USA vs. Saudi-Arabien «Entweder auf unserer Seite oder auf Seite der Terroristen»

Von Jan-Niklas Jäger

13.10.2022

Robert Menendez, Vorsitzender des US-Ausschusses für auswärtige Beziehungen, möchte sich die Provokationen Saudi-Arabiens nicht mehr gefallen lassen.
Robert Menendez, Vorsitzender des US-Ausschusses für auswärtige Beziehungen, möchte sich die Provokationen Saudi-Arabiens nicht mehr gefallen lassen.
Bild: KEYSTONE/Gian Ehrenzeller

Schlägt sich Saudi-Arabien auf Putins Seite? Viele US-Demokraten vertreten diese Ansicht. Nachdem ein hochrangiger Senator auf Konfrontationskurs ging, hat Präsident Joe Biden reagiert.

Von Jan-Niklas Jäger

Der US-Senator Robert Menendez hat die Aussetzung jeglicher Zusammenarbeit mit der Regierung Saudi-Arabiens gefordert. «Die Vereinigten Staaten müssen ihre Zusammenarbeit mit Saudi-Arabien einfrieren, inklusive aller Waffenverkäufe und sicherheitspolitischer Kooperationen, die nicht von absoluter Notwendigkeit sind für die Verteidigung von Personal und Interessen der USA», sagte der Demokrat kürzlich in einem Statement.

Als Vorsitzender des US-Ausschusses für Auswärtige Beziehungen hat Menendez starken Einfluss auf die Aussenpolitik Washingtons. Nun möchte er keinerlei Zusammenarbeit mit dem saudi-arabischen Königreich mehr genehmigen, bis es «seine Position im Ukraine-Krieg überdenkt». Eine solche Massnahme würde einen entscheidenden Einschnitt in die Beziehungen der beiden Länder bedeuten.

US-Präsident Joe Biden auf Menendez' Vorstoss reagiert und mittlerweile Konsequenzen für das Königreich angekündigt. Er werde mit dem US-Kongress über die nächsten Schritte beraten, sagte Biden im Gespräch des Nachrichtensenders CNN.

Eskalierende Rhetorik

Nach der Entscheidung des saudisch-geführten OPEC+-Kartells zur Verringerung der Ölproduktion hatte Menendez mit seiner Forderung eine ungewöhnliche Eskalationsstufe in Sachen Saudi-kritischer Rhetorik innerhalb der Demokratischen Partei gezündet. Die Verringerung der Ölförderung war von der Biden-Administration als geopolitischer Schachzug interpretiert worden.

«Es ist eindeutig, dass OPEC+ sich mit der heutigen Ankündigung auf die Seite Russlands schlägt», verkündete die Pressesprecherin des Weissen Hauses. Karine Jean-Pierre, am Tag der Bekanntmachung. Die OPEC+-Staaten, zu denen auch Russland gehört, liefern rund 45 Prozent der globalen Ölproduktion.

Saudi-Arabien in der Kritik

Menendez steht mit seiner Einschätzung nicht alleine da. So schrieben der Senator Richard Blumenthal und Ro Khanna, Abgeordneter des Repräsentantenhauses, in einem Gastbeitrag für das US-Magazin «Politico» von der Kürzung als «gezielten Schlag gegen die Vereinigten Staaten» und forderten das vorzeitige Ende der Lieferungen amerikanischer Militärtechnologie an das Königreich.

Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman mit Russlands Präsident Wladimir Putin während des G20-Gipfels 2018. Die USA befürchten eine Annäherung zwischen den beiden kontroversen Regierungschefs.
Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman mit Russlands Präsident Wladimir Putin während des G20-Gipfels 2018. Die USA befürchten eine Annäherung zwischen den beiden kontroversen Regierungschefs.
Bild: KEYSTONE/AP Photo/ Pablo Martinez Monsivais

«Amerika sollte keinen offenkundigen Verbündeten unseres grössten Feindes – dem mit Atombomben drohenden Wladimir Putin – derart unbeschränkte Kontrolle über strategische Verteidigungssysteme überlassen», fassten die beiden Demokraten ihren Standpunkt zusammen.

Ihr Parteikollege Tom Malinowski hat sogar einen Gesetzesentwurf eingereicht, der einen Abzug aller in Saudi-Arabien sowie den Vereinigten Arabischen Emiraten stationierten US-Truppen vorsieht.

Schlechtes Timing für Bidens Demokraten

Für US-Präsident Joe Biden kam die Öldrosselung zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Seine aktuelle Zustimmungsrate ist mit 40 Prozent sehr niedrig. Im November stehen die sogenannten Midterm elections an, bei denen Bidens Demokraten ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus verlieren könnten.

Die Strategie des Präsidenten, mit stabilen Benzinpreisen zu punkten, wurde durch die Ankündigung des Ölkartells klar untergraben. Hinzu kommt, dass Biden erst im Juli nach Saudi-Arabien gereist war, um einen Anstieg der Öl-Produktion zu erreichen – das genaue Gegenteil der Entscheidung, die OPEC+ nun gefällt hat.

Das Treffen mit dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman war nach Aussagen Bidens während des Wahlkampfs, Saudi-Arabien wegen der Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi auf der internationalen Bühne zu ächten, unabhängig von den Ergebnissen der Gespräche als diplomatische Niederlage gewertet worden.

Brisante Lage

Mit der Öldrosselung scheint Bidens Ziel, eine Annäherung Riads an Moskau zu verhindern, gescheitert zu sein. Senator Menendez sieht hinsichtlich der diplomatischen Positionierung zum Krieg in der Ukraine nur zwei Optionen: «Entweder man unterstützt den Rest der freien Welt dabei, einen Kriegsverbrecher davon abzuhalten, eine komplette Nation von der Landkarte zu tilgen oder man unterstützt ihn.»

Menendez' Wortwahl verdeutlicht, wie brisant die Lage in Washington eingeschätzt wird. Sie erinnert an eine Rede, die der damalige Präsident George W. Bush eine Woche nach den Anschlägen vom 11. September 2001 vor dem US-Kongress gehalten hatte. «Jede Nation, in jeder Region, muss nun eine Entscheidung fällen», forderte Bush. «Entweder seid ihr auf unserer Seite oder auf Seite der Terroristen.»