Euro-Retter» bekannt, weil er an der Spitze der Zentralbank EZB 2012 in einer Währungskrise den Euro mit Hilfe eines Machtwortes stabilisieren half.

Die Regierung Contes war die 66. in der italienischen Republik. Sie hatte ihre Arbeit im September 2019 aufgenommen. Mitte Januar brach die Koalition des parteilosen Juristen im Streit über die EU-Hilfsgelder für die Corona-Krise auseinander. Der alte Premier warb zuletzt auch dafür, Draghi bei seiner neuen Aufgabe zu unterstützen.

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