Erzwungene Landung in Belarus EU fordert Freilassung von Blogger

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24.5.2021 - 11:14

Nach der erzwungenen Landung einer Ryanair-Maschine in Belarus wird der Ruf nach einer internationalen Untersuchung laut. Über den Verbleib des festgenommenen Journalisten gibt es derzeit keine Informationen.

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Die EU hat die erzwungene Landung eines Linienflugs durch belarussische Behörden in Minsk scharf verurteilt und Sanktionen gegen die Verantwortlichen in Aussicht gestellt.

Zudem forderte der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell am Montag im Namen aller 27 EU-Staaten die sofortige Freilassung des belarussischen Journalisten Roman Protassewitsch. Dessen Festnahme sei ein weiterer offenkundiger Versuch der belarussischen Behörden, alle oppositionellen Stimmen zum Schweigen zu bringen.

Behörden der autoritär regierten Republik Belarus hatten am Sonntag ein Flugzeug auf dem Weg von Athen nach Vilnius in Litauen zur Landung gebracht, wie die Fluglinie Ryanair bestätigte. An Bord der Maschine war nach Angaben des Menschenrechtszentrums Wesna auch der vom belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko international gesuchte Blogger Roman Protassewitsch, der demnach in Minsk festgenommen wurde.

Mit diesem erzwungenen Vorgehen hätten die belarussischen Behörden die Sicherheit der Passagiere und der Crew gefährdet, sagte Borrell nun. Der Vorfall müsse eine internationale Untersuchung zur Folge haben. Die Situation werde auch Thema beim EU-Sondergipfel, der am Montagabend in Brüssel beginnt. Die EU werde die Folgen dieser Handlung prüfen, einschliesslich «Massnahmen gegen die Verantwortlichen».

Wo ist Roman Protassewitsch?

Zum Verbleib des festgenommenen Oppositionsaktivisten und Bloggers Protassewitsch gibt es auch einen Tag nach der erzwungenen Landung keine offiziellen Angaben. Mehrere Passagiere des Ryanair-Flugs bestätigten Medien in Litauen nach ihrer Landung die Festnahme des 26-Jährigen. Protassewitsch, der in seiner Heimat unter anderem wegen Anstiftung zu Protesten gegen Machthaber Alexander Lukaschenko zur Fahndung ausgeschrieben war, kam am Sonntag auf dem Flughafen in Minsk in Haft. Das teilten auch der belarussische Journalistenverband und die Menschenrechtsorganisation Wesna mit.

Protassewitschs Vater Dmitri zeigte sich im Interview des belarussischen Radiosenders Radio Swoboda überzeugt, dass es sich um eine sorgfältige Operation «wahrscheinlich nicht nur von den Geheimdiensten von Belarus» handelte. Russland ist enger Verbündeter von Belarus. Sein Sohn war demnach auf der Rückreise von einem Griechenland-Urlaub in die litauische Hauptstadt Vilnius, als Lukaschenko das Flugzeug zur Landung zwingen liess. Er selbst habe nicht gewusst, wann sein Sohn fliege.

Dmitri Protassewitsch sprach von einem «Terrorakt» des Machthabers Lukaschenko. «Die Operation hatte ein grosses Ausmass, um auf die gesamte internationale Gemeinschaft zu spucken und auf deren Meinung», sagte Dmitri Protassewitsch. Lukaschenko gilt als «letzter Diktator Europas». Die EU erkennt ihn seit der umstrittenen Präsidentenwahl vom 9. August nicht mehr als Staatschef an. Die EU forderte auch die sofortige Freilassung Protassewitschs.

«Wir sind sehr besorgt um unseren Sohn», sagte Protassewitsch. «Leider wissen wir nicht, wo er ist und was mit ihm ist. Wir hoffen auf das Beste.»

Nach Ansicht von Ryanair-Chef Michael O'Leary waren an Bord der Maschine auch Agenten des Geheimdienstes KGB. «Es wirkt, dass es die Absicht der Behörden war, einen Journalisten und seine Reisebegleiterin (aus dem Flugzeug) zu entfernen», sagte der Chef der irischen Billigfluglinie am Montag dem irischen Radiosender Newstalk. «Wir vermuten, dass auch einige KGB-Agenten am Flughafen (in Minsk) abgeladen wurden.» O'Leary sagte, es handle sich um einen «Fall von staatlich unterstützter Entführung, (...) staatlich unterstützter Piraterie».

Der Ryanair-Chef lobte die Besatzung für ihren «phänomenalen Job». Der Vorfall sei «sehr beängstigend» gewesen, für Personal und Passagiere, die stundenlang von Bewaffneten festgehalten worden seien. Der irische Aussenminister Simon Coveney forderte die EU zu einer «sehr deutlichen Antwort» auf. Die Führung von Belarus besitze keine demokratische Legitimität und verhalte sich wie eine Diktatur, sagte Coveney dem Sender RTÉ.