BurkinaDrohgebärden und Kräftemessen: Ecowas und Niger in Pattsituation
SDA
19.8.2023 - 16:10
Viel Spielraum gibt es nicht mehr. Die westafrikanische Staatengemeinschaft Ecowas hat sich nach dem Putsch im Niger zu einer Militärintervention bereiterklärt. Demnach steht ein Zieldatum für den Einsatz zwar fest, es soll aber nicht veröffentlicht werden. Der Niger, gemeinsam mit seinen Nachbarländern Mali und Burkina Faso, hat als Antwort darauf eine Verteidigungstrategie mit «konkreten Massnahmen» entwickelt, falls sich Ecowas für «die Ausbreitung eines Krieges» entscheide, teilte das nigrische Staatsfernsehen mit.
Keystone-SDA
19.08.2023, 16:10
SDA
«Wir sind für einen Angriff vorbereitet», sagte Burkina Fasos Verteidigungsminister, Kassoum Coulibaly, am Samstag nach einem Treffen von Vertretern der drei Länder in der nigrischen Hauptstadt Niamey. Mali und Burkina Faso werden wie der Niger seit Putschen in ihren Ländern vom Militär regiert. Am Fussballstadion von Niamey standan am Samstag Tausende junge Männer Schlange, um der Armee beizutreten.
Am späten Freitag hatte Ecowas verkündet, ihre Einsatztruppen seien bereit, nach dem Putsch vor gut drei Wochen im Niger zu intervenieren, «sobald der Befehl erteilt» sei. Ein Zieldatum für einen Einsatz sei gesetzt, werde aber nicht öffentlich genannt, sagte der Ecowas-Kommissar für politische Angelegenheiten, Frieden und Sicherheit, Abdel-Fatau Musah.
Dennoch solle die Suche nach einer friedlichen Lösung weiter Vorrang haben. Alle Optionen, einschliesslich einer diplomatischen Lösung, blieben auf dem Tisch, so Musah. Militärchefs von neun der 15 Mitgliedsländer hatten sich am Donnerstag und Feritag in Ghanas Hauptstadt Accra beraten.
Eine Ecowas-Mission war am Samstag umgehend in den Niger gereist. Falls diese scheitere, werde der Staatenbund auf eine militärische Lösung zur Wiederherstellung der verfassungsmässigen Ordnung im Niger zurückgreifen, sagte Musah. Alle Mitgliedsstaaten ausser den von Militärs regierten Staaten sowie Kap Verde wollten sich beteiligen.
Ebenfalls am Samstag sprach eine UN-Delegation in Niamey mit dem nigrischen Premierminister Lamine Zeine. Es gebe «keine Krise ohne Lösung, und im Dialog findet man immer eine Lösung», sagte der UN-Sonderbeauftragte für Westafrika, Leonardo Santos Simão, im staatlichen Fernsehen.
Auch die neue US-Botschafterin Kathleen FitzGibbon traf am Samstag in Niamey ein, um die Bemühungen zur Lösung der politischen Krise zu verstärken. «Als hochrangige Diplomatin mit langjähriger Erfahrung in Westafrika sei sie in der einzigartigen Lage, die Bemühungen der US-Regierung zur Unterstützung der amerikanischen Gemeinschaft und zur Bewahrung der hart erarbeiteten Demokratie in Niger anzuführen», so das US-Aussenministerium.
Tatsächlich stellen sich hinsichtlich eines Militäreinsatzes noch viele offene Fragen. In Nigeria müsste das Parlament erst einem Einsatz zustimmen. Vor allem in den an den Niger grenzenden Bundesstaaten gibt es grossen Widerstand. Eine Intervention wäre auch in der Bevölkerung extrem unbeliebt. Auch in Ghana sperrt sich bislang das Parlament gegen eine Entsendung von Truppen.
Der Einsatz selbst dürfte für die Ecowas ein schwieriges Unterfangen werden. Der Flugraum über dem Niger ist seit dem Putsch geschlossen, der Flughafen in der Hauptstadt Niamey von der Junta kontrolliert. Diese gilt als gut trainiert und ausgerüstet.
Als Partner des Westens hatten die USA, Kanada, Italien, Belgien, Deutschland und teils auch Frankreich Tausende nigrische Soldaten ausgebildet und ausgerüstet. Eine Interventionstruppe der Ecowas könnte in einer Konfrontation durchaus unterlegen sein, warnen Experten. Sie könnten stattdessen einen regionalen Konflikt in Westafrika entfachen.
Die Ecowas fordert nach dem Putsch vom 26. Juli im Niger eine Wiedereinsetzung der Verfassung und des entmachteten Präsidenten Mohamed Bazoum, der unter Hausarrest steht. Der Niger, ein Sahel-Staat mit rund 26 Millionen Einwohnern und einer der ärmsten Bevölkerungen der Welt, war bis zu dem Putsch einer der letzten demokratischen Partner der USA und europäischer Staaten am südlichen Rand der Sahara.
In einem Interview mit der New York Times versprach ein ziviles Mitglied der Junta, dass Präsident Bazoum keinen Schaden erleiden werde. Die neuen Machthaber hatten Bazoum zuvor des Hochverrats bezichtigt. Darauf steht im Niger die Todesstrafe.
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