Erstaunliche Parallelen Ein Gruss von Nixon: Trump erlebt gerade sein persönliches Watergate

AP

10.9.2018

Trump und Nixon, Russland-Affäre und Watergate: Die Parallelen sind verblüffend. Sogar Akteure des grossen US-Politskandals der 1970er-Jahre treten wieder auf den Plan. Doch anders als damals, gibt es bislang keine wasserdichten Beweise - noch nicht.

Seit Monaten umgibt die Regierung von US-Präsident Donald Trump mit ihren Skandalen ein Hauch von Watergate - jenem Skandal, der die US-Politik in den 1970er-Jahren in ihren Grundfesten erschütterte und zum Rücktritt von Präsident Richard Nixon führte. Die Geschichte scheint sich nicht nur in ihren Grundzügen zu wiederholen, in der vergangenen Woche trat sogar eine der Schlüsselfiguren von damals wieder an die Öffentlichkeit. Nixons ehemaliger Rechtsberater John Dean warnte im Kongress «vor einem erneuten Krebsgeschwür, das die Präsidentschaft bedroht».

Zahlreiche Elemente der Trump-Herrschaft haben Entsprechungen zu Watergate. So leitet Sonderermittler Robert Mueller derzeit eine unabhängige Untersuchung: Auslöser dafür ist, wie unter Richard Nixons Präsidentschaft, ein Einbruch beim Nationalen Komitee der Demokraten. Waren es jedoch damals Einbrecher, die im Auftrag des Weissen Hauses handelten, so erfolgte der Übergriff nun über das Internet mit einem Hackerangriff, der Moskau zugeschrieben wird.

Trumps Personalkarussel

Trump und Nixon: Brüder im Geiste

Präsident Nixon trug damals seinem Justizminister und dann dessen Vertreter auf, den Watergate-Sonderermittler zu feuern. Sie weigerten sich, quittierten ihren Dienst an einem Wochenende, das als «Saturday Night Massacre» (Samstagabend-Massaker) in die Geschichte einging, aber die unabhängige Untersuchung und Nixons Demontage nicht stoppen konnte. Trump für seinen Teil entliess ebenfalls den Justizminister sowie FBI-Direktor James Comey, was schliesslich zu der Mueller-Untersuchung führte, die dem Präsidenten seit mehr als einem Jahr zusetzt.

Sogar die gleichen Reporter wie bei Watergate sind wieder im Spiel. Bob Woodward und Carl Bernstein, die damals den Einbruch aufgedeckt hatten, zogen sich den Zorn Trumps zu. Woodward sei ein Agitator für die Demokraten, schäumte der Präsident. Bernstein sei «ein degenerierter Irrer», dessen Enthüllungen «eine Riesenlüge» seien.

Trump schimpft Woodwards Buch als «Betrug an der Öffentlichkeit»

Woodward beschreibt in seinem neuen Buch «Furcht», wie Trump im Weissen Haus von ranghohen Mitarbeitern als «Idiot» bezeichnet werde. Zu Nixons Zeit war es der damalige Sicherheitsberater Henry Kissinger, der seinen Chef unter anderem als «Meatball Mind» (Boulettenhirn) verhöhnte.

Damals gab es jedoch kein Twitter oder einen Präsidenten, der seine Eingebungen bei jeder Gelegenheit öffentlich machte. «Der Präsident sagt Dinge öffentlich, von denen wir aus Tonbandaufnahmen wissen, dass Nixon sie privat gesagt hat», erklärt Timothy Naftali, Historiker aus New York, der die Richard-Nixon-Präsidentschaftsbibiliothek und das dazugehörige Museum leitete. «Es ist so, als würde Trump offen mit der Geschichte von Watergate ringen. Es ist der Präsident, der diese Parallelen aufdrängt.»

Schweigegeld damals wie heute

Welche Personen Trump als Feinde ansieht, wird auf Twitter offensichtlich. Neben politischen Gegnern sind das auch frühere Mitarbeiter. Jetzt ist die Liste um eine weitere Person reicher, von der man allerdings noch nicht weiss, wer sie ist. Es geht um den Urheber jenes Leitartikels in der «New York Times», der beschrieb, wie Trumps Mitarbeiter versuchten, die erratischen Impulse des Präsidenten immer wieder abzumildern. Trump regte am Freitag an, das Justizministerium solle untersuchen, wer hinter dem Artikel stecke.

Unter Nixon gab es am 16. August 1971 ein Memo, in dem die Überlegung aufgeworfen wurde, wie man die Regierungsmaschinerie nutzen könne, um den politischen Feinden zu schaden. Strafverfolgung, Prozesse oder das Zurückhalten von Zuschüssen und Verträgen wurden als Mittel erwogen. Nixons Anhänger wurden aufgefordert, die Namen solcher Personen auf eine Liste zu setzen.

Die Liste führte damals Nixons Rechtsberater Dean, der sich später vom Präsidenten abwandte und schliesslich mithalf, ihn zu stürzen. Die Demokraten hatten ihn nun gebeten, zu einer Anhörung im Senat zu kommen, bei der es um das Thema Exekutivgewalt ging. «Es ist viel zu befürchten von einem unkontrollierten Präsidenten, der dazu neigt, seine Macht zu missbrauchen», sagte Dean vor den Senatoren. «Das ist eine Tatsache, die ich aus persönlicher Erfahrung bestätigen kann.»

Dean war beteiligt an der Organisation des Schweigegelds für die Einbrecher, die bei ihrer Tat versucht hatten, in den Büros der Demokraten im Watergate-Komplex Material zu finden, das für Nixons Wiederwahl im Jahr 1972 hilfreich sein könnte. Nach dem Bruch mit Nixon sagte er umfassend vor dem Watergate-Ausschuss aus, musste wegen Behinderung der Justiz für vier Monate ins Gefängnis. Nixon trat am 9. August 1974 zurück und kam so einem Amtsenthebungsverfahren zuvor.

«Wir behalten das weiter im Blick»

Deans Gegenstück heute könnte Michael Cohen sein. Als Trumps persönlicher Anwalt hatte er die Schweigegeldzahlungen an Frauen arrangiert, die mutmasslich Affären mit dem späteren Präsidenten hatten. Cohen plädierte in acht Fällen auf schuldig, bekannte sich dazu, gegen die Gesetze der Wahlkampffinanzierung verstossen zu haben, um die Affären auf Geheiss Trumps zu vertuschen. Der Präsident weist das zurück.

Ein Ex-Berater des damaligen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump, George Papadopoulos, wurde derweil bereits zu einer 14-tägigen Haftstrafe verurteilt. Papadopoulos hatte bei Befragungen durch die US-Bundespolizei FBI falsche Angaben über Kontakte nach Russland gemacht.

Bislang ist Trump selbst jedoch nicht eines Verbrechens angeklagt. Trotz der Verurteilungen einiger seiner ehemaligen Helfer - bislang gibt es keine stichhaltigen Beweise gegen ihn.

Damit enden zunächst auch die Parallelen zu Watergate, wie Historiker Naftali sagt. Nixons Tricks und sein Machtmissbrauch böten jedoch genug Ansatzpunkte für kritische Nachfragen und Untersuchungen. «Wir behalten das weiter im Blick. Die Nixon-Präsidentschaft hat uns klüger gemacht bei unseren Versuchen, sicher zu stellen, dass unsere Präsidenten sich nicht wie Nixon verhalten.»

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