Israel Druck Strengreligiöser in Israel: Nächtliche Sperren statt Lockdown

SDA/aka

7.9.2020 - 10:03

Ein Plastikstuhl mit einer roten Rose und einem Zettel mit dem Namen eines Menschen, der an Covid-19 verstorben ist, steht auf dem Rabin-Platz. Die Zahl der Todesfälle in Israel im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion hat die Marke von 1000 überschritten. Foto: Ilia Yefimovich/dpa
Ein Plastikstuhl mit einer roten Rose und einem Zettel mit dem Namen eines Menschen, der an Covid-19 verstorben ist, steht auf dem Rabin-Platz. Die Zahl der Todesfälle in Israel im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion hat die Marke von 1000 überschritten. Foto: Ilia Yefimovich/dpa
Source: Keystone/dpa/Ilia Yefimovich

In Israel sind nach massivem Druck ultraorthodoxer Kreise geplante Corona-Beschränkungen in Ortschaften mit hohen Infektionszahlen abgeschwächt worden. 

Statt eines Lockdowns rund um die Uhr sollte in Israel in 40 vom Coronavirus stark betroffenen Orten eine nächtliche Ausgangssperre herrschen. Diese Regelung beschlossen die zuständigen Minister am Sonntagabend. Nach israelischen Medienberichten wurden die Beschränkungen abgeschwächt, nachdem die Bürgermeister vier strengreligiöser Ortschaften dem Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu einen wütenden Brief geschickt hatten.

Darin drohten sie ihm den Angaben zufolge damit, ihre Unterstützung zu entziehen. Die strengreligiösen Parteien in Israels Parlament gelten als enge Verbündete Netanjahus und sind bei Wahlen oft Zünglein an der Waage.



Die Zahl der Corona-Toten in Israel hatte nach Angaben des Gesundheitsministeriums vom Sonntag die Marke von 1000 überschritten. Am Montag teilte das Ministerium mit, am Vortag seien 2157 neue Fälle registriert worden. Der Erreger Sars-CoV-2 ist seit Beginn der Pandemie bei 131 641 Menschen in Israel nachgewiesen worden. Das Land hat rund neun Millionen Einwohner.

Religiöse Orte besonders stark betroffen

In vielen der als «rot» eingestuften Orte mit hohen Fallzahlen leben vornehmlich ultraorthodoxe Juden oder arabische Israelis. Es sind oft Familien mit vielen Kindern, die sich häufig auf engem Raum in kleinen Wohnungen aufhalten. Daher ist es in den Gegenden besonders schwer, Abstand zu halten oder sich zu isolieren.

Ausserdem hatte Chaim Kanievsky, ein sehr einflussreicher Rabbiner innerhalb der strengreligiösen Gemeinschaft, jüdische Religionsstudenten vergangene Woche dazu aufgerufen, sich nicht auf das Coronavirus testen zu lassen. Als Grund sagte er, eine Corona-Quarantäne gefährde die Bibelstudien. Auch in arabischen Ortschaften gab es viele Verstösse gegen Corona-Regeln, es wurden dort etwa grosse Hochzeiten abgehalten.

Hohe Fallzahlen

Die Pandemie war in Israel auch wegen eines strikten Kurses der Regierung zunächst glimpflich verlaufen. Nach raschen Lockerungen im Mai schnellten die Fallzahlen jedoch in die Höhe.

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