Härter, lauter, gnadenloser Vom Traum zur Zerreissprobe – und etwas vergisst Trump bei seiner Präsidentschaft komplett

Sven Ziegler

28.4.2025

Donald Trump ist zurück im Weissen Haus – doch wohin führt die Reise?
Donald Trump ist zurück im Weissen Haus – doch wohin führt die Reise?
Bild: Keystone

Drei Monate Donald Trump – und die USA wirken wie ein Land im Krisenmodus. Seit seiner Rückkehr ins Weisse Haus im Januar 2025 regiert der Präsident kompromissloser denn je. Was hat Trump bisher erreicht – und was macht das mit Amerika und der Welt?

Sven Ziegler

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Seit drei Monaten ist Donald Trump im Amt.
  • Innen- und Aussenpolitisch hat er dabei einiges bewegt.
  • Die Übersicht über seine Massnahmen – und die Auswirkungen.

Am 20. Januar 2025 erlebt die Welt einen historischen Moment: Donald Trump wird erneut vereidigt. Sein Comeback ist keine blosse Rückkehr – es ist der Startschuss für eine radikale Neuausrichtung der USA. Unterstützt von einem republikanisch dominierten Kongress und flankiert von loyalen Gefolgsleuten, beginnt Trump sofort, den Staat nach seinen Vorstellungen umzuformen.

Bereits in seiner Antrittsrede spricht er von einer «Nation unter Invasion» – gemeint ist nicht etwa ein kriegerischer Feind, sondern die Migration an der Südgrenze. Die Botschaft ist klar: Es geht nicht um Aussöhnung, sondern um Rückeroberung. Innenpolitisch verspricht Trump «Säuberung», aussenpolitisch «neue Deals». Die Welt horcht auf.

Innenpolitik: Asyl und Verwaltung im Visier

Nur wenige Stunden nach seinem Amtsantritt erklärt Trump den Asylnotstand. Über eine Exekutivanordnung wird das Asylrecht an der Südgrenze faktisch ausgesetzt – selbst für Familien und Verfolgte. Menschenrechtsorganisationen sprechen von einem Bruch mit internationalem Recht.

Schnell kündigt Trump die «grösste Abschiebeaktion der US-Geschichte» an.  Millionen Menschen ohne gültige Papiere sollen das Land verlassen. Bisher wurden laut PBS NewsHour mehrere Hundert Flüge durchgeführt – teils mit Militärflugzeugen –, doch logistische Engpässe bremsen den Prozess. Kritiker sprechen von Chaos und Unverhältnismässigkeit. Trump hingegen nennt es «notwendig zur Rettung Amerikas».

Auch sonst verändert sich innenpolitisch einiges. Trump hat mit dem «Deep State» noch eine Rechnung offen, wie er selbst sagt. In den ersten 100 Tagen wurden laut Reuters Tausende Verwaltungsbeamte versetzt oder entlassen. Besonders betroffen: Justiz, Umweltbehörde und Bildung. Gleichzeitig feuert er Bundesanwälte, die in der Vergangenheit gegen ihn oder seine Unterstützer ermittelt hatten.

Der Supreme Court, mit konservativer Mehrheit besetzt, zeigt bislang wenig Widerstand. In mehreren Fällen stärkt er Trumps Entscheidungen – etwa bei der Anwendung eines 200 Jahre alten Kriegsrechts zur Abschiebung mutmasslicher Gangmitglieder.

Noch im Februar demonstrierten Trump und Musk Eintracht im Weissen Haus. (Archivbild)
Noch im Februar demonstrierten Trump und Musk Eintracht im Weissen Haus. (Archivbild)
Bild: Keystone/AP/Alex Brandon

Ein zentrales Element von Trumps innenpolitischer Agenda ist das neu geschaffene Department of Government Efficiency (DOGE), das von Elon Musk geleitet wird. DOGE hat sich zum Ziel gesetzt, die Effizienz der Bundesregierung zu steigern, indem es Bürokratie abbaut und Ausgaben reduziert. Unter Musks Führung wurden bereits mehrere Bundesbehörden restrukturiert und zahlreiche Programme gekürzt oder eingestellt.

Musk, der als «Special Government Employee» fungiert, hat durch DOGE weitreichende Befugnisse erhalten, darunter Zugang zu sensiblen Regierungsdaten und die Autorität, Personalentscheidungen zu treffen. Diese Machtfülle hat zu Spannungen innerhalb der Regierung geführt, insbesondere mit Finanzminister Scott Bessent, der Musks Vorgehen als zu aggressiv kritisiert. Ein öffentlicher Streit zwischen den beiden eskalierte kürzlich in einem lautstarken Wortgefecht vor dem Oval Office.

Die Massnahmen von DOGE haben auch ausserhalb der Regierung für Aufsehen gesorgt. So wurden beispielsweise Sozialversicherungsbüros geschlossen, was den Zugang zu wichtigen Dienstleistungen für viele Bürger erschwert hat. Zudem wurden Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien gestoppt, was Bedenken hinsichtlich der langfristigen Energiepolitik der USA aufwirft.

Musks Engagement in der Regierung hat auch Auswirkungen auf seine Unternehmen. Tesla verzeichnete einen erheblichen Gewinnrückgang, was teilweise auf negative Reaktionen des Marktes auf Musks politische Aktivitäten zurückgeführt wird. Infolgedessen kündigte Musk an, seine Rolle bei DOGE ab Mai 2025 deutlich zu reduzieren, um sich wieder stärker auf seine geschäftlichen Unternehmungen zu konzentrieren.

Aussenpolitik: Machtspiele und Allianzen auf dem Prüfstand

Trump kündigt an, den Ukraine-Krieg «rasch zu beenden». Tatsächlich bringt er Vertreter Kiews und Moskaus zu Gesprächen nach Saudi-Arabien. Resultat: ein brüchiger, zeitlich begrenzter Waffenstillstand. Doch Trump droht, bei mangelnder Kompromissbereitschaft die US-Hilfe an die Ukraine einzustellen.

Diese Gleichsetzung der Kriegsparteien irritiert viele – nicht nur in Europa, sondern auch unter seinen politischen Verbündeten im Kongress. Eine Reuters/Ipsos-Umfrage zeigt: Mehr als die Hälfte der Amerikaner findet Trumps Haltung gegenüber Russland «zu nachgiebig».

Der Eklat folgt beim Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im März im Weissen Haus. Trump nutzt das Treffen für eine demonstrative Machtdemonstration: Vor laufenden Kameras ermahnt er Selenskyj, dass er «nicht die Karten habe» und sich dankbarer zeigen solle. Das Treffen wird vorzeitig abgebrochen.

Später sagt Selenskyj über seinen Sprecher, dass «territoriale Zugeständnisse keine Verhandlungsmasse» seien. Über den Eklat freuen kann sich vor allem der Kreml. 

Wirtschaft: Zoll-Hammer bringt Weltwirtschaft ins Wanken

Ein «goldenes Zeitalter» für die USA: Das will Trump nach eigener Aussage mit seinen Zöllen erreichen. (Archiv)
Ein «goldenes Zeitalter» für die USA: Das will Trump nach eigener Aussage mit seinen Zöllen erreichen. (Archiv)
Bild: Keystone/AP/Mark Schiefelbein

Neben dem Ukraine-Krieg beschäftigt auch Trumps drohender Zoll-Hammer die Welt. Zunächst bemüht sich Trump um eine neue Gesprächsbasis mit Xi Jinping. Doch als keine schnellen Erfolge sichtbar sind, verhängt er im April Strafzölle von 54 Prozent auf alle Importe aus China, erhöht seine Importtarife auf Waren aus den USA später auf 145 Prozent.

Auch Europa wird vom Zoll-Hammer nicht verschont. Der Import von Schweize Ware etwa wird neu mit 31 Prozent Zollgebühren bestraft. Der internationale Aufschrei ist gross. Die EU kündigt Gegenmassnahmen an, China prüft neue Zölle auf US-Produkte.

Mittlerweile ist wieder alles anders: Die Schweiz gehört zu einer Gruppe von 15 Ländern, mit denen die USA rasch eine Lösung in der Zollfrage finden will.

Eine wichtige Rolle dabei scheint Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter zu spielen. In einem persönlichen Telefonat rund eine Woche nach der Ankündigung der Strafzölle forderte sie Trump auf, die drakonischen Strafzölle auf Schweizer Produkte zu überdenken. Wenige Stunden später lenkte Trump überraschend ein – zumindest teilweise. Die Zölle sind derzeit stark reduziert und betragen «nur» noch 10 Prozent. Davor betrug der durchschnittliche Importzoll auf Waren aus der Schweiz 1,4 Prozent, wobei der grösste Teil – etwa Pharmazeutika – zollfrei eingeführt werden durften. 

Der Wirtschaft hat Trump mit seinem Zoll-Paket bislang mehr geschadet als genützt. Die Börsen reagierten weltweit nervös. Der Dow Jones verlor kurzfristig über 1000 Punkte, der Welthandel geriet ins Wanken. Aktuell hat eine Phase der Erholung eingesetzt – wie nachhaltig diese ist, wird sich zeigen müssen. 

Donald Trump News

Nach seinem Sieg am 5. November 2024 ist Donald Trump erneut als US-Präsident für vier Jahre im Weissen Haus. blue News begleitet die zweite Amtszeit von Trump eng mit: Mit dem Blick aus der Schweiz und Berichten direkt aus den USA.

Donald Trump verlangt höhere Verteidigungsausgaben der Nato-Partner. (Archivbild)
Allison Robbert/AFP Pool via AP/dpa

Innenpolitisch setzt Trump auf verschiedene Massnahmen, um die Wirtschaft anzukurbeln. Ökonomen warnen: Die Mischung aus angekündigten Steuersenkungen für Reiche, massiven Ausgabenkürzungen im Sozialbereich und Handelskonflikten sei brandgefährlich für das Defizit.

Zugleich wächst der Druck auf die Notenbank. Trump fordert Zinssenkungen, um das Wachstum zu beschleunigen. Fed-Chef Jerome Powell wehrt sich – bislang erfolgreich. Doch der Ton wird schärfer.

Gesellschaft: Zustimmungswerte sinken

Amerika ist tief gespalten. Trumps Anhänger feiern ihn als «Retter der Nation», seine Gegner sprechen von einem «autoritären Umbau». In Städten wie New York, Chicago und Los Angeles kommt es zu Protesten gegen Abschiebungen und Behördenumbau. Doch anders als 2017 bleibt der grosse, landesweite Aufstand bislang aus. Viele hoffen stattdessen, dass die Institutionen halten.

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Dennoch wächst der Widerstand in Bundesstaaten: Zwölf Bundesstaaten klagen gegen die Handelspolitik der Trump-Administration. Kalifornien und Illinois gehen gerichtlich auch gegen Erlasse vor, die das Wahlrecht zugunsten der Republikaner verändern. Derweil baut die Regierung ihre Kampagne gegen «linke Universitäten» und «radikale Medien» aus. Kritische Journalisten geraten verstärkt unter Druck.

Parallel dazu zeigen aktuelle Umfragen einen deutlichen Rückgang in Trumps Zustimmungswerten: Laut einer Pew Research-Umfrage vom April liegt Trumps Zustimmung bei 40  Prozent, ein Rückgang von 7 Prozentpunkten seit Februar. Nur 37 Prozent der Befragten unterstützen Trumps wirtschaftspolitische Massnahmen, 51 Prozent lehnen sie ab.

Fazit: Trump regiert ohne Rückspiegel

Nach drei Monaten steht fest: Trump regiert kompromissloser, ungeduldiger und machtzentrierter als in seiner ersten Amtszeit. Seine Agenda ist klar: Migration eindämmen, Gegner entmachten, Verbündete auf Linie bringen – und sich dabei wenig um institutionelle Gepflogenheiten scheren.

Tatsächlich wird der Präsident dafür am Meisten kritisiert: Es fehle der Blick zurück – und der Blick aufs Ganze. Es sei etwas, dass Trump komplett vergesse, sagen Experten.

Die USA stehen nun erneut im Fokus. Wie lange ihre Institutionen, ihre Demokratie und ihre internationalen Partnerschaften diese Belastungsprobe bestehen – das wird sich in den kommenden Monaten zeigen.

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